Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des E in O, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. Jänner 1992, Zl. OB. 115-291722-006, betreffend Kriegsopferversorgung (Beschädigtenrente), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der im Jahre 1942 geborene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. November 1990 einen Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG 1957) gestellt, wobei er (im beiliegenden Antragsformular) als Gesundheitsschädigung eine "psychische Erkrankung" geltend gemacht hatte. Zur Begründung hatte der Beschwerdeführer diesem Antrag eine ärztliche Bestätigung des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. Sch vom 5. Oktober 1990 beigelegt, wonach der Beschwerdeführer an einem psychotischen Defektsyndrom leide und daher nicht arbeitsfähig sei; der Beschwerdeführer sei frühpensioniert worden und stehe in laufender fachärztlicher Behandlung.
Das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) führte daraufhin ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durch, in dem es zunächst vom Militärkommando Niederösterreich die Gesundheitskarte des Beschwerdeführers sowie von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten dessen Pensionsakt anforderte. Der Beschwerdeführer wurde vom LIA auch einvernommen, wobei er laut Niederschrift vom 14. Jänner 1991 angab, russische Lastkraftwagen seien, als die Front 1945 auch in seinen Ort gekommen sei, in den Hof seiner Eltern eingefahren; dies sei seine erste Lebenserinnerung. Durch diesen Schock sei damals die nun bestehende Erkrankung entstanden. Im Jahre 1988 sei er im AKH in Wien in Behandlung gewesen. An besondere Ereignisse (z.B. Plünderungen) während des Durchmarsches und der Besetzung durch die Russen könne er sich nicht erinnern. Das LIA holte schließlich noch ein ärztliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 5. März 1991 ein. Diesem Gutachten stimmte die leitende Ärztin zu.
Mit Bescheid des LIA vom 30. April 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. November 1990, eingelangt am 20. November 1990, auf Anerkennung des Leidens "Psychische Erkrankung" als Dienstbeschädigung im Sinne des § 4 KOVG 1957 und auf Gewährung von Beschädigtenrente hiefür abgewiesen.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage führte die Versorgungsbehörde erster Instanz zur Begründung ihres Bescheides aus, nach den durchgeführten Ermittlungen, insbesondere auf Grund des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 5. März 1991 leide der Beschwerdeführer an einer endogenen - anlagebedingten - Psychose, die nicht durch ein psychisch belastendes Erlebnis entstehen könne. Es bestehe daher kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Besetzung Österreichs im Jahre 1945 und dem Leiden des Beschwerdeführers; der Antrag sei daher spruchgemäß abzuweisen gewesen.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, im Jahre 1945 - er sei damals drei Jahre alt gewesen - seien die Russen mit den Lastkraftwagen in den Hof seiner Eltern eingefahren. Diese Kriegsjahre von "1938 bis 1945" seien auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Die Kriegsjahre, die Angstjahre gewesen seien, hätten ihm ein Leiden zugefügt, das auch heute noch bestehe und nach amtsärztlicher Bestätigung auf Dauer sein werde. In der Kindheit sei das nervliche Angstleiden immer wieder bemerkbar gewesen. In den Herbsttagen des Jahres 1945 sei sein Vater halb verhungert von der russischen Gefangenschaft nach Hause gekommen. Infolge der Kriegsjahre und der schlechten Lebensbedingungen sei seine leibliche Mutter im Jahre 1948 gestorben; seine Eltern seien Kleinlandwirte gewesen. Seit dem 1. Februar 1989 stehe er im Bezug einer Berufsunfähigkeitspension. Die Erlebnisse in den Kriegsjahren stünden mit der psychischen Erkrankung in ursächlichem Zusammenhang.
Die belangte Behörde ergänzte daraufhin das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Nervenkrankheiten Dr. H (vom 11. September 1991), der folgendes ausführte:
"Anamnese:
Schockerlebnis als 2-jähriges Kind mit russischen Soldaten. Pat. besuchte jedoch noch Volksschule bzw. Pflichtschule, im Anschluß daran im elterlichen Betrieb und außerhalb des Betriebes berufstätig. Seit 1978 bestehen psychotische Phasen mit stat. Aufenthalten im LKH Mauer und an der Psych. Univ. Klinik. Seit diesem Zeitpunkt auch in ständiger nervenfachärztlicher Behandlung und medikamentöser Einstellung. Er fühlt sich in seinem psychischen Befinden unverändert, unstabil, unveränderte Angstzustände, nachts mit Durchschlafstörungen.
Aufgrund der Erkrankung im Februar 1989 Frühpension.
Objektiv:
Neurologisch:
HN- und Extremitätenbereich: Unauffälliger Befund.
Mit Ausnahme einer diskreten Hypästhesieangabe im Bereich des
rechten Kleinfingers.
Psychisch:
Bei der heutigen Untersuchung ist der Pat. relativ gut angepaßt, örtlich, zeitlich und zur Person völlig orientiert, es besteht eine relativ gute Kontaktfähigkeit mit Ausnahme der Angstsymptomatik keine subjektiven Beschwerden, insbesondere bestehen auch keine akuten psychot. Radikale, speziell keine Halluzinationen, keine Denkstörung und keine paranoide Symptomatik. Es besteht eine intellektuelle Grenzbegabung bzw. auch deutliche Fixierungstendenzen bezüglich der Ereignisse im
3. Lebensjahr. Es ergeben sich gegenüber dem Vorbefund weiterhin keine neuen Aspekte bei der Diagnose Schizophrenie bzw. endogene Psychose (anlagebedingt). Ein Zusammenhang mit dem Ereignis im 3. Lebensjahr kann nicht angenommen werden bzw. in der derzeit geltenden Psychiatr. Schuldmedizin bestätigt werden. Der vorwiegend bestimmende Erb- und Anlagefaktor ist auch beim Pat. anzunehmen, dafür spricht auch die relative Beschwerdefreiheit bis zur 1. Manifestation des Grundleidens (37. Lebensjahr).
Erwähnenswert ist auch noch ein familiärer Belastungsfaktor von mütterlicher Seite."
Der Beschwerdeführer erhielt im Rahmen des Parteiengehörs von diesem Gutachten Kenntnis. In seiner niederschriftlichen Stellungnahme vom 18. Oktober 1991 (diesen ließ der Beschwerdeführer eine umfangreiche schriftliche Stellungnahme vom 1. November 1991 folgen) brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, er sei mit dem Gutachten Dris. H nicht einverstanden, weil dieses für ihn nicht ausreichend begründe, warum sein Nervenleiden nicht vom Kriege und dem Schockerlebnis stammen sollte.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Jänner 1992 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 AVG den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung dieses Bescheides wurde zunächst der wesentliche Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H wiedergegeben. Dieses Gutachten sei von der belangten Behörde als schlüssig erachtet und daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes und unter Berücksichtigung des Gutachtens Dris. H sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das beim Beschwerdeführer bestehende psychische Syndrom nicht mit den Erlebnissen in den frühen Kinderjahren in ursächlichem Zusammenhang stehe. Eine Anerkennung der "Psychischen Erkrankung" als Dienstbeschädigung im Sinne der §§ 2 und 4 KOVG 1957 könne daher nicht erfolgen. Dem Beschwerdeführer sei das Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 45 Abs. 2 AVG zur Kenntnis gebracht worden. Die vorgebrachten Einwendungen seien nicht geeignet gewesen, die Beweiskraft des ärztlichen Sachverständigengutachtens zu mindern, weil es sich um Behauptungen handle, welche das auf ärztliches Fachwissen gegründete Sachverständigengutachten nicht zu entkräften vermögen. Insbesondere sei jedoch zu entgegnen, daß nach Art und erstem Auftreten der Krankheit mit Wahrscheinlichkeit ein vorwiegend anlagebedingter Faktor anzunehmen und die Ursache hiefür nicht in den Kriegsereignissen bzw. -erlebnissen begründet sei. Die Gutachten beider Instanzen stimmten in ihrem wesentlichen Inhalt überein, sodaß von einer Weiterführung des Beweisverfahrens abgesehen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren verletzt, weil gegen allgemeine Grundsätze über den Beweis, im besonderen gegen die §§ 52 ff AVG verstoßen worden sei.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer hat repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, ihm sei schon bewußt, daß der erstinstanzliche Bescheid nicht mehr anzufechten sei; dennoch weise er darauf hin, daß ihm das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten vom 5. März 1991 nie zur Kenntnis gelangt und ihm keine Möglichkeit zu einer entsprechenden Stellungnahme gegeben worden sei.
Dieser Vorwurf ist zwar berechtigt, weil die Versorgungsbehörde erster Instanz vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides dem Beschwerdeführer tatsächlich keine Gelegenheit eingeräumt hat, zum ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. F vom 5. März 1991 Stellung zu nehmen. Dennoch kann diese Verletzung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Verletzung des Parteiengehörs nicht geltend gemacht hat. Ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeiten der Stellungnahme saniert (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0156).
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, im Beschwerdefall habe der Sachverständige Dr. H weder einen Befund erstellt noch ein darauf basierendes Gutachten erstattet, sondern habe vielmehr beide Begriffe vermengt, wobei dieses "Gutachten" weder schlüssig noch nachvollziehbar sei. Im Sachverständigengutachten Dris. H sei weder angeführt, wann der Beschwerdeführer zwecks Untersuchung vor dem Facharzt erschienen sei, noch sei die Anamnese ausreichend und vollständig, vielmehr erwecke dieses Gutachten den Eindruck einer stichwortartigen gutachterlichen Stellungnahme, welche sich in erster Linie an dem Gutachten vom 5. März 1991 orientiere. Auf die durch den Beschwerdeführer im Rahmen seiner Berufung angeführten Erlebnisse bzw. die darauf resultierenden nervlichen Angstzustände werde in keiner Weise eingegangen, vielmehr beziehe sich der Sachverständige nicht nachvollziehbar auf einen "vorwiegend bestimmten Erb- und Anlagefaktor", welcher auch beim Beschwerdeführer anzunehmen sei und führe mit einem Satz auch weiters aus, daß noch ein familiärer Belastungsfaktor von mütterlicher Seite "erwähnenswert" sei. Woher der Sachverständige die Grundlagen für die gerade oben erwähnten Schlüsse ziehe, sei aus seinem "Gutachten" nicht nachvollziehbar bzw. ersichtlich. Zusammengefaßt gesehen sei daher für den Beschwerdeführer das erstattende Sachverständigengutachten völlig unschlüssig und wäre es daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein aus Befund und Gutachten bestehendes entsprechendes schlüssiges Sachverständigengutachten einzuholen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Gemäß § 2 Abs. 2 KOVG 1957 wird eine Gesundheitsschädigung, die im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit den durch die militärische Besetzung Österreichs geschaffenen Verhältnissen ohne Verschulden des Beschädigten eingetreten ist, wie eine Dienstbeschädigung entschädigt.
Gemäß § 4 Abs. 1 KOVG 1957 ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 KOVG 1957 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/09/0060, und vom 11. Juli 1990, Zl. 89/09/0132).
Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges im Sinne dieser Bestimmung setzt voraus, daß der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 90 KOVG 1957 geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, Zl. 89/09/0040).
Im Beschwerdefall wurde schon im erstinstanzlichen Verfahren ein ärztliches Gutachten - darin findet sich unter Punkt A "Vorgeschichte (Angaben der Partei)" der Hinweis, daß der Großvater des Beschwerdeführers mütterlicherseits nervenkrank gewesen sei - eingeholt, nach welchem der vom Gesetz geforderte ursächliche Zusammenhang hinsichtlich der vom Beschwerdeführer als Dienstbeschädigung geltend gemachten "psychischen Erkrankung" nicht herzustellen ist. Dasselbe Ergebnis erbrachte das im Berufungsverfahren eingeholte nervenärztliche Sachverständigengutachten (vom 11. September 1991), auf welches die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gegründet hat. Dem Beschwerdeführer ist zwar grundsätzlich zuzugestehen, daß das Gutachten eines Sachverständigen aus einem Befund und dem Urteil, dem Gutachten im engeren Sinn, zu bestehen hat. Allein das Fehlen einer förmlichen Gliederung in Befund und Gutachten (im engeren Sinn) bedeutet allerdings noch nicht, daß eine derartige Äußerung eines Sachverständigen schon allein deshalb nicht als taugliches Beweismittel in Betracht kommt und daher einer Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden darf (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0086). Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten Dris. H läßt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - ausreichend erkennen, von welchem (neurologischen und psychischen) Befund der genannte Sachverständige ausgegangen ist, und enthält außerdem ein darauf gestütztes Urteil, demzufolge ein Zusammenhang zwischen der beim Beschwerdeführer bestehenden Schizophrenie bzw. endogenen Psychose (anlagebedingt) und dem Ereignis im
3. Lebensjahr nicht angenommen werden bzw. in der derzeit geltenden Psychiatrischen Schulmedizin bestätigt werden könne. Der vorwiegend bestimmende Erb- und Anlagefaktor sei - so hat der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten BEGRÜNDEND ausgeführt - auch beim Beschwerdeführer als gegeben anzunehmen, wofür auch die relative Beschwerdefreiheit bis zur ersten Manifestation des Grundleidens (37. Lebensjahr) spreche. Erwähnenswert sei auch noch ein familiärer Belastungsfaktor von mütterlicher Seite. Aktenwidrig ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß im Gutachten Dris. H das Datum der Untersuchung nicht angeführt sei, weil dieses Gutachten mit 11. September 1991 datiert ist und im Gutachten selbst von der "heutigen Untersuchung" die Rede ist. Auch ist aus den Verwaltungsakten ersichtlich, daß der Beschwerdeführer für den 11. September 1991 zur Untersuchung beim ärztlichen Dienst des LIA (Dr. H) vorgeladen worden ist. Der Sachverständige Dr. H ist (ebenso wie der vom LIA herangezogene Sachverständige Dr. F) bei seiner Beurteilung der Kausalitätsfrage von den Angaben des Beschwerdeführers über sein als Kind erlittenes "Schockerlebnis" ausgegangen. Der Sachverständige ist selbst unter der Annahme des Zutreffens dieser Angaben des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen, daß die beim Beschwerdeführer bestehende Schizophrenie bzw. endogene Psychose (anlagebedingt) in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis im 3. Lebensjahr stünde.
Das Gutachten Dris. H vom 11. September 1991 ist Gegenstand des Parteiengehörs gewesen, wobei der Beschwerdeführer den auf ärztliches Fachwissen gestützten Ausführungen keine medizinisch fundierten Gegenbehauptungen entgegengestellt hat.
Aus der (vom Beschwerdeführer dem Antrag auf Gewährung von Beschädigtenrente beigelegten) Bestätigung des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. Sch vom 5. Oktober 1990 geht lediglich hervor, daß der Beschwerdeführer an einem psychotischen Defektsyndrom leide und daher nicht arbeitsfähig sei. Zu der im Beschwerdefall entscheidenden Frage der Kausalität finden sich darin jedoch keinerlei Ausführungen.
Wenn daher die belangte Behörde ihrer Entscheidung in freier Beweiswürdigung das Sachverständigengutachten Dris. H zugrunde gelegt hat, so ist dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden nachprüfenden Kontrolle, die darauf beschränkt ist, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen können, nicht als unschlüssig zu erkennen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, Zl. 90/09/0059). Für die belangte Behörde bestand insofern auch keine Notwendigkeit zur Erweiterung des Beweisverfahrens.
Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß im Beschwerdefall "gegen allgemeine Grundsätze über den Beweis, im besonderen gegen § 52 ff AVG verstoßen worden" ist. Da sich der angefochtene Bescheid somit als frei von der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anforderung an ein Gutachten Beweismittel Sachverständigenbeweis Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes Fachgebiet Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Parteiengehör Parteiengehör RechtsmittelverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090187.X00Im RIS seit
04.11.1992