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50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;Norm
HKG 1946 §57b Abs1 idF 1991/620;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. & Co in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 21. Feber 1991, Zl. Präs 257-14/90/Wa/N, betreffend Entrichtung der Eintragungsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat am Standort P eine weitere Betriebsstätte (Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Einzelhandel) errichtet.
Mit Bescheid des Obmannes der Sektion Handel der Handelskammer Niederösterreich vom 20. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführerin über ihr Ersuchen auf Grund des § 57b Abs. 1, 2 und 4 HKG bescheidmäßig eine Einverleibungsgebühr (EVG, gemäß Art. II Abs. 3 der 8. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, nunmehr: Eintragungsgebühr) in der Höhe von S 6.000,-- vorgeschrieben. Die Höhe dieser EVG gründe sich auf den "von sämtlichen Gremien der Sektion Handel mit Ausnahme des Landesgremiums der Konsumgenossenschaften übereinstimmend gefaßten Beschluß, der gem. § 57 Abs. 1 HKG vom Präsidium der Handelskammer Niederösterreich am 9.10.1953 bestätigt und vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau am 22.12.1953 (Zahl 117211-III/27/53) genehmigt wurde".
In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritt die Beschwerdeführerin, daß die nach dem HKG und der dazu erlassenen Fachgruppenordnung errichteten Fachgremien, nämlich insbesondere das Landesgremium des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften, sowie sämtliche anderen Gremien der Sektion Handel Rechtspersönlichkeit besäßen. Außerdem sei § 57b Abs. 2 HKG verfassungswidrig.
Die belangte Behörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Feber 1991 die Berufung abgewiesen und den "Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich vom 20.7.1990" bestätigt. Begründend verwies die belangte Behörde auf die §§ 3 Abs. 2 und 57b HKG. Im Bereich der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich hätten sämtliche Landesgremien mit Ausnahme des Landesgremiums der Konsumgenossenschaften EVG-Beschlüsse gefaßt, die wie im erstinstanzlichen Bescheid dargestellt bestätigt und genehmigt und in den Amtlichen Nachrichten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 30. Jänner 1954, Nr. 1, Seite 7, verlautbart worden seien. Demnach sei von Bewerbern um eine Gewerbeberechtigung zum Betrieb des Gemischtwarenkleinhandels eine EVG von S 3.000,-- einzuheben, die im Falle einer antragstellenden Kommanditgesellschaft (wie im Falle der Beschwerdeführerin) gemäß § 57b Abs. 2 HKG in zweifacher Höhe zu entrichten sei. Der erstinstanzliche Bescheid gründe sich daher auf ordnungsgemäß kundgemachte Rechtsvorschriften. Die Errichtung der Landesgremien sei gesetzmäßig erfolgt; im übrigen stehe die Errichtung dieser Gremien mit der Vorschreibung der EVG nicht, wie die Beschwerdeführerin meine, in einem Zusammenhang derart, daß bei mangelnder Rechtspersönlichkeit der Fachorganisationen wegen formaler Errichtungsfehler auch die EVG-Vorschreibung rechtswidrig sein müsse. Die in der Kammer Niederösterreich beschlossene EVG-Regelung sehe einen einheitlichen Gebührensatz für sämtliche Inhaber von Berechtigungen gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 vor. Demnach bestehe die Verpflichtung unabhängig von der Gremialzuordnung. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 57b Abs. 2 HKG verwies die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1989, B 1878/88-6.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, die Bezahlung der vorgeschriebenen EVG von S 6.000,-- zu verweigern.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Beschluß vom 23. April 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof zur Zahl A 66/91 gemäß Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, die in den Amtlichen Nachrichten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 30. Jänner 1954 kundgemachten Neufestsetzungen von EVG als gesetzwidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, V 185/91-12, wurde dieser Antrag abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 57b Abs. 1 HKG sind anläßlich der Erlangung von Berechtigungen nach § 3 Abs. 2 Einverleibungsgebühren zu entrichten. Sie werden von der Fachgruppe (im Fall des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer nach Anhörung der Fachvertreter) beschlossen. Der Beschluß über die Höhe der Einverleibungsgebühr bedarf der Bestätigung durch die Landeskammer und der im Wege der Bundeskammer einzuholenden Genehmigung durch den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie. Bestätigung und Genehmigung sind zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
§ 57b Abs. 2 HKG sieht Mindest- und Höchstsätze für Einverleibungsgebühren sowie eine Staffelung nach natürlichen und juristischen Personen vor (so etwa beträgt die EVG für Kommanditgesellschaften das Doppelte des für natürliche Personen vorgesehenen Normalsatzes).
Gemäß § 57b Abs. 4 HKG wird die Einverleibungsgebühr von der Fachgruppe (im Falle des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer), im Bereich der Sektion Handel von dieser vorgeschrieben und eingehoben.
Gemäß § 57f Abs. 1 HKG wird die Einverleibungsgebühr binnen einem Monat ab Vorschreibung fällig.
Die zur Vorschreibung einer Einverleibungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Einverleibungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) hat gemäß § 57g Abs. 1 HKG über Art und Ausmaß einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.
Gegen den Bescheid nach Abs. 1 kann gemäß § 57g Abs. 2 HKG, sofern er betreffend die Vorschreibung einer Einverleibungsgebühr von der Fachgruppe erlassen wird, binnen zwei Wochen ab Zustellung Berufung an die Landeskammer erhoben werden. Gegen den Bescheid der Landeskammer (Sektion Handel) nach Abs. 1 sowie gegen den Bescheid, mit dem die Landeskammer über eine Berufung entschieden hat, steht binnen zwei Wochen die Berufung an die Bundeskammer offen, gegen deren Entscheidung kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig ist. Die Berufung ist jeweils bei der Stelle einzubringen, die den Bescheid erlassen hat.
Zuständig zur Erlassung von Berufungsbescheiden nach § 57g Abs. 2 HKG ist, wie sich aus den §§ 22 Abs. 3 und 9 Abs. 3 HKG ergibt, der Vorstand der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1979, Slg. 8707). Gemäß dem ersten Satz des § 53a HKG können die in §§ 7, 20, 30 Abs. 1 und 31 Abs. 3 angeführten Kollegialorgane - zu denen gemäß § 20 lit. c der Vorstand der Bundeskammer zählt - die Beschlußfassung in bestimmten Angelegenheiten engeren Organen der betreffenden Organisation (Landeskammer, Bundeskammer, Sektionen, Fachgruppe, Fachverband) übertragen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
Der angefochtene Bescheid enthält keinen direkten Hinweis auf ein tätig gewordenes Organ der Bundeskammer und ist daher auf Grund seiner Fertigungsklausel dem Präsidenten der Bundeskammer zuzurechnen. Dieser war auch, wie aktenkundig ist, gemäß einem am 30. Mai 1980 gefaßten und in den Kammerblättern veröffentlichten Beschluß des Vorstandes der Bundeskammer gemäß § 53a HKG zur Bescheiderlassung zuständig.
Ähnliche Überlegungen sind hinsichtlich der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides anzustellen, weil eine von der belangten Behörde nicht aufgegriffene Unzuständigkeit der in erster Instanz eingeschrittenen Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten würde (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 571 angeführte Judikatur). Im Beschwerdefall stammt der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 57g Abs. 1 HKG von der Sektion Handel der NÖ. Landeskammer. Er ist ähnlich wie der angefochtene Bescheid nach seinem Inhalt und gemäß der Fertigungsklausel dem Sektionsobmann zuzurechnen, dessen Zuständigkeit zur Bescheiderlassung ebenfalls durch einen aktenkundigen, in den §§ 53a und 7 lit. f HKG gedeckten Delegierungsbeschluß der Sektionsleitung gegeben war.
Nach Meinung der Beschwerdeführerin ist der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil mit ihm ein Bescheid der "Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich" bestätigt worden sei, obwohl in erster Instanz deren Sektion Handel eingeschritten sei. Entgegen dieser Auffassung ist der erstinstanzliche Bescheid im angefochtenen Bescheid völlig unmißverständlich nach Aktenzahl und Datum individualisiert worden. Daß dabei die Sektion Handel nicht ausdrücklich angeführt wurde, stellt mit Rücksicht darauf nur einen unwesentlichen Mangel der Bezeichnung des in erster Instanz eingeschrittenen Kammerorgans dar. Wie unberechtigt die Annahme einer Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin in diesem Punkt ist, erweist übrigens auch der Umstand, daß sie selbst in ihrer Berufung den erstinstanzlichen Bescheid als einen "Bescheid der Handelskammer Niederösterreich" angefochten hat.
Die in den Amtlichen Nachrichten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 30. Jänner 1954 (7. Jahrgang, Nr. 1, Seite 7) unter Nr. 11 kundgemachte Verordnung lautet u. a. wie folgt:
"Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau genehmigt für den Bereich der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich nachstehende Neufestsetzungen respektive Erhöhungsanträge von Einverleibungsgebühren mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1954:
A. Im Bereich der Sektion Handel.
Für die Berechtigungen des "Gemischtwarenhandels und Handel mit Waren aller Art".
...
2. Von Bewerbern um eine Gewerbeberechtigung zum Betrieb des "Gemischtwarenhandels" (beschränkt oder unbeschränkt) ist eine Einverleibungsgebühr in Form eines Pauschalbetrages einzuheben, u.z. Gemischtwarenkleinhandel ........ S 3.000,-
..."
Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1992, V 185/91-12, hat der Verwaltungsgerichtshof der Prüfung des angefochtenen Bescheides diese in den Amtlichen Nachrichten des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 30. Jänner 1954 kundgemachte Verordnung zugrunde zu legen. Aus dieser Verordnung ergibt sich zweifelsfrei, daß die im einzelnen für die Vorschreibung von EVG vorgesehenen Beträge, insbesondere also etwa der Nennbetrag von S 3.000,-- für den Gemischtwarenkleinhandel (der sich für eine Kommanditgesellschaft wie die Beschwerdeführerin gemäß § 57b Abs. 2 HKG verdoppelt), seit dem 1. Jänner 1954 normative Verbindlichkeit haben.
Die belangte Behörde hat somit diese Verordnung, aus der sich die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung der vorgeschriebenen EVG in der Höhe von S 6.000,-- ergibt, zu Recht dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt. Es geht daher das Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Leere, dem angefochtenen Bescheid läge kein rechtswirksamer, von einer existenten und auch zuständigen Fachgruppe gefaßter, generell verbindlicher EVG-Beschluß zugrunde.
Die Beschwerde erweist sich somit als zur Gänze unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090066.X00Im RIS seit
04.11.1992