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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verw.akt StGG Art5 StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung Tir GVG 1983 §6 Abs1 litcLeitsatz
Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Pachtvertrages aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, der Freiheit der Berufswahl, des Eigentums- und des GleichheitsrechtesSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Vertrag vom 3. November 1987 pachtete Dr. M N von A L den "Bröcklhof" in 6314 Niederau samt Nutzung der Kuhgräser auf der Holzalpe.
Der Pächter Dr. M N ist Rechtsanwalt in Kufstein.
2.1. Mit Bescheid vom 29. September 1988 wurde diesem Rechtserwerb durch die Grundverkehrsbehörde Hopfgarten i.B. bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel gemäß §4 Abs1 iVm §6 Abs1 litc des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (in der Folge: GVG 1983) die Zustimmung versagt.
2.2. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. September 1989, Z LGv - 621/4-88, als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
"... Unbestritten ist ..., daß der vorliegende Rechtserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf (§3 Abs1 litd GVG 1983).
...
Im Grundverkehrsrecht war seit jeher (§5 Abs1 Z. 1 StGBl. 583/1919) auch der Gedanke tragend, es komme darauf an, ob ein 'ausreichender Grund' zur Annahme vorliegt, daß der Erwerber das Gut nicht selbst bewirtschaften wird (VfGH.Slg. 5683/1968). Demnach ist es in den durch das Grundverkehrsgesetz zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst im Rahmen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden (VfGH.Slg. 7927/1976, 8518/1979).
...
Nach Meinung der erkennenden Behörde sind nun ... im ergänzend
durchgeführten Ermittlungsverfahren keine ... Umstände
hervorgekommen, welche dafür sprechen würden, daß die
verfahrensgegenständlichen Grundstücke vom Genehmigungswerber im
Rahmen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes
s e l b s t bewirtschaftet werden würden und sohin eine
ausreichend verläßliche Prognose im positiven Sinn nach §6 Abs1
litc GVG 1983 erfolgen könnte. Was unter dem Begriff
'Selbstbewirtschaftung' zu verstehen ist, kann zwar weder dem
Grundverkehrsgesetz noch anderen, in diesem Zusammenhang in
Betracht kommenden landesgesetzlichen Regelungen entnommen werden,
auf Grund des sprachlichen Sinnes und dem Zweck der Regelung ist
aber davon auszugehen, daß vom Gesetzgeber damit - entgegen der
Ansicht des Berufungswerbers - die persönliche Bewirtschaftung
eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Anwesens durch den
Betriebsinhaber verlangt wird. Der Betreiber einer Landwirtschaft
hat also die für die Bewirtschaftung des Hofes notwendigen Arbeiten
in aller Regel unter Einsatz seiner eigenen Arbeitskräfte zu
bewerkstelligen. Demnach muß zumindest gefordert werden, daß der
Hofbetreiber die notwendigen Anordnungen persönlich trifft und ihre
Einhaltung regelmäßig auch selbst überwacht, wofür ein nahezu
täglicher Aufenthalt am Hof erforderlich ist, weil gerade im
Landwirtschaftsbereich eine Vielfalt von Betriebsentscheidungen
gefällt werden müssen, die keinesfalls auf Tage oder Wochen - man
denke nur an die wetterbedingten Einflüsse - vorhersehbar und
programmierbar sind (vgl. dazu die Erk. d. VfGH. vom 5.3.1986,
B218/5-9, und vom 11.6.1986, B196/83-11, u.a., in denen der
Gerichtshof diese Rechtsauffassung für durchaus vertretbar erachtet
hat).
In diesem Zusammenhang hat nun aber der Berufungswerber anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung dezidiert ausgeführt, daß der Pachtbetrieb von der Familie F auf seine Rechnung und Gefahr bewirtschaftet werde. Er selbst wohne in Kufstein und führe den Hof von dort aus. Wenn es erforderlich sei, mindestens aber einmal pro Woche, komme er auf den Hof. Auf dem Hof selbst habe er keine Wohnmöglichkeit (dieses Vorbringen deckt sich im wesentlichen mit dem Erhebungsbericht vom 10.4.1989). Daß nun aber unter diesen Umständen im Hinblick auf die aufgezeigte rechtliche Situation - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - nicht von einer dem Gesetz entsprechenden Selbstbewirtschaftung gesprochen werden kann, bedarf nach Ansicht der Landesgrundverkehrsbehörde keiner weiteren Ausführungen. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Argumentation der Erstinstanz, wonach der Berufungswerber aus zeitlichen Gründen (auf Grund seines Berufes) nicht in der Lage ist, den 'Bröcklhof' dem GVG 1983 entsprechend selbst zu bewirtschaften. Dr. N ist nämlich in Kufstein als Rechtsanwalt tätig und führt dort eine - über eine entsprechende Klientel verfügende - Anwaltskanzlei, wofür naturgemäß ein entsprechender Arbeits- und Zeitaufwand erforderlich ist.
...
Zusammenfassend vertritt die erkennende Behörde die Ansicht, daß der hier vorliegende Rechtserwerb den öffentlichen Interessen des §4 Abs1 GVG 1983 zuwiderläuft und insbesondere der Versagungstatbestand des §6 Abs1 litc (letzter Fall) GVG 1983 erfüllt ist."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Pächters Dr. M N, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf freie Berufswahl, auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht, falls aber die Auffassung der belangten Behörde im Gesetz Deckung finde, die Verfassungswidrigkeit des §6 Abs1 litc GVG 1983, und zwar insbesondere der Wendung "bzw. jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird" wegen Kompetenzwidrigkeit behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Nach Meinung des Beschwerdeführers verstößt der angefochtene Bescheid gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf freie Berufswahl und auf Erwerbsfreiheit, weil §6 Abs1 litc GVG 1983 verfassungskonform dahin zu interpretieren sei, daß ein "selbst...bewirtschaften" immer dann vorliege, wenn der Erwerber das wirtschaftliche Risiko eines Betriebes, der über alle zur landwirtschaftlichen Wirtschaftsführung erforderlichen Maschinen verfügt, trägt und ihm die Vorteile und Erträge aus der Betriebsführung zufließen. Das Ausmaß der Beschäftigung von Hilfskräften könne dabei nicht ins Gewicht fallen. Die Auslegung der belangten Behörde unterstelle dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt. Träfe die Auslegung der belangten Behörde zu, dann wäre die Regelung verfassungswidrig, da hiefür dem Landesgesetzgeber die Kompetenz gefehlt hätte.
4.2. Eine Verletzung des Grundrechtes auf Erwerbsausübung setzt voraus, daß einem Staatsbürger durch verwaltungsbehördliche Bescheide der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird (zB VfSlg. 10501/1985).
Derartiges wird durch den angefochtenen Bescheid offenkundig nicht verfügt. Ebensowenig greift der Bescheid in das Recht auf Freiheit der Berufswahl ein, wozu es genügt, auf die Vorjudikatur zu verweisen (vgl. VfSlg. 5611/1967).
Der Beschwerdeführer behauptet weiters, der angefochtene Bescheid verletze ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil er §6 Abs1 litc GVG 1983 einen gleichheitswidrigen (verfassungswidrigen) Inhalt unterstelle. Auch dies trifft nicht zu.
Daß gegen die zitierte Gesetzesstelle verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen, hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesagt (vgl. VfSlg. 7538/1975, 7544/1975, 7546/1975, 7881/1976, 8718/1979, 9063/1981). Warum die Regelung kompetenzwidrig sein sollte, ist aus den völlig unsubstantiierten Beschwerdebehauptungen nicht erkennbar; der Verfassungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, diesem Vorwurf näherzutreten.
Der Verfassungsgerichtshof hat aber auch weiters in ständiger Judikatur betont, daß es in den durch das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen ist, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden (VfSlg. 7927/1976, 8245/1978, 8518/1979, 10814/1986). Dies trifft auch für die Pachtung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke zu. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde dem §6 Abs1 litc GVG 1983 weder einen denkunmöglichen noch einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, wenn sie aus der beruflichen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt ableitete, daß eine Selbstbewirtschaftung durch ihn nicht gesichert sei (siehe VfSlg. 10797/1986, S. 177, wo es um einen vergleichbaren Sachverhalt ging); es kann aber auch weder eine denkunmögliche noch eine gleichheitswidrige Anwendung des Gesetzes darin erblickt werden, daß die belangte Behörde zur Selbstbewirtschaftung eine persönliche Anwesenheit des Erwerbers für erforderlich hielt, weil nur so die für die Bewirtschaftung eines Hofes notwendigen Arbeiten und Anordnungen vom Hofbetreiber persönlich getroffen werden könnten und er nur so deren Einhaltung auch selbst überwachen könne, wofür ein nahezu täglicher Aufenthalt am Hof erforderlich sei (vgl. hiezu insbesondere VfSlg. 8768/1980, 10797/1986, 10814/1986). Auch der behauptete Gleichheitsverstoß liegt somit nicht vor.
4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B1563.1989Dokumentnummer
JFT_10099389_89B01563_00