Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juni 1992, Zl. 4.322.993/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, reiste am 18. April 1991, aus Deutschland kommend, in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte (bereits anwaltlich vertreten) einen schriftlichen Asylantrag.
Dieser wurde ohne konkretes Vorbringen damit begründet, im Falle des Beschwerdeführers seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllt.
Bei seiner am 23. September 1991 durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vorgenommenen niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes an:
Er sei in der Türkei als Bauer tätig gewesen und habe von den Erträgnissen seiner Landwirtschaft gelebt. Für Politik habe er sich nie interessiert, er habe auch nie einer politischen Partei angehört. Als Kurde habe man in der Türkei keinerlei Rechte; Kurden würden in allen Lebensbereichen benachteiligt; ein Kurde bekomme in der Türkei nie die Chance, einen ordentlichen Bildungsweg einzuschlagen. Auch hinsichtlich eines geeigneten Arbeitsplatzes mache man den Kurden laufend Schwierigkeiten. Die Türken wollten, daß die Kurden bildungsmäßig nicht vorwärts kämen. Die Behörden stellten sich auf die Seite der Türken. Auch von dieser Seite sei daher für die Kurden nichts zu erwarten. Im Gegenteil, die Behörden stellten den Kurden nach und verhinderten, daß sich diese entfalten könnten. Der Beschwerdeführer habe sich deshalb entschlossen, in ein demokratisches Land zu flüchten; er möchte hier arbeiten und sich hier eine neue Zukunft aufbauen.
Seinen Fluchtweg schilderte der Beschwerdeführer wie folgt:
Mit einem in Ankara bei der deutschen Botschaft besorgten Einreisevisum sei er am 15. April 1991 per Bus über Bulgarien, Jugoslawien und Österreich direkt nach Deutschland gefahren. Am 17. April 1991 sei er mit dem Zug von München nach Salzburg gefahren, allerdings im Zug eingeschlafen und deshalb wieder nach München zurückgefahren. In München angekommen, sei er in den nächsten Zug nach Salzburg gestiegen, wo er kontrolliert worden sei. Trotz Fehlens eines Einreisevisums für Österreich habe er passieren dürfen.
Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 16. Oktober 1991 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes und auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.
Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er rügte, der erstinstanzliche Bescheid sei ein vorgedrucktes Formular, das weder eine Begründung noch Sachverhaltsfeststellungen enthalte. Auf Grund der unwidersprochenen Angaben des Beschwerdeführers sei von der Berechtigung seines Asylantrages auszugehen. Sollten gegenteilige Beweisergebnisse vorliegen, die die Angaben des Beschwerdeführers widerlegten, so seien ihm diese nicht zur Kenntnis gebracht und daher sein rechtliches Gehör verletzt worden. Ausdrücklich begehrte der Beschwerdeführer seine neuerliche Vernehmung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach in Anwendung des Asylgesetzes 1991 aus, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre. Begründet wurde dies damit, die mit dem Beschwerdeführer aufgenommene Niederschrift habe ergeben, daß er einerseits bereits in Deutschland vor Verfolgung sicher gewesen sei und daß er andererseits in seiner Heimat keiner konkreten, gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist zur Rüge des Beschwerdeführers, der Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichne den erstinstanzlichen Bescheid nicht, darauf hinzuweisen, daß sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig ergibt, daß sich sein Spruch auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 16. Oktober 1991, Zl. FrA-449/91 bezieht. Da Spruch und Begründung eines Bescheides insoweit eine Einheit darstellen, haftet sohin dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit an.
Was die jetzt erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhobene Behauptung anlangt, der Beschwerdeführer sei in der Türkei von einer Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht gewesen, so kann darauf wegen des bestehenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden (§ 41 Abs. 1 VwGG).
Da des weiteren die belangte Behörde ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Befragung im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (allgemein herrschende politische Verhältnisse bzw. wirtschaftliche Gründe allein sind keine Asylgründe; vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Seite 28, Abs. 4 bzw. Seite 29, Abs. 3 referierte hg. Rechtsprechung, die auch auf die seit 1. Juni 1992 geltende Rechtslage anwendbar ist) das Vorliegen wohlbegründeter Furcht des Beschwerdeführers, aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention verfolgt zu werden, zu Recht verneinte, braucht auf den weiteren vom angefochtenen Bescheid herangezogenen Abweisungsgrund (nämlich den des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991) und die damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdeausführungen nicht mehr eingegangen zu werden.
Mit Rücksicht auf das Ergebnis der niederschriftlichen Befragung des Beschwerdeführers war die belangte Behörde auch nicht gehalten, weitere Erhebungen über die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers in der Türkei sowie zu seiner Verfolgungssicherheit in Deutschland anzustellen.
Somit erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von den geltend gemachten Rechtswidrigkeiten. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010791.X00Im RIS seit
05.11.1992