TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/9 92/10/0005

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Veröffentlicht am 09.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

HygieneV Zuckerwaren aus Automaten 1988 §2;
LMG 1975 §74 Abs4 Z1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der WW in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 25. Juli 1991, Zl. 3/12-61745/10-1991, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft erließ am 12. Juli 1990 gegen die Beschwerdeführerin ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

"Sie haben es als gem. § 9 VStG 1950 für das Inverkehrsetzen von Zuckerwaren zur Vertretung der Fa. W in A nach außen berufene Person zu verantworten, daß am 01.09.1989 um 11,00 Uhr im Automatenstand in E Nr. 11 aus dem Automaten gelbe Maracuja-Kaugummikugeln ohne Umhüllung feilgehalten wurden, obwohl es verboten ist, Zuckerwaren oder unter Verwendung von Zuckeraustauschstoffen hergestellte derartige Waren ohne Umhüllung aus Automaten feilzuhalten."

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 74 des Lebensmittelgesetzes 1975 (in der Folge: LMG 1975) in Verbindung mit § 2 der Hygiene-Verordnung, BGBl. Nr. 127/1988, verletzt, weshalb über sie gemäß § 74 Abs. 4 LMG 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden) verhängt wurde. Gleichzeitig wurde als Ersatz der Barauslagen gemäß § 64 Abs. 3 VStG eine Untersuchungsgebühr nach § 45 LMG 1975 in der Höhe von S 780,-- vorgeschrieben.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin zu ihrer Rechtfertigung vorgebracht, es handle sich bei dem gegenständlichen Automaten um einen Automaten ihres Vaters, weshalb sie nicht gemäß § 9 VStG zur Verantwortung gezogen werden könne. Nach einer von der Bezirkshauptmannschaft veranlaßten Gendarmerieerhebung sei als verantwortliche Person der Vater der Beschwerdeführerin festgestellt worden, obwohl sich aus dem amtlichen Gewerberegister ergebe, daß dieser keine Gewerbeberechtigung mehr besitze. Die Beschwerdeführerin sei daraufhin aufgefordert worden, mitzuteilen, wer gemäß § 9 VStG verantwortlich sei. Sie habe daraufhin erklärt, daß für sie seit 1. Jänner 1989 die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe" bestehe und ihr Vater ausschließlich Pensionst sei. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens stehe daher fest, daß zum Tatzeitpunkt am angegebenen Ort in einem Automaten der Fa. W Kaugummikugeln ohne Umhüllung feilgehalten worden seien. Die Auskunft der Beschwerdeführerin sei nur so auszulegen, daß sie gemäß § 9 VStG verantwortliche Person ihrer Einzelfirma sei. Deshalb sei ihr die Übertretung anzulasten.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und die Vorschreibung des Ersatzes der Untersuchungskosten aufgehoben. Weiters wurde der Spruch dahin ergänzt, daß die Übertretungshandlung dem § 74 Abs. 4 Z. 1 LMG 1975 in Verbindung mit § 2 der Verordnung über die Hygiene bei Zuckerwaren aus Automaten BGBl. Nr. 127/1988 zu unterstellen sei.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin auf eine Anfrage der Erstbehörde am 5. Juli 1990 durch ihren Rechtsanwalt mitteilen lassen, daß mit 1. Jänner 1989 die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe" zu ihren Gunsten bestehe. Der Vater der Beschwerdeführerin habe im Hinblick auf diese Situation die Gewerbeberechtigung zurückgelegt. Die Frage der Verantwortlichkeit sei zwar von der Erstbehörde unrichtigerweise als besonderer Fall der Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG qualifiziert worden, doch sei "dieser Begründungsmangel mit keiner Rechtswidrigkeit" behaftet. Die Beschwerdeführerin "haftet als Einzelunternehmerin".

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. November 1991, B 1014/91-6, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In ihrer auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin - in Bestätigung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz - im wesentlichen vorgeworfen, "es als gemäß § 9 VStG für das Inverkehrsetzen von Zuckerwaren zur Vertretung der Firma W in A nach außen berufene Person zu verantworten" zu haben, "daß am 1. September 1989 um 11.00 Uhr im Automatenstand in E Nr. 11 aus dem Automaten gelbe Maracuja-Kaugummikugeln ohne Umhüllung feilgehalten wurden ..."

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach dem festgestellten Sachverhalt und der Aktenlage ist die Annahme der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin nach § 9 VStG verantwortlich ist, durch nichts gerechtfertigt. Daß die Beschwerdeführerin - wie die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides meint - "als Einzelunternehmerin hafte", also das entsprechende Tatbild etwa durch das Betreiben als Inhaberin des Automaten verwirklicht hat, kann dem Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden.

Schon aus diesem Grund belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebührenersatz konnte nur für drei Beschwerdeausfertigungen (S 360,--), eine Vollmacht (S 120,--) und eine Bescheidausfertigung (S 90,--) zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100005.X00

Im RIS seit

09.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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