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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. August 1992, Zl. UVS-03/31/01114/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers (eines Rechtsanwaltes) gegen ein erstinstanzliches Straferkenntnis (Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. d StVO) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Aus Beschwerde und angefochtenem Bescheid ergibt sich, daß der Beschwerdeführer nach Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (unter derselben Adresse, unter der auch die vorangegangene, vom Beschwerdeführer beeinspruchte Strafverfügung zugestellt worden war) eine mit 13. März 1992 datierte Eingabe an die Erstbehörde richtete, in der er Abwesenheit von der Abgabestelle ("weil ich verschiedentlich im Ausland unterwegs war") behauptete, sodaß die am 13. Dezember 1991 hinterlegte Postsendung als nicht behoben rückgelangt sei. Er ersuche um neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses (nunmehr) an seine Kanzleiadresse. Nötigenfalls wolle dieses Schreiben als Wiedereinsetzungsantrag gewertet werden. Die Erstbehörde entsprach dem Zustellersuchen, worauf der Beschwerdeführer am 21. April 1992 Berufung erhob.
Der Beschwerdeführer behauptet nun, die belangte Behörde gehe davon aus, daß die Erstbehörde einen Wiedereinsetzungsantrag unterstellt und diesem stattgegeben habe. Demgegenüber wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, es bestehe KEIN Grund zur Annahme, daß die Erstbehörde das Schreiben des Beschwerdeführers vom 13. März 1992 als Wiedereinsetzungsantrag (wegen Versäumung der Berufungsfrist) gewertet und diesem durch die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses "konkludent" stattgegeben hätte. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung des Beschwerdeführers, da die Erstbehörde kommentarlos (neuerlich) zugestellt habe, sei "die vorangegangene Situation jedenfalls bereinigt" worden, ist verfehlt. Daß ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist bewilligender Bescheid vorliege, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Der neuerlichen Zustellung des Straferkenntnisses kam die Wirkung einer Wiedereinsetzung nicht zu. Im übrigen hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß im Falle einer tatsächlichen Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers eine Versäumung der Berufungsfrist mangels gültiger Zustellung des Straferkenntnisses gar nicht in Betracht käme. Der Eingabe vom 13. März 1992 wäre ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund somit überhaupt nicht zu entnehmen.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde zu Recht § 6 Zustellgesetz angewendet, wonach die erste Zustellung maßgebend ist, wenn das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt wird. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, diese Gesetzesstelle gebe nicht eindeutig an, ob der Ausdruck "mehrmals" auch "mehrfach" beinhalte, es handle sich im Beschwerdefall nicht um das "gleiche", sondern um das "selbe" Schriftstück, sind geradezu mutwillig.
An der Gültigkeit der ersten Zustellung des Straferkenntnisses mußte die belangte Behörde nicht zweifeln, weil nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0021, 0022) jemand, der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen hat, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen. Dies hat der Beschwerdeführer trotz entsprechenden Vorhaltes der belangten Behörde unterlassen. War aber die erste Zustellung gültig, so kam der neuerlichen Zustellung keine rechtliche Bedeutung mehr zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 91/02/0129).
Zusammenfassend ergibt sich, daß durch die bloße Anordnung einer neuerlichen Zustellung des Straferkenntnisses durch die Erstbehörde und die erfolgte Zustellung die nach § 6 Zustellgesetz an die erste gültige Zustellung geknüpfte Rechtsfolge selbst dann nicht aufgehoben wurde, wenn die Erstbehörde die erste Zustellung als ungültig erachtet haben sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1988, Zl. 87/12/0043, Slg. Nr. 12701/A). Somit erweisen sich nicht die Überlegungen der belangten Behörde, sondern die des Beschwerdeführers als "haltlos".
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020294.X00Im RIS seit
11.11.1992