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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art144 Abs1 / Vollstreckungshandlung AVG §57 AVG §64 Abs2 FremdenpolizeiG §13 FremdenpolizeiG §3 Abs1 FremdenpolizeiG §5 Abs1Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen den Vollzug der Schubhaft aufgrund eines vollstreckbaren Aufenthaltsverbots- und Schubhaftbescheides; keine isolierte Anfechtbarkeit einer Maßnahme zur Vollstreckung vorangegangener BescheideSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Aufgrund mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen (KG Wiener Neustadt vom 15. Juli 1986, 11 a Vr 674/86, Hv 274/86, §§15, 269/1, 83/1, 84 Abs2/4 StGB; vier Monate Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre; LG für Strafsachen Wien vom 22. März 1988, 7 a E Vr 13864/87, Hv 9195/87, §§15, 127 ff. StGB; 9 Monate Freiheitsstrafe bedingt auf drei Jahre; LG für Strafsachen Wien vom 14. März 1989, 4 b Vr 10036/88, Hv 312/89, §§127, 128/1 Z4, 129 Z1, 130/2. Fall, 15, 146 StGB; 2 Jahre Freiheitsstrafe) wurde gegen I S, jugoslawischer Staatsangehöriger, ein fremdenpolizeiliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit Bescheid vom 3. Juli 1989 erließ die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gegen
I S gemäß §3 Abs1 und Abs2 Z1 sowie §4 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für ganz Österreich. Dieser Bescheid wurde I S am 6. Juli 1989 zugestellt. Gegen diesen Bescheid erhob I S das Rechtsmittel der Berufung.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 1989 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich der von I S eingebrachten Berufung gegen den Aufenthaltsverbotbescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn keine Folge.
2. Am 14. November 1989 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich einen Feststellungsbescheid gemäß §4 Asylgesetz. Damit wurde festgestellt, daß I S eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet und somit von ihm der Vorteil des Verbotes der Ausweisung in sein Heimatland (Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF BGBl. Nr. 796/74) nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Dieser Bescheid wurde I S am 22. November 1989 in der Justizanstalt Sonnberg zugestellt.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 1989 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gegen I S gemäß §5 Abs1 FrPG die vorläufige Verwahrung zur Sicherung der Abschiebung an; einer etwaigen Berufung wurde gemäß §64 Abs2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18. Dezember 1989 bei seiner Entlassung aus der Justizanstalt Sonnberg übergeben. Am gleichen Tag wurde der Beschwerdeführer um 09,00 Uhr in Schubhaft genommen und der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vorgeführt. Der Beschwerdeführer beantragte am 12. Dezember 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubes. Diesem Ansuchen wurde nicht stattgegeben.
Am 4. Jänner 1990 wurde I S in sein Heimatland abgeschoben. Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und beantragt wird, diese Rechtsverletzungen kostenpflichtig festzustellen.
II. 1. Über die gegen die Abschiebung gerichtete Beschwerde wurde erwogen:
§13 FrPG bestimmt:
"Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot erlassen oder mit gerichtlichem Urteil auf Landesverweisung oder Abschaffung erkannt worden ist, können durch zwangsweise Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen abgeschoben werden (Schub), wenn sie das Gebiet, in dem ihnen der Aufenthalt verboten ist, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist verlassen oder wenn eine Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint."
2. Die Schubhaft ist, wie sich aus §11 Abs2 FrPG ergibt, mit Bescheid anzuordnen. Die Verhängung der Schubhaft schließt auch die Festnahme ein. Ein vollstreckbarer Schubhaftbescheid ist also Voraussetzung dafür, daß ein Fremder in Schubhaft genommen, in Schubhaft gehalten (vgl. zB die ständige Rechtsprechung des VfGH, zB VfSlg. 9465/1982, mit weiteren Judikaturhinweisen) und in weiterer Folge im Sinne des §13 FrPG abgeschoben werden darf. Die Abschiebung stellt keine (bescheidmäßig zu verfügende) Vollstreckungsverfügung dar, sondern die Anwendung unmittelbaren Zwangs in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art (vgl. VwGH 31.5.1961, Zl. 2488/60), ist also eine der Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide (mit denen das Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt wurde) dienende Maßnahme. Derartige Verwaltungsakte, die bloß als Maßnahmen zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide anzusehen sind, können nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden, die nach Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar ist (vgl. zB VfSlg. 7458/1974, 8752/1980, 8991/1980).
Der Aufenthaltsverbotsbescheid und der Schubhaftbescheid waren hier - wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung (so. Abschnitt I) ergibt - zum Zeitpunkt der Abschiebung vollstreckbar. Ergänzend ist lediglich darauf zu verweisen, daß - entgegen dem Beschwerdevorbringen - der Schubhaftbescheid nicht in Anwendung des §57 AVG erging, sodaß ein allenfalls dagegen erhobenes Rechtsmittel den Bescheid nicht außer Kraft setzen konnte; einer allfälligen Berufung war gemäß §64 Abs2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung aberkannt worden.
3. Der Verfassungsgerichtshof ist daher zur Entscheidung über die gegen die Abschiebung gerichtete Beschwerde nicht zuständig. Sie war daher wegen offenkundiger Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen in der Sache einzugehen war.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Fremdenpolizei, Schubhaft, Aufenthaltsverbot, Verwaltungsverfahren Wirkung aufschiebende, Bescheid Rechtskraft, Vollstreckungshandlung, Rechtskraft Bescheid, Wirkung aufschiebende BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B186.1990Dokumentnummer
JFT_10099388_90B00186_00