TE Vfgh Beschluss 1990/6/12 B550/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Privatwirtschaftsakt DienstO der ÖBB Disziplinarordnung (ÖBB-Bedienstete) 1979

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen ein Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission bei der Generaldirektion der ÖBB mangels Zuständigkeit des VfGH; privatrechtlicher Charakter des Dienstverhältnisses der ÖBB-Bediensteten; Beseitigung des Erkenntnisses nur im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Erkenntnis der Disziplinaroberkammer bei der Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen vom 8. Februar 1990 wurde über den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen die §§18, 21 und 28 der Dienstordnung für die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen sowie gegen die Dienstanweisung der Bundesbahndirektion Linz vom 13. Mai 1977, Z113-178a-77, nach §3 Abs1 lite der Disziplinarordnung 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Der Beschwerdeführer beurteilt dieses Erkenntnis als Bescheid einer Verwaltungsbehörde, bekämpft es mit der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Verfassungsgerichtshofbeschwerde und beantragt seine Aufhebung wegen Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte; hilfsweise wird die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß das Dienstverhältnis der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen nicht öffentlich-rechtlichen, sondern privatrechtlichen Charakter hat (vgl. zB VfSlg. 5290/1966, 5367/1966, 6125/1970, 8132/1977). Die Einrichtung der Disziplinarkammern sowie der Disziplinaroberkammer nach der Disziplinarordnung 1979 beruht auf einem zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber abgeschlossenen Vertrag. Diese Disziplinareinrichtungen sind keine Verwaltungsbehörden; es ist ihnen durch keine gesetzliche Vorschrift ein Imperium über die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen eingeräumt. Ihre Aussprüche sind daher keine Bescheide und können nicht nach Art144 B-VG angegriffen werden; sie sind vielmehr nach den Grundsätzen des Privatrechtes zu beurteilen (so auch der OGH in ArbSlg. 6775/1957; vgl. weiters EvBl. 1963/407; SZ 53/119). Aus der vom Dienstgeber gewählten Diktion der Disziplinarordnung 1979 allein kann noch nicht geschlossen werden, daß sich die für das gegenständliche privatrechtliche Dienstverhältnis bestehende lex contractus auf dem Teilgebiet des Disziplinarrechtes in öffentliches Recht wandelt.

Selbst wenn die Disziplinarordnung 1979 Bestimmungen enthielte, die gegen zwingendes Recht auf dem Gebiet des Privatrechtes verstießen, wäre auch das noch kein Grund, derartige Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Eine Beseitigung des vom Beschwerdeführer bekämpften Ausspruches der Disziplinaroberkammer kann, da die hier maßgeblichen Rechtsfragen nach dem Privatrecht zu beurteilen sind, nur im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit versucht werden (vgl. zu all dem VfGH 21.6.1989 B467/89).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

3. Da die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist, wurde dieser Beschluß gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Bei diesem Ergebnis mußte ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entfallen.

4. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt Privatrecht - öffentliches Recht, Bundesbahnbedienstete Disziplinarrecht ÖBB-Bedienstete, lex contractus

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B550.1990

Dokumentnummer

JFT_10099388_90B00550_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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