TE Vwgh Beschluss 1992/11/17 92/11/0222

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Veröffentlicht am 17.11.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/11/0223

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache der Dr. C in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. April 1992, Zl. 12-97 Sche 5/5-1991, betreffend Zurücknahme der Bewilligung zur Führung eines zweiten Berufssitzes, und über den damit verbundenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begründet den vorliegenden, am 24. September 1992 zur Post gegebenen (zu hg. Zl. 92/11/0222 protokollierten) Wiedereinsetzungsantrag wie folgt:

Als rechtsunkundige Person habe sie die sechswöchige Beschwerdefrist "mit zweiwöchiger Erstfrist, vierwöchiger Fertigstellungsfrist und allerletzter Frist Donnerstag, 24. September 1992, festgelegt". Statt richtigerweise die Beschwerdefrist ab dem Datum des Eingangsstempels des beigegebenen Verfahrenshelfers, welches auf der von ihm übermittelten Kopie des angefochtenen Bescheides links oben aufscheine (10. August 1992), zu berechnen, habe sie "die sechswöchige Frist vom gedruckten Eingangsstempel des Kuverts (Donnerstag) 13.8.1992 berechnet und die Fristen auf dem Brief des Verfahrenshelfers vermerkt". Die Beschwerdeführerin sei zwar vom Verfahrenshelfer mehrmals über die Fristberechnung belehrt worden, sie habe "es aber als rechtsunkundige Person nicht richtig verstanden". Selbst wenn man darin überhaupt ein Verschulden der Beschwerdeführerin erkenne, handle es sich um nicht mehr als ein kleines, geringfügiges Versehen, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindere.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Auch ein Tatsachenirrtum über das Ende der Beschwerdefrist kann ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG bilden. Auf einem minderen Grad des Versehens beruht dieses allerdings dann nicht, wenn der Wiedereinsetzungswerber auffallend sorglos gehandelt hat. Dies ist der Fall, wenn er die im Verkehr mit den Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten ihm zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen hat (vgl. hiezu beispielsweise den hg. Beschluß vom 21. Mai 1992, Zl. 92/17/0079).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die erforderliche und ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte sie nämlich als rechtsunkundige Person sich durch Nachfrage beim beigegebenen Verfahrenshelfer vergewissern müssen, ob die von ihr vorgenommene Fristberechnung richtig ist. Dazu hatte sie wiederholt Gelegenheit, wurde sie doch nach ihrem Vorbringen vom Verfahrenshelfer mehrmals über die Fristberechnung belehrt. Daß ihr hiebei eine unrichtige Auskunft erteilt worden wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Beim gegebenen Sachverhalt kann entgegen der im Wiedereinsetzungsantrag vertretenen Meinung nicht von einem minderen Grad des Versehens der Beschwerdeführerin an der Versäumung der Beschwerdefrist gesprochen werden.

Abgesehen von diesen auf das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag abgestellten Erwägungen ist für die Beschwerdeführerin auch deshalb nichts zu gewinnen, weil davon auszugehen ist, daß es in erster Linie Sache des beigegebenen Verfahrenshelfers war, die Beschwerdefrist zu wahren. Bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist trifft das Verschulden des Parteienvertreters die Partei (vgl. die bei Dopl, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 656, angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Ausführungen darüber, aus welchen Gründen der beigegebene Verfahrenshelfer an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde gehindert gewesen sein soll. Infolge Fehlens derartiger Angaben kann nicht beurteilt werden, ob der Vertreter der Beschwerdeführerin an der fristgerechten Einbringung der Beschwerde durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war und ob ihm dabei kein Verschulden oder doch nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann (vgl. die ebenfalls Wiedereinsetzungsanträge ohne Angaben über den Hinderungsgrund betreffenden hg. Beschlüsse vom 12. September 1989, Zl. 89/11/0177, und vom 27. März 1990, Zl. 90/11/0052).

Aus diesen Erwägungen konnte dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden.

Das hat zur Folge, daß die vorliegende, drei Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte (zur hg. Zl. 92/11/0223 protokollierte) Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen war.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den (zu hg. Zl. AW 92/11/0046 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110222.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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