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55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung MOG §68 Abs2 MOG §68 Abs3Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds mangels Eschöpfung des InstanzenzugesSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die beschwerdeführende Molkereigenossenschaft bekämpft den an sie und den Mitbeteiligten (einem Landwirt, der der Molkereigenossenschaft Milch liefert) ergangenen Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Dezember 1989, dessen Spruch folgendermaßen eingeleitet wird:
"Gemäß den §§5, 17 Abs1 und 2, 68 Abs3 Marktordnungsgesetz 1985 (MOG, BGBl. Nr. 210/1985 i.d.g.F.) sowie gemäß den sich auf §5 MOG stützenden Bestimmungen betreffend das "Neue Abrechnungssystem" (kundgemacht in der Beilage 8 zu Heft 14 der Österreichischen Milchwirtschaft vom 21. Juli 1966, Nr. 16, Seite 41 ff. i.d.g.F.) und der zu §17 MOG ergangenen Verordnungen
der Verwaltungskommission bzw. des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. Juni 1975, kundgemacht in der Beilage 6 zu Heft 14 der Österreichischen Milchwirtschaft vom 21. Juli 1975, Nr. 23 c, Seite 56 ff.
des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 11. Oktober 1983, kundgemacht in der Beilage 12 zu Heft 22 der Österreichischen Milchwirtschaft vom 21. November 1983, Nr. 56 a, Seite 197 f.
des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 6. Dezember 1984, kundgemacht in der Beilage 1 zu Heft 3 der Österreichischen Milchwirtschaft vom 7. Feber 1985, Nr. 2 a, Seite 1 f.,
setzt der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds die Verarbeitungs- und Preisausgleichszuschüsse an die Molkereigenossenschaft S in Tirol wie folgt fest:"
Im Spruch selbst findet sich die Berechnung eines "Rückzahlungsbetrages der Molkereigenossenschaft S dem Milchwirtschaftsfonds gegenüber" für das Geschäftsjahr 1984 und die Berechnung einer "restlichen Beihilfe" für das Geschäftsjahr 1985, wobei die Berechnung jeweils folgendermaßen vorgenommen wird: Von einer "Gesamtbeihilfe ursprünglich" wird ein "zu Unrecht" an den Mitbeteiligten "ausbezahlter Siloverzichts- und Fütterungsbeschränkungszuschlag" abgezogen, von dieser "Gesamtbeihilfe neu" werden bisherige Akontierungen und Lastschriften von Beiträgen nach dem MOG abgezogen sowie Gutschriften dazugerechnet, sodaß sich letztlich die vorhin erwähnten Beträge für die Geschäftsjahre 1984 und 1985 ergeben.
In der Begründung des Bescheides wird als Sachverhalt dargestellt, dem Milchwirtschaftsfond sei aufgrund verschiedener Erhebungen bekannt geworden, daß der mitbeteiligte Landwirt (dem auch eine Brauerei gehört) in seinem Betrieb an die Kühe "Biertreber" verfüttere, obwohl hinsichtlich seines Betriebes die Übernahmspflicht für Rohmilch auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt sei. Nach Wiedergabe des Ermittlungsverfahrens kommt der Milchwirtschaftsfonds in seiner rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, die Verfütterung von Biertreber an Milchkühe in einem Betrieb, bei dem die Übernahmspflicht der Molkerei für die in ihm erzeugte Milch auf hartkäsetaugliche Milch beschränkt sei, sei aufgrund verschiedener (in der Einleitung des Spruches zitierter) Verordnungen verboten, weswegen für die vom mitbeteiligten Landwirt übernommene Milch zu Unrecht ein Siloverzichts- und Fütterungsbeschränkungszuschlag ausgezahlt worden sei. In diesem Zusammenhang stellt der geschäftsführende Ausschuß unter
"2. Zahlenmäßige Höhe des Zuschusses" fest:
"Festzustellen ist, daß die zahlenmäßige Höhe des Zuschusses außer Streit steht. Gegenstand dieses Bescheides ist zunächst die Frage der Verfütterung von Biertreber und, ob die Verwendung eines derartigen Futtermittels einen Verstoß gegen die laut obzitierten Verordnungen bestimmten Fütterungsvorschriften darstellt, und in der Folge, sozusagen als Ausfluß dieser Fragen, die Höhe Gesamtbeihilfe für die Geschäftsjahre 1984 bis 1985, welche an die Molkerei S zu gewähren ist."
Abschließend kommt der geschäftsführende Ausschuß zum
"12. Schluß:
Der geschäftsführende Ausschuß hat bei dem festgestellten Sachverhalt und unter Würdigung des Vorbringens der Parteien im Rahmen des Parteiengehörs die Verarbeitungs- und Preisausgleichszuschüsse für die Molkerei S für die Geschäftsjahre 1984 und 1985 sohin spruchgemäß festgesetzt."
Nach der Rechtsmittelbelehrung unterliege dieser Bescheid gemäß §68 Abs2 MOG keinem ordentlichen Rechtsmittel, darauf folgt der Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts.
2. In ihrer Beschwerde legt die beschwerdeführende Molkereigenossenschaft zunächst dar, sie erhebe die Beschwerde nur vorsichtshalber und habe gleichzeitig eine Berufung gegen den angefochtenen Bescheid eingebracht; ihrer Auffassung nach sei die Rechtsmittelbelehrung falsch und gegen den Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses bestehe nach §68 Abs2 MOG die Möglichkeit einer Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, da es sich der Sache nach um die Rückforderung von zu Unrecht gewährten Zuschüssen nach §68 Abs3 MOG handle, nicht aber um die Festsetzung von Zuschüssen.
Der mitbeteiligte Landwirt teilt in einer Äußerung diese Auffassung. Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds hält dem in seiner Gegenschrift folgendes entgegen:
Beim "Siloverzichts- und Fütterungsbeschränkungszuschlag (SVZ)" handle es sich um einen Zuschuß im Sinne des §5 MOG 1985; vor einer allfälligen Rückforderung von Zuschüssen sei es der logisch erste Schritt, daß erst einmal der "Gesamtzuschuß
(= Gesamtbeihilfe)" in seiner tatsächlichen Höhe für ein bestimmtes - strittiges - Geschäftsjahr festgesetzt werde. Da es sich beim angefochtenen Bescheid "um eine bescheidmäßige Festsetzung des Gesamtzuschusses für die Geschäftsjahre 1984 und 1985 infolge Strittigkeit eines Teilbetrages des Zuschusses" handle, ergebe sich aus §68 Abs2 (erster Satz) MOG, daß er keinem ordentlichen Rechtsmittel unterliege.
3. Mit diesen Ausführungen ist der Milchwirtschaftsfonds nicht im Recht:
a) §68 Abs2 MOG 1985 idF der Novelle BGBl. 330/1988 hat folgenden Wortlaut:
"Die Bescheide der Fonds über die Festsetzung von Zuschüssen unterliegen keinem ordentlichen Rechtsmittel; ebenso die Bescheide des Milchwirtschaftsfonds in Angelegenheiten des §16 Abs9 erster Satz sowie die Bescheide des Getreidewirtschaftsfonds in Angelegenheiten des §28 Abs3, 4 und 6, des §29 Abs1 und 4. Gegen sonstige Bescheide ist die Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zulässig."
§68 Abs3 MOG 1985 lautet:
"Die Fonds haben zu Unrecht gewährte Zuschüsse mit Bescheid zurückzufordern."
b) Angesichts des vorhin wiedergegebenen Inhaltes des angefochtenen Bescheides handelt es sich der Sache nach um die Rückforderung von zu Unrecht gewährten Zuschüssen. Schon die Berechnung im Spruch besteht darin, daß vom gewährten Gesamtzuschuß die zu Unrecht gewährten Zuschüsse abgezogen werden. In der gesamten Begründung setzt sich der geschäftsführende Ausschuß ausschließlich mit der Frage auseinander, ob der Molkereigenossenschaft zu Unrecht ein Siloverzichts- und Fütterungsbeschränkungszuschlag für die vom mitbeteiligten Landwirt übernommene Milch gewährt worden sei. Auch die in der Einleitung des Spruches genannten Rechtsnormen beziehen sich fast ausschließlich auf die Verpflichtung zur Herstellung hartkäsetauglicher Milch und die Auszahlung von entsprechenden Zuschüssen. Der ebenfalls genannte §68 Abs3 MOG bildet die Rechtsgrundlage, zu Unrecht gewährte Zuschüsse mit Bescheid zurückzufordern.
Zwar trifft es zu, daß diese Rückforderung von Zuschüssen in die Festsetzung einer neuen "Gesamtbeihilfe" gekleidet wurde und diese überdies mit weiteren Gut- und Lastschriften von Beiträgen nach dem MOG verrechnet wurde (nach §12 Abs3 zweiter Satz MOG können Zuschüsse gegen einen fälligen Ausgleichsbeitrag aufgerechnet werden), doch stellt sich angesichts des Umstandes, daß der Bescheid zu diesen Elementen der Berechnung keinerlei Begründung enthält, die Frage, ob ihnen überhaupt normative Wirkung zukommt oder ob es sich nicht vielmehr bloß um die kontenmäßige Durchführung des Bescheides über die Rückforderung von zu Unrecht gewährten Zuschüssen handelt.
c) Aber selbst wenn man die Auffassung des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds teilt, mit diesem Bescheid würden sämtliche von der Molkereigenossenschaft in den genannten Geschäftsjahren zu entrichtenden Beiträge und Zuschüsse festgesetzt (in der im Spruch enthaltenen Berechnung werden neben der "Gesamtbeihilfe" - die anscheinend aus Zuschüssen minus Ausgleichsbeiträgen besteht -, noch Gut- bzw. Lastschriften an Ausgleichsbeiträgen, Transportkostenbeiträgen und "AFM-Beiträgen (§11 MOG)" genannt), wäre nach §68 Abs2 letzter Satz MOG die Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zulässig:
Bei den in die Berechnung einfließenden Beträgen scheint es sich einerseits um die Ausgleichsbeiträge nach §§3, 4 und 8 MOG, die Werbekostenbeiträge nach §9 MOG und die Beiträge für absatzfördernde Maßnahmen nach §11 MOG, andererseits um Zuschüsse nach §5 MOG zu handeln. Zwischen dem Ausgleichsbeitrag nach §3 und den Zuschüssen besteht nur insoweit ein Zusammenhang, als einerseits nach §5 Abs1 MOG die Einnahmen aus dem Ausgleichsbeitrag für die Zuschüsse zu verwenden sind und andererseits nach §12 Abs1 MOG der Ausgleichsbeitrag nur für den Zeitraum vorgeschrieben werden darf, für den Regelungen über die Gewährung von solchen Zuschüssen bestehen (§12 Abs1); im übrigen werden die Beiträge und Zuschüsse aber rechtlich getrennt geregelt. Grundsätzlich geht das System weiters davon aus, daß die Ausgleichsbeiträge und Zuschüsse zwischen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb und Milchwirtschaftsfonds ohne Erlassung von Bescheiden (laufend) verrechnet werden (vgl. insbes. §12 Abs2 und 3 MOG und den darin enthaltenen Verweis auf die §§211 und 242
BAO).
§68 Abs1 MOG sieht die Erlassung eines Bescheides über die Ausgleichs-, Transportkosten- und Verwaltungskostenbeiträge dann vor, wenn sie nicht rechtzeitig entrichtet werden. Abs2 des §68 nimmt nur die Bescheide der Fonds über die Festsetzung von Zuschüssen vom Instanzenzug an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aus, nicht aber sonstige Bescheide. Da bei Zutreffen der Auffassung des Milchwirtschaftsfonds mit dem angefochtenen Bescheid gleichzeitig aber auch die in §68 Abs1 angesprochenen Ausgleichsbeiträge festgestellt worden wären, bestünde insoweit jedenfalls die Möglichkeit einer Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.
In seinem Bescheid hat nun der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds die Festsetzung von Ausgleichsbeiträgen und die Rückforderung von zu Unrecht gewährten Zuschüssen, gegen die die Möglichkeit einer Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft besteht, untrennbar mit der Festsetzung von Zuschüssen vermengt, die keinem ordentlichen Rechtsmittel unterliegt. Dies hat zur Folge, daß jedenfalls gegen den gesamten Bescheid die Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zulässig ist, da andernfalls dem Betroffenen eine Rechtsschutzmöglichkeit genommen würde, die ihm der Gesetzgeber eingeräumt hat.
4. Da somit gegen den angefochtenen Bescheid noch ein Instanzenzug an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft offensteht, ist die Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG nicht zulässig und gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen sowie der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Marktordnung, Bescheid Trennbarkeit, RechtsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B181.1990Dokumentnummer
JFT_10099388_90B00181_00