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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
KFG 1967 §66 Abs2 lite;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. April 1992, Zl. VerkR-390.473/1-1992/Oe, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von 30 Monaten von der vorläufigen Führerscheinabnahme am 1. Februar 1992 an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Maßnahme wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 1. Februar 1992 gegen 2.10 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer Autobahn im Stadtgebiet von Linz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der falschen Richtungsfahrbahn gelenkt habe, wobei er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe. Nach seiner Anhaltung habe er die Ablegung einer Atemluftprobe verweigert. Die belangte Behörde erblickte in diesem von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt das Vorliegen bestimmter Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e und lit. f KFG 1967.
Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe keinen Verkehrsunfall verschuldet, ist unbeachtlich. Abgesehen davon, daß er das Verschulden eines Verkehrsunfalles (Beschädigen einer Leitschiene) in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid ausdrücklich zugegeben hat, liegt bereits im Verweigern der Atemluftprobe eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967; die Frage, ob der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall verschuldet hat, wäre nur dann (für die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967) von Relevanz, wenn dies die einzige vorliegende bestimmte Tatsache wäre. Nun stellt aber das Befahren einer Autobahn gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung, mithin die Begehung einer Übertretung nach § 46 Abs. 4 lit. a StVO 1960, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich ebenfalls eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 dar (vgl. das Erkenntnis vom 7. April 1992, Zl. 91/11/0116). Ein besonders gelagerter Ausnahmefall im Sinne des zitierten Erkenntnisses, in dem das nicht anzunehmen wäre, liegt hier nicht vor, hat der Beschwerdeführer doch unbestrittenermaßen auf einer Stadtautobahn in Linz auf einer verhältnismäßig langen Strecke mit mehreren Ein- und Ausfahrten (- "fast das gesamte Stadtgebiet von Linz" -) durchfahren und hat er doch auch nach Begegnung mit einem Dienstfahrzeug sein strafbares Verhalten nicht eingestellt, sondern eine "Verfolgungsfahrt" veranlaßt, in deren Verlauf er versucht hat, das Dienstfahrzeug abzudrängen.
Darin liegt eine die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers ausschließende bestimmte Tatsache, sodaß es nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer vor der Verweigerung der Atemluftprobe einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Die belangte Behörde war daher jedenfalls berechtigt, die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers zu entziehen und hatte dabei eine Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 von mehr als vier Wochen zu bemessen.
Die Bemessung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 von der vorläufigen Führerscheinabnahme an entspricht dem § 73 Abs. 4 KFG 1967.
Der Beschwerdeführer führt gegen die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 ins Treffen, daß er gerichtlich unbescholten war und "ein verwaltungsstrafrechtliches Wohlverhalten ... vorangegangen ist, sodaß ... davon auszugehen ist, daß ich ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch bin". Er beruft sich damit der Sache nach auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei einem erstmaligen Alkoholdelikt bei sonstiger Unbescholtenheit von keiner Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden auszugehen ist, die die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 in einer Größenordnung wie der vorliegenden rechtfertigt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Oktober 1991, Zl. 91/11/0069).
Die in dieser Rechtsprechung zum Tragen kommenden Gedanken sind aber auf das Verhalten des Beschwerdeführers nicht anwendbar. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer der Aktenlage nicht verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten ist (so wurde er etwa im Jahr 1987 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft), ist entscheidend, daß er am 1. Februar 1992 neben dem Alkoholdelikt weitere schwere strafbare Handlungen begangen hat. Das bereits erwähnte "Geisterfahren" in Verbindung mit dem Verhalten gegenüber dem Dienstfahrzeug, welches er ebenfalls nicht in Abrede stellt, läßt den Schluß zu, er weise eine Sinnesart auf, nach der er die Kontrolle über sich völlig verlieren und mit seinem Kraftfahrzeug Verhaltensweisen setzen kann, die die Sicherheit des Straßenverkehrs in exorbitantem Ausmaß gefährden. Die bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 vornehmlich heranzuziehenden Wertungskriterien nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 sprechen allesamt gegen den Beschwerdeführer. Vor allem die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die noch durch den vom Beschwerdeführer eingestandenen Alkoholkonsum und Erregungszustand vor Antritt der Fahrt vergrößert wird, sowie die hohe Verwerflichkeit des gesamten Verhaltens des Beschwerdeführers am 1. Februar 1992 rechtfertigen die Annahme, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von 30 Monaten wiedererlangen. Die Kürze der zwischen der Begehung der strafbaren Handlungen und der Entziehung der Lenkerberechtigung mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz verstrichenen Zeit (zwei Tage) vermag ebenfalls für den Beschwerdeführer keine günstigere Beurteilung als geboten erscheinen zu lassen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde keinen Anlaß dafür erblickt hat, eine für den Beschwerdeführer weniger einschneidende Maßnahme zu setzen.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110158.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
24.06.2009