Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ASVG §4 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Tiroler Gebietskrankenkasse in Innsbruck, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des BMAS vom 30.1.1992, Zl. 123.213/5-7/91, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. E, vertreten durch Dr. F, AK für Tirol, 2. V, S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Tiroler Gebietskrankenkasse Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die als Gegenschrift bezeichneten Schriftsätze der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Wien und der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. Jänner 1989 stellte die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse fest, daß die Erstmitbeteiligte vom 1. Oktober 1986 bis 24. Februar 1987 als Zimmermädchen beim zweitmitbeteiligten Dienstgeber (dem Inhaber einer Fremdenpension) nicht der "Sozialversicherungs- und Arbeitslosenversicherungspflicht" unterliege. Nach der Begründung dieses Bescheides sei im Zusammenhang mit einer am 12. August 1988 beim zweitmitbeteiligten Dienstgeber durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, daß für die im genannten Zeitraum gemeldete Erstmitbeteiligte wohl Unterlagen über die entrichteten Sozialversicherungsbeiträge, aber keine Unterlagen über die behauptete Lohnauszahlung vorhanden seien. Niederschriftlich habe die Erstmitbeteiligte angegeben, daß sie als Zimmermädchen bei der inzwischen verstorbenen Ehegattin des Zweitmitbeteiligten (einer Pflegetochter ihrer Großmutter) in der fraglichen Zeit jeweils an sechs Tagen pro Woche täglich zwei Stunden gearbeitet habe. Sie sei täglich mit dem eigenen PKW zur Arbeit gefahren. Sie habe aber lediglich für ihre Abwesenheit (gemeint: vom Wohnort) Zeugen nennen können, nicht aber Zeugen, die in der Lage seien, ihre Beschäftigung zu beweisen. Der Zweitmitbeteiligte habe angegeben, daß er die Erstmitbeteiligte nie gesehen habe, da er selbst seiner Arbeit (ergänze: als Schilehrer) nachgegangen und zur Zeit der Beschäftigung der Erstmitbeteiligten immer außer Haus gewesen sei. Die Arbeiten im Zusammenhang mit der Zimmervermietung seien von seiner im September 1987 verstorbenen Ehegattin verrichtet worden. Auch ein Ansuchen um Verwaltungshilfe an das Gemeindeamt S habe trotz niederschriftlicher Einvernahme des Zweitmitbeteiligten zu keiner Klärung geführt. Dadurch, daß der Zweitmitbeteiligte, der als Dienstgeber in erster Linie die Tätigkeit bezeugen müßte, dieses Zeugnis nicht geben könne (oder wolle), keinerlei Lohnunterlagen auffindbar seien, der verhältnismäßig weite Weg zur Arbeit von R nach S im Zustand der Schwangerschaft wegen zwei Stunden Arbeit (im Herbst bzw. Winter) und der Umstand, daß diese Tätigkeit auch "anderweitig nicht bezeugt" werden könne, fehle es nach Ansicht der Gebietskrankenkasse an der Glaubwürdigkeit für die behauptete Beschäftigung. Die Beschwerdeführerin stelle daher in freier Beweiswürdigung fest, daß zwischen dem Zweitmitbeteiligten und der Erstmitbeteiligten kein Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne bestanden habe und die Anmeldung per 1. Oktober 1986 nur erstattet worden sei, um den Anspruch auf Leistungen aus der Sozialversicherung, die sonst nicht gebührt hätten, zu begründen.
Die erstmitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Darin wird vorgebracht, daß die erstmitbeteiligte Partei vom 1. Oktober 1986 bis 24. Februar 1987 als Zimmermädchen in der Fremdenpension des Zweitmitbeteiligten tätig gewesen sei. Die Führung dieser Pension sei jedoch seiner Ehegattin oblegen, die im September 1987 verstorben sei. Die Erstmitbeteiligte habe im genannten Zeitraum von Montag bis einschließlich Samstag täglich mindestens zwei Stunden, teilweise bei größerem Arbeitsanfall auch länger gearbeitet. Dies sei dann der Fall gewesen, wenn An- oder Abreisetermine angefallen seien. Sie sei von der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten ersucht worden, ihr zu helfen, weil diese selbst nach zwei Schlaganfällen sehr kränklich gewesen sei und sich ihr Gesundheitszustand immer mehr verschlechtert habe. Die Erstmitbeteiligte habe alle Arbeiten eines Zimmermädchens, wie Putzen, Bügeln, Staubsaugen, Waschen u.dgl. zu erledigen gehabt. An Lohn habe sie S 2.500,-- netto erhalten. Auch wenn die Beschwerdeführerin behaupte, daß keine Lohnzettel ausgefolgt worden seien, so werde dem entgegengehalten, daß die Lohnabrechnung tatsächlich durch ein näher bezeichnetes Steuerberaterbüro erfolgt sei. Die Erstmitbeteiligte habe sich die entsprechenden Unterlagen besorgt, welche dem Einspruch beigeschlossen würden. Die Kinder der Erstmitbeteiligten seien während deren Berufstätigkeit teilweise durch die Schwiegereltern, teilweise aber auch durch die Eltern in S beaufsichtigt worden. Dem Einspruch lag ein Lohnkonto mit der Stampiglie der im Einspruch bezeichneten Steuerberaterin und lautend auf den Namen der erstmitbeteiligten Partei bei, sowie als "Abrechnung" bezeichnete Formulare mit dem Namen der Erstmitbeteiligten, worin für einzelne Monate Bruttobezüge von jeweils S 3.000,--, eine Summe der Sozialversicherungsabzüge von S 498,-- und ein ausgezahlter Betrag von S 2.502,-- ausgewiesen ist. Diese Formulare enthalten keine Unterschrift der Erstmitbeteiligten. Im Einspruch wurde ferner die Einvernahme der Steuerberaterin sowie der (namentlich näher bezeichneten) Eltern und Schwiegereltern der erstmitbeteiligten Partei beantragt.
Nach Einvernahme der erstmitbeteiligten Partei und der beantragten Zeugen wies der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 26. April 1991 den Einspruch als unbegründet ab. Nach einer Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Ergebnisse der durchgeführten Einvernahmen führte die Einspruchsbehörde aus, daß alle Zeugen übereinstimmend die Darstellung der Erstmitbeteiligten bestätigt hätten. Diese Aussagen seien jedoch - aus Gründen, die von der Einspruchsbehörde näher dargelegt wurden - ebensowenig glaubwürdig, wie die Angaben der Erstmitbeteiligten. Insbesondere sei unglaubwürdig, daß die Erstmitbeteiligte mit keiner der vernommenen Personen über ihre Sozialversicherung gesprochen haben will, daß das erhaltene Entgelt kaum höher als die Benzinkosten für die tägliche Fahrt zur Arbeitsstätte gewesen sei und sich dieser Aufwand bei nur fallweiser Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels noch zusätzlich erhöhe. Gehe man daher davon aus, daß die Erstmitbeteiligte sechsmal wöchentlich die Fahrt von R nach S und zurück durchgeführt habe, so könne die Zahlung von S 2.500,-- monatlich nur als teilweiser Ersatz des Fahrtkostenaufwandes angesehen werden.Angesichts der familienhaften Beziehungen der Erstmitbeteiligten und der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten könne allenfalls von familienhafter Mithilfe gesprochen werden. Unglaubwürdig sei auch, daß die Erstmitbeteiligte während der gesamten Zeit ihrer Beschäftigung durchgehend zwei Stunden täglich, am Samstag drei Stunden gearbeitet haben soll, obwohl nach Auskunft des Fremdenverkehrsverbandes im ersten Monat ihrer Tätigkeit nur 26 Nächtigungen (in der Fremdenpension des Zweitmitbeteiligten) angefallen seien, während es im Jänner 1987 und im Februar 1987 236 und 264 Nächtigungen gewesen seien. Dem Hinweis der Beschwerdeführerin anläßlich der mündlichen Verhandlung, daß die geringen Nächtigungszahlen im Oktober und November 1986 wohl kaum eine tägliche Mithilfe erforderlich gemacht hätten, habe die Erstmitbeteiligte damit zu entkräften versucht, daß sie, abweichend von allen bisherigen Behauptungen, nicht nur eine unterschiedliche tägliche Arbeitszeit, sondern auch die Mithilfe im Haushalt der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten behauptet habe. Dies wiederum bestätige die familienhafte Mithilfe. Unglaubwürdig sei auch, daß sich der Zweitmitbeteiligte in keiner Weise um das Fremdenheim gekümmert haben soll, während das "ersatzlose Ausscheiden der Erstmitbeteiligten aus dem Betrieb" gerade in der Hochsaison damit erklärt werde, daß der Zweitmitbeteiligte dann eben selbst die Arbeit verrichtet hätte, und dies gerade zu der Zeit, als er tatsächlich als Schilehrer am meisten beschäftigt sein mußte. "Vollends" gegen die Darstellung der Erstmiteiligten spreche aber, daß nach den unwiderlegten Erhebungen der Beschwerdeführerin zwar die Sozialversicherungsbeiträge für die Erstmitbeteiligte und auch die Löhne, die an die (später) geringfügig Beschäftigten ausbezahlt worden seien, in den Büchern des Fremdenheimes aufschienen, nicht jedoch die angeblich regelmäßig geleisteten Zahlungen von S 2.500,-- monatlich an die Erstmitbeteiligte. Für diesen Umstand hätten weder die Erstmitbeteiligte noch die Zeugen, die übereinstimmend auf die große Ordentlichkeit und Verläßlichkeit der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten verwiesen hätten, irgendeine Erklärung abgegeben. Aufgrund der gegebenen Beweislage sei daher dem Hinweis der Beschwerdeführerin zu folgen, daß die Erstmitbeteiligte lediglich auf Grund der familiären Beziehungen zur Ehegattin des Zweitmitbeteiligten in dem von ihr geführten Fremdenheim ohne Entgeltanspruch ausgeholfen habe, wobei es unerheblich sei, ob tatsächlich ein zumindest teilweiser Fahrtkostenersatz geleistet worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die erstmitbeteiligte Partei Berufung. Die belangte Behörde veranlaßte zunächst die ergänzende Einvernahme der Steuerberaterin des Zweitmitbeteiligten im Rechtshilfeweg, gab sodann mit Bescheid vom 30. Jänner 1992 der Berufung Folge und stellte fest, daß die erstmitbeteiligte Partei in der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis 24. Februar 1987 aufgrund ihrer Beschäftigung als Zimmermädchen beim Zweitmitbeteiligten als Dienstgeber gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Versicherungspflicht nach der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung unterlegen sei. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der von der belangten Behörde angewendeten Rechtsvorschriften sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, führt die belangte Behörde folgendes aus:
"Unbestritten blieb, daß die von (der Erstmitbeteiligten) behauptete Tätigkeit als Zimmermädchen eine Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit darstellt. Bestritten wurde, daß (die Erstmitbeteiligte) diese Tätigkeit tatsächlich im angegebenen arbeitszeitlichen Ausmaß und gegen das angegebene Entgelt verrichtete. Legt man nunmehr die Aussagen (der Erstmitbeteiligten), ihres Gatten, ihrer Eltern sowie ihrer Schwiegereltern zugrunde, so ergibt sich daraus, daß (die Erstmitbeteiligte) während des gegenständlichen Zeitraumes von Montag bis Samstag täglich von R nach S gefahren ist und dort zwei bis drei Stunden im Hotelbetrieb Fremdenheim sowie im Haushalt (der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten) Hausarbeiten wie Aufbetten, Staubsaugen, Reinigen von Dusche und WC, Wäschewaschen, Wäschaufhängen und Bügeln verrichtet hat, dies gegen ein Entgelt von S 2.500,-- netto monatlich.
Diese Arbeiten werden (vom Zweitmitbeteiligten) in keiner
seiner Aussagen in Abrede gestellt. (Der Zweitmitbeteiligte)
gibt vielmehr an, daß er sich während der Arbeitszeit (der
Erstmitbeteiligten) berufsbedingt nie daheim aufgehalten habe
und somit mit der Buchhaltung und Geschäftsgebarung des
Fremdenheimes zu dieser Zeit nichts zu tun hatte. Jedoch sei
ihm durchaus bekannt gewesen, daß (die Erstmitbeteiligte) bei
seiner Frau aushalf. Auch, daß der befragte Nachbar (die
Erstmitbeteiligte) nicht regelmäßig bei der Arbeit beobachtet
hat, ist nach ho. Ansicht nicht geeignet, Zweifel hinsichtlich
der Tatsache der Beschäftigung zu begründen, da die
gegenständlichen Hausarbeiten üblicherweise allein, unter
Anweisung der Dienstgeberin verrichtet werden. Auch kann den
niederschriftlich festgehaltenen Aussagen (der
Erstmitbeteiligten) nicht entnommen werden, daß diese bezüglich
ihrer Arbeitszeit tatsächlich widersprüchliche Angaben gemacht
hat: (Die Erstmitbeteiligte) gibt anläßlich der o.a. mündlichen
Verhandlung auf die schwankenden Nächtigungszahlen
angesprochen an, sie habe von Zeit zu Zeit auch länger
gearbeitet, oder, wenn es die geringen Nächtigungszahlen
erlaubten, (der Ehegattin des Zweitmitbeteiligten) im eigenen
Haushalt geholfen. Die Glaubwürdigkeit (der Erstmitbeteiligten)
ist angesichts dieses Vorbringens, das sie erst machte, als sie
darauf angesprochen wurde, nicht erschüttert. Vielmehr ist nach
ho. Ansicht anzunehmen, daß (die Erstmitbeteiligte) es vorerst
nicht für erforderlich hielt, zu differenzieren, welche
Hausarbeiten sie für den Hotelbetrieb und welche Hausarbeiten
sie für den privaten Haushalt (der Ehegattin des
Zweitmitbeteiligten) verrichtete. Daß (die Erstmitbeteiligte)
die Mithilfe im Haushalt ... offenbar auch schon anläßlich
ihrer Einvernahme bei der ... Gebietskrankenkasse am
30. August 1988 berücksichtigt hat, ist nach ho. Ansicht daraus zu erkennen, daß sie dabei angab, sie habe sechs Doppelzimmer und zwei Einbettzimmer saubergehalten. (Der Zweitmitbeteiligte) gibt anläßlich seiner Einvernahme bei der Tiroler Gebietskrankenkasse am 30. August 1988 an, der Hotelbetrieb umfasse fünf Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer. Auch ist nach ho. Ansicht aus der Tatsache, daß (die Erstmitbeteiligte) auch im Haushalt mithalf, keineswegs auf familienhafte Mitarbeit oder auf eine bloß auf Gefälligkeit beruhende Beschäftigung zu
schließen. Wie ... dargelegt, ist auch die Verpflichtung der
Dienstnehmerin, ihre Arbeitskraft je nach Arbeitsanfall regelmäßig in nennenswertem Umfang nach den Weisungen der Dienstgeberin zur Verfügung zu stellen, als arbeitszeit- und weisungsgebunden zu beurteilen. (Der Zweitmitbeteiligte) hat in Übereinstimmung mit (der Steuerberaterin) glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, daß er bis kurz vor dem Tod seiner Frau alle Belange des Fremdenheimes ihr überlassen hat und allein aufgrund seiner berufsbedingten Abwesenheit nicht in der Lage war, (die Erstmitbeteiligte) bei ihrer Arbeit zu beobachten. Darin, daß (der Zweitmitbeteiligte) sich während des gegenständlichen Zeitraumes noch nicht um die Belange des Fremdenheimes kümmerte, jedoch ab Sommer 1987 und nach dem Tod seiner Frau dieses weiterführte und selbst mithalf, erblickt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales keinen Widerspruch oder Anhaltspunkt dafür, die Glaubwürdigkeit seiner Angaben zu bezweifeln. Auf die Frage, an welchem Zeitpunkt die Dienstgeberin von der Schwangerschaft wußte, ist im Hinblick
auf die ... Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht näher
einzugehen. Hinsichtlich des weiten Fahrweges zum und vom Arbeitsplatz erscheint es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nachvollziehbar, daß (die Erstmitbeteiligte) angesichts der familienhaften Nahebeziehung die genannten Arbeiten zusagte, ohne sich bessere Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Die Entgeltlichkeit der von ihr verrichteten Tätigkeit ist jedoch aus diesem Grunde nicht in Abrede zu stellen. Selbst wenn man davon ausgeht, daß (die Erstmitbeteiligte) die schlechten bis gänzlich unrentablen Arbeitsbedingungen in Kauf genommen hat, um sich die erforderlichen Versicherungszeiten für den Anspruch auf Wochen- und Karenzgeld zu erwerben, kann dies nach ho. Ansicht nicht als Argument gegen das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gelten: Jeder Erwerb von Versicherungszeiten geschieht letztlich aus dem Motiv, im Versicherungsfall Anspruch auf Leistungen aus der Sozialversicherung zu haben ... Auch daß (die Erstmitbeteiligte) die ungünstigen Bedingungen hinsichtlich Fahrtweg und Gehalt bzw. die Sozialversicherung, mit den vernommenen Zeugen nicht eingehend besprochen hat, läßt sie angesichts ihrer Angaben in der o.a. mündlichen Verhandlung keineswegs unglaubwürdig erscheinen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der Beweiswürdigung des Landeshauptmannes von Tirol in diesen Punkten daher nicht fol Dem Einwand der Tiroler Gebietskrankenkasse, im Fremdenheim seien in der Folge des Ausscheidens (der Erstmitbeteiligten) nur geringfügig beschäftigte Personen mit zwei bis drei Arbeitstagen pro Woche aufgenommen worden, einem Arbeitszeitausmaß, das weit unter der von (der Erstmitbeteiligten) angegebenen Arbeitszeit liege, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Kenntnis der Arbeitszeit der einzelnen Tage keine Bedeutung beimessen. Da ferner das Entgelt (der Erstmitbeteiligten) nicht wesentlich über der Geringfügigkeitsgrenze der Jahre 1986 und 1987 lag, kann nach ho. Ansicht auch die Einstellung geringfügig Beschäftigter in der Folge als glaubwürdige Ersatzkraftstellung angesehen werden. Wie sich darüber hinaus aus den Angaben (der Steuerberaterin) ergibt, wurden bei größerem Bedarf stets zwei geringfügig beschäftigte Dienstnehmerinnen nebeneinander aufgenommen. Auch daß (der Zweitmitbeteiligte) angesichts der besonderen Umstände, nach dem Ausscheiden (der Erstmitbeteiligten) beschloß, selbst im Fremdenheim mitzuhelfen und die Schilehrertätigkeit hintanzustellen - er gibt anläßlich seiner Vernehmung am 30. August 1988 an, nunmehr im Winter teilweise als Schilehrer tätig zu sein - ergibt nach ho. Ansicht ein nachvollziehbares Bild. Daß die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerinnen laut Wahrnehmung des Beitragsprüfers erst ab 1987 in der Hauptsaison aufscheinen, bestätigt diese Annahme. Die Frage der Ersatzkraftstellung erscheint dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales somit ausreichend beantwortet.
Die unvollständigen Aufzeichnungen in den Journalen sowie die verspätete Vorlage der Lohnauszahlungsbelege - erst auf Dringen der Arbeiterkammer Tirol - hält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für kritikwürdig, jedoch ist nach ho. Ansicht in diesem Punkt der Arbeiterkammer Tirol zu folgen, wonach diese Unregelmäßigkeiten nicht zum Nachteil der Dienstnehmerin ausgelegt werden dürfen, dies insbesondere angesichts der sonst glaubhaften Darstellung ihres Beschäftigungsverhältnisses. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die von der Tiroler Gebietskrankenkasse und vom Landeshauptmann von Tirol vorgebrachten Gründe nach ho. Ansicht nicht dazu geeignet sind, die Angaben (der Erstmitbeteiligten) hinsichtlich Art und Umfang ihrer Beschäftigung zu entkräften."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gebietskrankenkasse, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten mit dem Bemerken vor, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt und die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter schlossen sich in ihrer jeweils als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsätzen der Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse an und beantragten, der Beschwerde Folge zu geben. Da ihre rechtlichen Interessen somit durch einen Erfolg der Anfechtung nicht berührt würden, sind sie nicht mitbeteiligte Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des S 21 Abs. 1 VwGG. Ihre im Ergebnis gegen den angefochtenen Bescheid gerichteten Schriftsätze waren daher - gleich verspäteten Beschwerden - zurückzuweisen, weil das VwGG einen Eintritt als Mitbeteiligte auf seiten des Beschwerdeführers nicht kennt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 165, erster Absatz, zitierte Rechtsprechung).
Über die Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerin aus den Beweggründen, aus denen ihrer Meinung nach das hier strittige Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde (nämlich: zur Herstellung der Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft), Schlußfolgerungen für deren rechtliche Bewertung als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ableiten will, ist ihr nicht zu folgen. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt (vgl. die Erkenntnisse vom 22. Oktober 1987, Zl. 83/08/0119, und vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242, und vom 16. Juni 1992, Zl. 87/08/0310) zum Ausdruck gebracht hat, ändert auch der Umstand, daß ein Beschäftigungsverhältnis ausschließlich oder überwiegend zur Schaffung der Voraussetzungen für die Erlangung von Leistungen z.B. aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft eingegangen wurde, nichts daran, daß - bei Vorliegen aller sonst erforderlichen Merkmale - ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt. Auf die nähere Begründung dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Selbst wenn daher feststünde, daß die Ehegattin des Zweitmitbeteiligten (die unbestrittenermaßen für diesen den Betrieb führte und ihn damit auch dann als Dienstgeber verpflichtete, wenn er von den näheren Umständen der Beschäftigung der Erstmitbeteiligten keine Kenntnis gehabt haben sollte; vgl. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0222) die Erstmitbeteiligte nur deshalb als Dienstmädchen beschäftigt hat, um ihr bei Fehlen einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit die Erlangung der Anwartschaft für Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft zu ermöglichen, so wäre damit für die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse nichts gewonnen. Auch die Vereinbarung eines (gemessen an den Aufwendungen des Dienstnehmers, wie z.B. Fahrtspesen) niedrigen Entgelts schließt das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG nicht aus (vgl. das Erkenntnis vom 12. Februar 1988, Zl. 87/08/0036). Anders wäre es freilich, wenn in Wahrheit kein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorgelegen, sondern nur - zum Schein - eine Anmeldung zur Sozialversicherung erstattet worden wäre. Von einem solchen Sachverhalt geht aber die belangte Behörde nicht aus, sodaß die auf dem Boden der Feststellungen der belangten Behörde erhobene Rechtsrüge der Beschwerdeführerin unbegründet ist.
Die Beschwerdeführerin stellt allerdings in den Vordergrund ihrer Beschwerde jene Ausführungen, nach denen sie sich der Sache nach in ihrem Recht auf ein mängelfreies Verfahren verletzt erachtet: Die Beweiswürdigung der belangten Behörde verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen die Denkgesetze.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der im § 45 Abs. 2 AVG zum Ausdruck kommende Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Diese Bestimmung hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere auch nicht gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber keineswegs eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt auch insoweit nicht gebunden, als dieser in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Ergänzung bedarf oder bei seiner Ermittlung Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Ermittlung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ein Bescheid, der entgegen der Vorschrift des § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen nicht klar und übersichtlich zusammenfaßt, bedarf hinsichtlich des Sachverhaltes einer Ergänzung und ist, sofern durch diesen Mangel die Parteien in der Verfolgung ihrer Rechte beeinträchtigt sind, mit einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG behaftet (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A, und die seither ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst das Abgehen der belangten Behörde von den Tatsachenfeststellungen des Landeshauptmannes von Tirol (als Einspruchsbehörde), wobei eingehend dargelegt wird, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin DESSEN ERWÄGUNGEN für überzeugend hält, daß im Beschwerdefall kein (als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG verstandenes) Dienstverhältnis begründet werden sollte, sondern eine Mithilfe zugunsten der kranken Ehegattin des Zweitmitbeteiligten durch die "Verwandtschaft" beabsichtigt gewesen sei.
Damit bewegt sich die Beschwerdeführerin jedoch - vor dem Hintergrund der eben dargestellten Rechtslage - nicht im Bereich zulässiger verwaltungsgerichtlicher Kontrolle: Selbst wenn man die Schlüssigkeit der Erwägungen der Einspruchsbehörde unterstellt, wird mit diesem Hinweis kein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Verstoß des ANGEFOCHTENEN Bescheides aufgezeigt, weil aus dem bloßen Abweichen von der Beweiswürdigung der Einspruchsbehörde noch nicht die Unschlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde folgt. Wenn es nachvollziehbare, mit den Denkgesetzen übereinstimmende Gründe für jede von mehreren in Betracht kommenden Sachverhaltsvarianten gibt, so hat die belangte Behörde nach freier Überzeugung (§ 45 Abs. 2 AVG) auch zu entscheiden, welchen der in Betracht kommenden Sachverhaltsvarianten sie den Vorzug gibt (und dies nachvollziehbar zu begründen), ohne daß ihr der Verwaltungsgerichtshof darin entgegentreten könnte; welche Sachverhaltsversion (im Sinne ihrer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit) richtig ist, unterliegt insoweit nicht der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 4. Juni 1982, Zl. 81/08/0108, uva.).
Die Schlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde vorausgesetzt, ist es daher auch unerheblich, ob aufgrund der Aussage der Steuerberaterin für sich allein genommen "ein Abgehen von der von den Unterbehörden festgestellten
Entscheidungsgrundlagen ... gerechtfertigt werden kann". Soweit
die Beschwerdeausführungen aus den (tatsächlich oder vermeintlich) "besseren Argumenten" der Einspruchsbehörde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abzuleiten suchen, ist ihnen daher nicht zu folgen.
Gegen die Schlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde bringt die Beschwerdeführerin darüberhinaus vor, daß zwischen den Parteien ein Entgelt vereinbart gewesen sei, welches nicht einmal die tatsächlichen Aufwendungen der erstmitbeteiligten Partei gedeckt habe. Dies widerspreche vielmehr den Erfahrungen des täglichen Lebens. Zumindest wären die Ursachen für dieses Verhalten der Erstmitbeteiligten festzustellen gewesen.
Die belangte Behörde ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, daß die Erstmitbeteiligte angesichts der familienhaften Nahebeziehung die genannten Arbeiten zugesagt habe, ohne sich bessere Arbeitsbedingungen auszuhandeln (gemeint offenbar: ohne auf eine höhere Stundenzahl der Arbeitsverpflichtung zu drängen). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann diese Erwägung nicht als unschlüssig erkannt werden.
Schließlich macht die Beschwerdeführerin als "weitere Ungereimtheit" geltend, daß sich über die Auszahlung des Entgelts keine Eintragung im Kassenjournal finde; auch gebe es keine (ergänze: durch Unterschrift der erstmitbeteiligten Partei bestätigten) Lohnauszahlungsbelege. Daraus leitet die Beschwerdeführerin ab, daß überhaupt kein Entgelt bezahlt worden sei, zumal bei anderen "Aushilfskräften" jeweils eine Buchung habe vorgefunden werden können. Im Zusammenhang mit den anderen "Ungereimtheiten" dränge sich der Verdacht auf, daß überhaupt kein Geldfluß "beabsichtigt" gewesen sei.
Von diesem Sachverhalt ist die Beschwerdeführerin nicht nur in dem von ihr erlassenen erstinstanzlichen Bescheid vom 31. Jänner 1989 ausgegangen, sie hat daran auch in ihrer Stellungnahme vom 27. Februar 1989 zum Einspruch der erstmitbeteiligten Partei und in ihrer im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahme vom 28. Oktober 1991 (zur Aussage der Steuerberaterin) hingewiesen.
Die Beweiswürdigung der Behörde in diesem Punkt wäre nur dann schlüssig (und insoweit der Prüfung des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung, ob nicht auch andere Schlüsse aus den aktenkundigen Tatsachen gewonnen werden könnten, entzogen), wenn alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden und die Behörde bei der Würdigung dieser Umstände (bzw. bei Gewinnung ihrer Schlußfolgerungen) deren Gewicht (auch im Verhältnis untereinander) nicht verkannt hat. Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes für die Beurteilung der Frage, ob Umstände in diesem Sinne objektiv geeignet (und daher zu berücksichtigen) sind und ob ihr Gewicht (an sich oder im Verhältnis zu anderen Sachverhaltselementen) verkannt wurde, sind die Gesetze der Logik und des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes (zum Erfordernis der Vollständigkeit der in die Beweiswürdigung einbezogenen Umstände im Sinne der Auseinandersetzung auch mit widersprechenden Beweisergebnissen vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29. Februar 1980, Zl. 1928/78, vom 26. Mai 1983, Zl. 82/08/0141, vom 16. Jänner 1986, Zl. 85/08/0143, vom 21. April 1986, Zl. 84/08/0229, uva.; zum Erfordernis der zutreffenden Gewichtung z.B. von Widersprüchen vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1982, Zl. 81/08/0119, oder bei Beurteilung des "inneren Wahrheitsgehaltes" vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1989, Zl. 87/09/0009; zum Erfordernis "hinreichende und sichere Anhaltspunkte" vgl. das Erkenntnis vom 28. September 1978, Zl. 1013, 1015/76; zur Überbewertung des Nichterinnerns von Zeugen nach 40 Jahren vgl. die Erkenntnisse vom 13. März 1981, Zl. 08/2344/79, und vom 11. Dezember 1981, Zl. 08/2616/80).
Bezogen auf das - von den mitbeteiligten Parteien gar nicht bestrittene - Sachverhaltselement des Fehlens der Verbuchung der behaupteten Entgeltzahlungen im Kassenjournal vertritt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, daß dies zwar kritikwürdig sei, jedoch nicht zum Nachteil der erstmitbeteiligten Partei (als Dienstnehmerin) ausgelegt werden dürfe, "dies insbesondere angesichts der glaubhaften Darstellung ihres Beschäftigungsverhältnisses". Damit hat die belangte Behörde jedoch den (zur Widerlegung der behaupteten Entgeltzahlung objektiv geeigneten) Umstand der fehlenden Buchung in ihre Beweiswürdigung nicht einbezogen, sondern unter Hinweis darauf, daß Unregelmäßigkeiten des Dienstgebers dem Dienstnehmer nicht angelastet werden dürften, daraus ausgeklammert. Diese Erwägung der belangten Behörde ist jedoch solange nicht schlüssig, als nicht feststeht, daß es sich tatsächlich um eine Unregelmäßigkeit des Dienstgebers gehandelt hat. Letzteres kann aber nur dann bejaht werden, wenn das Entgelt tatsächlich geleistet, bloß aber nicht verbucht wurde. Die Erwägung der belangten Behörde, mit welcher sie die Unvollständigkeit des Kassenjournals aus ihrer Beweiswürdigung gleichsam ausgeblendet hat, beruht somit insoweit auf einem Zirkelschluß, als der (erst) zu beweisende Umstand (tatsächliche Lohnauszahlung an die erstmitbeteiligte Partei) der Erwägung, es liege eine Unregelmäßigkeit des Dienstgebers vor, gedanklich bereits zugrundegelegt wird. Der Verwaltungsgerichtshof fügt dem zur Vermeidung von Mißverständnissen bei, daß er von keinem (einer Beweisregel gleichkommenden) Grundsatz des Inhaltes ausgeht, daß aus dem Fehlen von Aufzeichnungen zwingend auf das Unterbleiben der Leistung geschlossen werden muß. Dieser Umstand darf aber bei der Beweiswürdigung nicht zur Gänze vernachlässigt werden. Angesichts der Umstände des Beschwerdefalles kann auch nicht von vornherein davon gesprochen werden, daß die Frage, ob der Erstmitbeteiligten der ihr gebührende Lohn tatsächlich ausbezahlt wurde, für die weitere, von der Beschwerdeführerin während des gesamten Verfahrens ins Spiel gebrachte Frage, ob nicht eine bloße Scheinanmeldung erstattet wurde, ohne Bedeutung ist.
Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem (objektiv vorliegenden) Widerspruch in den Aufzeichnungen im Kassenjournal des Zweitmitbeteiligten (Fehlen von Aufzeichnungen über die Lohnauszahlung, hingegen Vorhandensein von Aufzeichnungen über die tatsächlich überwiesenen Sozialversicherungsbeiträge) auseinandersetzen müssen, wobei ihr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Verpflichtung obliegt, alle ihr sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen und insbesondere alle Umstände zu erheben, die sich nach der Sachlage anbieten oder als sachdienlich erweisen könnten (vgl. das Erkenntnis vom 22. Oktober 1986, Zl. 86/09/0139, u.a.). In diesem Zusammenhang wären Versuche zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes in diesem Punkt, wie zum Beispiel Feststellungen darüber, wer das Kassenjournal geführt hat und aufgrund welcher Belege (bzw. Buchungsanweisungen) die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge darin verbucht worden ist (woraus wieder Rückschlüsse für die Ursachen des Unterbleibens der Verbuchung der behaupteten Lohnauszahlungen gezogen werden könnten), zweckdienlich gewesen.
Da sich somit die Erwägungen der belangten Behörde in einem (zumindest für die Vollständigkeit der bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigenden Umstände) entscheidungswesentlichen Punkt als nicht schlüssig erweisen, war der angefochtene Bescheid aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungDienstnehmer Begriff Beschäftigung gegen EntgeltSachverhalt SachverhaltsfeststellungBegründung Begründungsmangelfreie BeweiswürdigungSachverhalt VerfahrensmängelBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelVerfahrensbestimmungen Beweiswürdigung AntragMitarbeit von AngehörigenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992080071.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
02.07.2015