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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1332;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über den Antrag des K in R, Deutschland, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der der Beschwerde gegen den Bescheid des UVS in Tirol vom 5.11.1991, Zl. 11/86-3/1991, betreffend Übertretung der StVO (hg. Zl. 92/03/0007), anhaftenden Mängel, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluß vom 25. März 1992, Zl. 92/03/0007-5, das Verfahren betreffend die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. November 1991 gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG ein, weil der Antragsteller der mit 24. Jänner 1992 an ihn ergangenen Aufforderung, die Mängel der gegen den vorbezeichneten Bescheid eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen war.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Mängelbehebungsfrist im wesentlichen mit folgender Begründung:
Die seit mehreren Jahren in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdevertreters beschäftigte Sekretärin habe den Auftrag, die eingehenden Schriftstücke mit dem Eingangsstempel zu versehen, sie zu überprüfen, den Termin oder die Frist einzutragen und sodann die Schriftstücke dem Rechtsanwalt zur Überprüfung der Eintragung vorzulegen. Im vorliegenden Fall sei die Sekretärin der Meinung gewesen, sie könne den Mangel selbst beheben und sei daher dem Auftrag auf Vorlage nicht nachgekommen. Nach ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 13. April 1992 habe die Sekretärin nach Behebung des Mangels die Frist eintragen und den Beschwerdevertreter von der bereits erfolgten Erledigung unterrichten wollen. Sie habe den Akt auf ihren Schreibtisch gelegt, wo nicht nur die Weiterleitung an den Verwaltungsgerichtshof unterblieben, sondern der Akt irrtümlich abgelegt worden sei. Dies stelle ein unabwendbares und unvorhersehbares Versehen dar, wobei auch kein Eigenverschulden des Rechtsvertreters vorliege.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein minderer Grad des Versehens liegt aber nicht vor, wenn der Antragsteller oder sein Vertreter - dessen Verschulden nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Verschulden der Partei selbst an der Fristversäumung gleichzuhalten ist - auffallend sorglos gehandelt hat. Dies wäre der Fall, wenn eine der genannten Personen die im Verkehr mit den Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten ihr zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen hätte (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 21. Mai 1992, Zl. 92/17/0079). Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten von Rechtsanwälten sind diesen zuzurechnen und ermöglichen nur dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz der Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht des Anwaltes bei der Kontrolle der Termin- und Fristenevidenz und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten unterlaufen und eine durch die konkreten Umstände des Einzelfalles bedingte entschuldbare Fehlleistung gewesen sind (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 17. Mai 1990, Zl. 90/06/0062).
Von einem solchen bloß minderen Grad des Versehens kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der Fristenkontrolle ist vom Rechtsvertreter ein besonderes Augenmerk zu widmen. Daher hat er auch durch entsprechende Kontrollmaßnahmen sicherzustellen, daß ihm tatsächlich die gesamte eingehende Post täglich vorgelegt wird. Im ganzen Wiedereinsetzungsantrag findet sich kein Hinweis darauf, daß der Vertreter des Antragstellers allgemein oder im besonderen Falle der ihn treffenden Überwachungspflicht nachgekommen ist bzw. welche Kontrollmaßnahmen er überhaupt hiezu eingerichtet hat. Die Weisung allein, daß ihm die Schriftstücke vorzulegen sind, ohne entsprechende Kontrolle, ist nicht ausreichend (vgl. zum Ganzen die bereits oben zitierten hg. Beschlüsse sowie das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1992, Zl. 92/03/0093).
Des weiteren ist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG die versäumte Handlung gleichzeitig nachzuholen. Dies wurde hier unterlassen, da anstelle der laut Mängelbehebungsauftrag erforderlichen weiteren Ausfertigung der Beschwerde für die Tiroler Landesregierung lediglich die Ablichtung eines Beschwerdeschriftsatzes vorgelegt wurde, der nicht - auch nicht in Ablichtung - die Unterschrift des als Vertreters des Beschwerdeführers einschreitenden Rechtsanwaltes trägt. Eine solche Ablichtung kann jedoch nicht als Ausfertigung im Sinne des § 24 Abs. 1 VwGG angesehen werden (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 27. Mai 1986, Zl. 86/03/0087, und vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0182).
Aus all diesen Gründen konnte sohin dem Antrag nicht stattgegeben werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992030104.X00Im RIS seit
18.11.1992Zuletzt aktualisiert am
15.04.2010