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L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
BO Wr 1967 §6a Abs2 Z2 idF 1990/054;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Spruchabschnitt 2.) des Bescheides des Berufungssenates der Stadt Wien vom 19. Juni 1990, Zl. MA 2/65/90, betreffend Pensionsbeiträge nach der Wiener Besoldungsordnung 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen, insbesondere des angefochtenen Bescheides, geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien. Nach der Geburt seines Kindes am 11. Dezember 1987 sorgte zunächst seine Ehegattin für das Kind. In der Zeit vom 1. September 1988 bis zum 31. August 1989 konsumierte der Beschwerdeführer den ihm nach § 44 Abs. 1 der Wiener Dienstordnung 1966 (im folgenden DO) gewährten Karenzurlaub.
Mit Bescheid vom 29. März 1990 stellte der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2 - Personalamt) gemäß § 6a Abs. 1 der Wiener Besoldungsordnung 1967 (im folgenden BO) fest, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1989 einen Pensionsbeitrag in der Höhe von S 17.579,56 zu entrichten habe.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er werde durch die Vorschreibung des Pensionsbeitrages für die Zeit seines Karenzurlaubes ungleich behandelt, ohne daß hiefür eine sachliche Grundlage bestehe. Weibliche Beamte hätten nämlich während der Zeit des Karenzurlaubes keinen Pensionsbeitrag zu bezahlen.
Mit dem Spruchabschnitt 2 des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 19. Juni 1990 wies der Berufungssenat der Stadt Wien (belangte Behörde) die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Begründend führte die belangte Behörde zur behaupteten Ungleichbehandlung gegenüber weiblichen Bediensteten im wesentlichen aus, eine solche bestehe im Beschwerdefall lediglich für den Zeitraum vom 1. September 1988 bis zum 11. Dezember 1988 (erster Geburtstag des Kindes), da Beamtinnen für diesen Zeitraum keinen Pensionsbeitrag leisten müßten und auch der Lauf der Dienstzeit nicht gehemmt wäre. Diese Ungleichbehandlung sei aber im Gesetz vorgesehen und für die Behörde zwingend; sie sei bislang als sachlich gerechtfertigt angesehen worden. Eine Anwendung des Elternkarenzurlaubsgesetzes (EKUG) sei nicht möglich, da die Beamten der Gemeinde Wien von dessen Geltungsbereich ausgenommen seien; selbst bei (grundsätzlicher) Anwendbarkeit des EKUG wäre diese Vorschrift im Beschwerdefall auch deshalb nicht heranzuziehen gewesen, weil das EKUG die Geburt des Kindes nach dem 1. Jänner 1990 voraussetze, die Geburt des Kindes des Beschwerdeführers jedoch schon am 11. Dezember 1987 erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom 10. Juni 1992, B 1009/90, ablehnte. Der Verfassungsgerichtshof begründete seinen Ablehnungsbescheid im wesentlichen damit, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (soweit es etwa den dem Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz offengelassenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Gestaltung des Dienst- und Besoldungsrechtes betreffe: VfSlg. 9607/1983, 11193/1986, S. 882) lasse das Vorbringen der Beschwerde, selbst wenn man dessen Prämisse teile, mit Rücksicht auf die dem Gesetzgeber zuzubilligende Frist zur (hier inzwischen mit dem Gesetz LGBl. Nr. 54/1990 mit Wirkung ab dem 1. Jänner 1990 vorgenommenen) Anpassung gesetzlicher Vorschriften an geänderte Verhältnisse (siehe dazu z.B. VfSlg. 8871/1980; vgl. etwa auch VfSlg. 9995/1984 und Verfassungsgerichtshof 13. Juni 1991, G 163, 164/91) die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Beschwerde wurde jedoch antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten und vom Beschwerdeführer fristgerecht ergänzt.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Abweisung seines Antrages auf Abstandnahme von der Einhebung der Pensionsbeiträge für die Zeit seines Karenzurlaubes in seinem durch § 60 AVG gewährleisteten Recht auf ordnungsgemäße Begründung und den Angaben der für die Beweiswürdigung maßgeblichen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit ist im Beschwerdefall die im Zeitpunkt des Karenzurlaubes geltende Rechtslage heranzuziehen.
Nach dieser im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage war nach § 48a der DO (in der Fassung LGBl. Nr. 26/1979) in Verbindung mit den für sinngemäß anwendbar erklärten Bestimmungen des § 15 Abs. 1 und 3 bis 5 des Mutterschutzgesetzes weiblichen Beamtinnen (im Anschluß an die Frist nach § 5 Abs. 1 und 2 MschG) ein Urlaub gegen Entfall des Arbeitsentgeltes (Karenzurlaub) bis zum Ablauf eines Jahres nach ihrer Entbindung zu gewähren. Hingegen konnte männlichen Beamten aus diesem Grund nur einen Karenzurlaub (Urlaub gegen Entfall der Bezüge) nach § 44 DO erteilt werden.
§ 6a Abs. 2 der Besoldungsordnung 1967, LGBl. Nr. 18,in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 23. Novelle, LGBl. Nr. 14/1984, lautete:
"(2) Der Beamte hat keinen Pensionsbeitrag zu entrichten
1. für die Zeit, die nicht als ruhegenußfähige Dienstzeit zur Stadt Wien gilt,
2. für die Zeit eines Karenzurlaubes gemäß § 15 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 221,
3. für die Zeit des Präsenz- oder Zivildienstes, für die kein Anspruch auf Bezüge besteht."
Durch das Gesetz vom 26. Juni 1990, LGBl. Nr. 54, wurde unter anderem der Karenzurlaub für Väter (Art. I Z. 7: Einfügung des § 43a in die DO) sowie der Karenzurlaub bei Verhinderung der Mutter (Art. I Z. 8 durch Einfügung des § 43b in die DO) geschaffen und gleichzeitig § 6a Abs. 2 Z. 2 BO (durch Art. II Z. 1) neu gefaßt.
Diese Bestimmung lautete in dieser Fassung:
"2. Für die Zeit eines Karenzurlaubes gemäß §§ 15 bis 15b des Mutterschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 221, oder gemäß §§ 43a, 43b oder 48a der Dienstordnung 1966,".
Nach Art. V Abs. 1 dieses Gesetzes haben Väter, Adoptiv- oder Pflegeväter nur dann Anspruch auf Karenzurlaub oder Karenzurlaubsgeld nach Art. I, II oder IV, wenn das Kind, das Anlaß für den Karenzurlaub ist, nach dem 31. Dezember 1989 geboren wurde.
Aus Art. VII Z. 1 leg. cit. ergibt sich, daß die oben genannten Bestimmungen (Art. I Z. 7 und Art. II Z. 1) mit 1. Jänner 1990 in Kraft getreten sind.
In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen über den "bisherigen" Gang des Ermittlungsverfahrens zu treffen. Insbesondere finde sich in der Begründung des Bescheides keine Angabe darüber "auf welcher sachverhaltsmäßigen Grundlage der Antrag des Beschwerdeführers gestellt wurde und für welche Zeiten dem Beschwerdeführer bzw. seiner Ehegattin ein Anspruch auf Karenzurlaub zugestanden wäre." Aus diesem Grund sei die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Unbestritten sind im Beschwerdefall folgende Tatsachen:
-
die Geburt des Kindes des Beschwerdeführers am 11. Dezember 1987,
-
die Gewährung eines Karenzurlaubes an den Beschwerdeführer nach § 44 Abs. 1 DO, den dieser auch in der Zeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1989 verbraucht hat.
Auf Grund des oben wiedergegebenen Vorbringens vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte führen können. Gemessen an der im Zeitraum des gewährten Karenzurlaubes geltenden Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid als dem Gesetz entsprechend.
Wie der Schwerpunkt der Beschwerdeausführungen zeigt, ist die Absicht des Beschwerdeführers auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darauf gerichtet, die Verfassungswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Gesetzesbestimmungen darzutun.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 6a der BO (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) sind beim Verwaltungsgerichtshof jedoch im Hinblick auf die Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel der vom Beschwerdeführer neuerlich unter dem Gesichtspunkt des Art. 7 B-VG vorgetragenen Überlegungen nicht entstanden.
Da die Beschwerde bereits ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992120188.X00Im RIS seit
29.03.2001