TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/18 91/12/0158

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
72/01 Hochschulorganisation;
72/12 Studien an den Hochschulen künstlerischer Richtung;

Norm

B-VG Art18 Abs2;
GO Hochschule Musik Darstellende Kunst Wien;
KHSchOrgG §21 Abs9;
KHStG 1983 §49 Abs1;
UOG 1975 §15 Abs7;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der entscheidungsbefugten Kommission des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien vom 6. Mai 1991, Zl. 2010/91, betreffend Ansuchen um Nostrifizierung eines in der UdSSR erworbenen Diplomes im Fach Klavier der Studienrichtung Instrumental(Gesangs)pädagogik nach § 49 KHStG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 11.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die am 27. Jänner 1947 in der UdSSR geborene Beschwerdeführerin besuchte von 1953 bis 1962 die dortige Grundschule und parallel dazu die Musikgrundschule. Nach deren Abschluß trat sie im Jahre 1962 in die Kutaiser musikalische Lehranstalt "Balantschiwodse" ein, wo sie 1966 den Lehrgang der Fachrichtung Klavier mit Auszeichnung abschloß, wobei ihr mit Diplom die Eignung als Lehrerin der Kindermusikschule und als Konzertmeister zuerkannt wurde. 1966 inskribierte sie am Charkower Institut für Kunst (Kunsthochschule) mit Fachrichtung Klavier, dort schloß sie das Studium Diplom vom 27. April 1971 mit der österreichischen Studienrichtung Instrumentale (Gesangs-)pädagogik (Klavier) und dem akademischen Grad "Magister der Künste" ab. Von 1971 bis 1974 arbeitete sie an der speziellen Musikanstalt als Lehrerin für Klavier und als Konzertmeister und wanderte 1974 nach Israel aus. Seit 1985 lebt sie mit ihrer Familie in Wien und hat hier ihren ordentlichen Wohnsitz.

Am 15. September 1989 beantragte die Beschwerdeführerin die Nostrifizierung ihrer in der UdSSR erworbenen Diplome im Fach Klavier der Studienrichtung Instrumental- und Gesangspädagogik. Mit Schreiben vom 13. März 1991 teilte die Nostrifizierungskommission der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien der Beschwerdeführerin mit, daß an Hand der übermittelten Unterlagen und der geltenden österreichischen Studienvorschriften festgestellt worden sei, daß dem Antrag auf Nostrifizierung des von der Beschwerdeführerin am Charkower Institut für Kunst erworbenen Diploms vom 27. April 1971 in der Studienrichtung Klavier gemäß § 49 KHStG nicht stattgegeben werden könne, da das von der Beschwerdeführerin an diesem Institut betriebene Studium ein einseitig am Instrument ausgerichtetes Studium sei und daher mit der österreichischen Studienrichtung Instrumental(Gesangs)pädagogik/Klavier nicht vergleichbar sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin zur schriftlichen Stellungnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG binnen drei Wochen aufgefordert. Daraufhin nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. März 1991 Stellung, indem sie zunächst betonte, daß sie nicht nur am Charkower Institut für Kunst, sondern auch an der musikalischen Lehranstalt "Balantschiwodse" in der Stadt Kutaisi, Teilrepublik Georgien studiert habe und ihr dort die Eignung als Lehrerin der Kindermusikschule und als Konzertmeisterin zuerkannt worden sei. Die von ihr abgeschlossenen Studien hätten mehr Fächer umfaßt, als dies nach dem (hier geltenden) KHStG in der geltenden Fassung vorgeschrieben werde. Der Vorhalt, das von ihr am Charkower Institut für Kunst betriebene Studium sei ein einseitig am Instrument ausgerichtetes gewesen, sei nicht richtig, weil sie bereits vorher in Kutaisi Klavier studiert und dabei auch die Fächer Instrumental- und Gesangspädagogik belegt gehabt habe. Sie gab auch weiters ihrem Glauben Ausdruck, ihre Arbeit seit ihrem Studium als Vokal- oder Instrumentalbegleitung sowie Ensembleleiterin habe sie qualifiziert und berechtigt, in Österreich als Musiklehrerin anerkannt zu werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nostrifizierung des von ihr am Charkower Institut für Kunst erworbenen Diploms vom 27. April 1971 mit der österreichischen Studienrichtung Instrumental(Gesangs-)pädagogik (Klavier) und dem akademischen Grad "Magister der Künste" unter Berufung auf § 49 KHStG ab. Nach der Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der in Anwendung zu bringenden gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, bei der nach § 49 Abs. 4 KHStG vorgenommenen Prüfung sei festgestellt worden, daß das von der Beschwerdeführerin am Charkower Institut betriebene Studium ein einseitig am Instrument ausgerichtetes Studium sei und daher mit der österreichischen Studienrichtung Instrumental(Gesangs)pädagogik (Klavier) nicht vergleichbar sei. Die Nostrifizierungskommission habe auf Grund der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 20. März 1991 in der Sitzung vom 11. April 1991 festgehalten, daß nur eine Nostrifizierung des Charkower Diploms zulässig sei, weil nach einer Auskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung die musikalische Lehranstalt "Balantschiwodse" in Kutaisi keine der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien gleichrangige Einrichtung darstelle. Die dort absolvierten Lehrveranstaltungen und Prüfungen könnten daher im Nostrifizierungsverfahren ebensowenig berücksichtigt werden wie die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Vokal- oder Instrumentalbegleiterin sowie als Ensembleleiterin.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und erkennbar auf die Aufhebung des Bescheides gerichtet ist.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 des Kunst-Hochschulstudiengesetzes, BGBl. Nr. 187/1983, idF BGBl. Nr. 348/1986, (KHStG) kann ein von einem österreichischen Staatsbürger oder von einer anderen Person mit einem ordentlichen Wohnsitz in Österreich an einer ausländischen Hochschule oder einer solchen gleichrangigen Anstalt abgeschlossenes ordentliches Studium durch das Gesamtkollegium jener Hochschule, an der das entsprechende Studium eingerichtet ist, mit dem Abschluß eines in diesem Bundesgesetz geregelten ordentlichen Studiums (Studienrichtung bzw. Studienzweig) als gleichwertig anerkannt werden (Nostrifizierung).

In diesem Rahmen kommt daher dem Gesamtkollegium der Kunsthochschule Entscheidungsbefugnis im selbständigen Wirkungsbereich zu. Nach § 14 der Geschäftsordnung des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (§ 21 Abs. 9 KHSchOrgG) kann das Gesamtkollegium aus seiner Mitte ständige Kommissionen mit Entscheidungsbefugnis (lit. a) und ständige Kommissionen zur Vorberatung, Begutachtung und Bearbeitung einzelner Angelegenheiten (ohne Entscheidungsbefugnis; lit. b) bilden. Von dieser Möglichkeit, eine entscheidungsbevollmächtigte Kommission einzusetzen, hat das Gesamtkollegium der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien mit seinem Beschluß vom 13. März 1986 Gebrauch gemacht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 7. Juli 1981, Zl. 81/07/0078 und 0079 = Slg. Nr. 10.517/A, ausgesprochen hat, kann die Übertragung einer Angelegenheit von einem Kollegialorgan an eine (nunmehr nach § 15 Abs. 7 UOG bzw. § 21 Abs. 9 KHSchOrgG) gebildete Kommission nur durch eine Verordnung gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG erfolgen, da die österreichische Rechtsordnung andere Rechtsnormen als Zwischenstufe zwischen Gesetz und Bescheid nicht vorsieht.

Im Beschwerdefall wurde zwar durch Beschlußfassung am 13. März 1986 von der grundsätzlichen Befugnis, eine entscheidungsbevollmächtigte Kommission einzusetzen, vom Gesamtkollegium der Berufe für Musik und darstellende Kunst in Wien Gebrauch gemacht, dieser Beschluß wurde jedoch nicht kundgemacht. Nicht gehörig kundgemachte Beschlüsse des Gesamtkollegiums der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien sind aber für den Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die anstelle des Gesamtkollegiums als Behörde eingeschrittene (entscheidungsbevollmächtigte) Kommission war daher nicht zu der von ihr getroffenen Entscheidung zuständig. Die Beschwerdeführerin machte zwar im vorliegenden Fall die Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht geltend, doch ergibt sich aus der Formulierung des § 41 Abs. 1 VwGG klar, daß die Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen wahrzunehmen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991, die Abweisung des Mehrbegehrens erfolgte, da der Aufwand an Stempelgebühren, sofern er S 390,-- (zweimal S 120,-- Beschwerdeausfertigungen, einmal S 120,-- Vollmacht, einmals S 30,-- Beilage) übersteigt, nicht durch eine Stempelpflicht gedeckt erscheint.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120158.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten