TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/18 91/12/0282

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Veröffentlicht am 18.11.1992
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §51;
DO Wr 1966 §25 idF 1979/026;
DO Wr 1966 §26 idF 1988/013;
GehG 1956 §13 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 8. Oktober 1991, Zl. MA 2/49/91, betreffend Entfall der Bezüge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der 1956 geborene Beschwerdeführer steht als Oberfeuerwehrmann im Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien; seine Ruhestandsversetzung erfolgte mit Wirkung vom 31. März 1992.

Vorher leistete der Beschwerdeführer seit 31. August 1989 keinen Dienst. Diese Dienstverhinderung wegen Krankheit erscheint nach dem Gutachten der amtsärztlichen Untersuchungsstelle des Magistrates der Stadt Wien vom 12. September 1989 bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls als gerechtfertigt. Auch in der Folge wurden nach Untersuchungen mehrere im Ergebnis gleiche Gutachten erstellt.

Nach dem letzten - vom 24. April 1990 - gelangte die Dienstbehörde zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer sei nicht dienstfähig. Dagegen wurde von der amtsärztlichen Untersuchungsstelle des Magistrates der Stadt Wien mit Gutachten vom 9. August 1990 ausgeführt, der Beschwerdeführer sei derzeit als Feuerwehrmann im Brandeinsatz nicht voll dienstfähig. Gegen eine Verwendung im Innendienst bestehe bei Fieberfreiheit ab sofort kein Einwand.

Am 27. November 1990 wurde nach Aufforderung des Beschwerdeführers zum Dienstantritt mit diesem eine Niederschrift im Personalamt (MA 2) des Magistrates der Stadt Wien aufgenommen. Ihm wurde zur Kenntnis gebracht, daß eine Pensionierung derzeit infolge seines Alters nicht in Erwägung gezogen werde, daß beabsichtigt sei, ihn im 8-Stunden-Dienst bei der Wiener Feuerwehr im Innendienst oder in einem anderen Dienstaufsichtsbereich zu verwenden. Der Beschwerdeführer erklärte, daß er besonders in dieser Jahreszeit bei feucht-kaltem Wetter zu Neben- und Stirnhöhlenentzündungen neige und dadurch sehr oft erhöhte Temperatur habe, welche er mit Antibiotika bekämpfe. Weiters erklärte er, heute kein Fieber zu haben, aber "völlig vereitert" zu sein. Daraufhin wurde ihm erklärt, daß bei Fieberfreiheit seine Dienstfähigkeit gegeben sei und er sich sofort in der Magistratsabteilung 68 zum Dienstantritt zu melden habe. Auf die Folgen eines Nichtantretens (Bezugseinstellung, unentschuldigtes Fernbleiben) wurde er aufmerksam gemacht. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, daß er anschließend sofort einen Arzt aufsuchen werde, um abzuklären, ob er mit "seinen Vereiterungen" auch im Innendienst dienstfähig sei. Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin ein Untersuchungsauftrag für die MA 15 (Gesundheitsamt des Magistrates der Stadt Wien) mitgegeben, wonach er sich anschließend in die amtsärztliche Untersuchungsstelle zu begeben habe.

Nach dem Inhalt eines Amtsvermerkes vom selben Tag teilte die genannte Stelle der Dienstbehörde des Beschwerdeführers mit, die fachärztliche Begutachtung liege schon längere Zeit zurück. Der Beschwerdeführer sei in die Klinik zur Befundung geschickt worden. Sie werde die Dienstbehörde am 29. November 1990 telefonisch verständigen.

Nach einem weiteren amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Dezember 1990 bestanden beim Beschwerdeführer Beschwerden im Sinne einer Sinusitis, die sicher zu einer Beeinträchtigung seiner vollen Dienstfähigkeit als Feuerwehrmann führten. Die mit dem Beschwerdeführer vereinbarten Vorladungen für den 29. November und 3. Dezember zwecks Besprechung der Ergebnisse der HNO-Untersuchung an der Klinik und der Dienstfähigkeit seien vom Beschwerdeführer nicht eingehalten worden. Der Beschwerdeführer sei derzeit als Feuerwehrmann im Brandeinsatz nicht dienstfähig. Gegen eine Verwendung im Innendienst bestehe kein Einwand.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 1990 teilte die Feuerwehrdirektion der Dienstbehörde mit, daß der Beschwerdeführer auf Grund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse der Magistratsabteilung 15 im Kanzlei- oder Werkstättenbereich nur im 8-Stunden-Dienst eingesetzt werden könnte. Der Beschwerdeführer müßte als "Überstand geführt werden, da derzeit kein geeigneter Dienstposten bei der MA 68 frei" sei. Mit Eingabe vom 20. Februar 1991 beantragte der Beschwerdeführer, ihn in den Ruhestand zu versetzen, da er seit August 1989 dienstunfähig sei, sodaß die Voraussetzung für die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 52 Abs. 5 DO 1966 gegeben sei. Er sei dem Dienst nicht eigenmächtig ferngeblieben, weil er "durchgehend dienstunfähig" gewesen sei.

Der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2 - Personalamt) stellte mit Bescheid vom 3. April 1991 fest, daß der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 der Dienstordnung 1966 (DO 1966) ab 27. November 1990 dem Dienst ungerechtfertigt fern geblieben sei und gemäß § 26 Abs. 1 DO 1966 ab diesem Zeitpunkt den Anspruch auf seine Dienstbezüge verloren habe und diese Zeit den Lauf der Dienstzeit gemäß § 26 Abs. 2 DO 1966 hemme. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei trotz ausdrücklicher Aufforderung zum Dienstantritt am 27. November 1990 ungerechtfertigt dem Dienst ferngeblieben. Am 26. Februar 1991 habe er in der MA 68 erklärt, nicht dienstfähig zu sein, jedoch bis zur Bescheiderlassung keine ärztliche Bescheinigung dafür beigebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte jedoch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt ab:

"Es wird festgestellt, daß Sie gemäß § 25 Abs. 4 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 der Dienstordnung 1966 (DO 1966) ab 27. November 1990 dem Dienst ungerechtfertigt fern sind und gemäß § 26 Abs. 1 DO 1966 ab diesem Zeitpunkt den Anspruch auf Ihr Diensteinkommen verloren haben."

In der Bescheidbegründung wird festgestellt, am 27. November 1990 sei dem Beschwerdeführer das Gutachten der MA 15 vom 9. August 1990 zur Kenntnis gebracht worden, nach dem er im Branddienst zwar nicht voll dienstfähig sei, aber gegen eine Verwendung im Innendienst bei Fieberfreiheit kein Einwand bestanden habe. Nachdem der Beschwerdeführer am selben Tag zu einer amtsärztlichen Untersuchung erschienen sei, sei er ab diesem Tag weiterhin dem Dienst ferngeblieben. Das auf Grund der Untersuchung erstellte Gutachten vom 7. Dezember 1990 habe neuerlich bestätigt, daß eine Verwendung im Innendienst möglich sei. In diesem Gutachten sei auch angegeben, daß der Beschwerdeführer am 29. November und 3. Dezember 1990 vereinbarte Termine nicht eingehalten hätte. Die Behörde erster Instanz habe daher annehmen müssen, daß der Beschwerdeführer seine Dienstpflichten gemäß § 25 Abs. 1 und 2 DO 1966 verletzt habe. Am 26. Februar 1991 habe der Beschwerdeführer dem Abteilungsleiter der MA 68 erklärt, er fühle sich dienstunfähig und die Vorlage einer Bescheinigung seiner Dienstunfähigkeit angekündigt. Da der Beschwerdeführer eine solche Bescheinigung nicht vorgelegt habe, sei der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden. Erst nach der Bescheiderlassung sei am 18. April 1991 eine Krankenstandsbestätigung für die Zeit vom 18. Februar 1991 bis auf weiteres eingelangt.

Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 25 Abs. 1, 2 und 4 DO 1966 und der Rechtsfolgen nach § 26 Abs. 1 und 2 DO 1966 wird in der Bescheidbegründung der Verfahrensablauf dargestellt. In der Niederschrift vom 27. November 1990 sei festgehalten: "Mir wird erklärt, daß bei Fieberfreiheit meine Dienstfähigkeit laut amtsärztlichem Gutachten vom 9. August 1990 gegeben ist und ich mich sofort in der MA 68 zum Dienstantritt zu melden habe. Ich werde nachdrücklich auf die Folgen eines Nichtantretens aufmerksam gemacht (Bezugseinstellung, unentschuldigtes Fernbleiben usw.)." Dieser Teil der Niederschrift sei vom Beschwerdeführer bei seiner Parteienvernehmung am 28. August 1991 im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht bestritten worden und mache daher vollen Beweis darüber, daß gegenüber dem Beschwerdeführer am 27. November 1990 erklärt worden sei, er habe sich zum Dienstantritt zu melden. Der Beschwerdeführer habe nur behauptet, er habe am 27. November 1990 gegenüber der Verhandlungsleiterin erklärt, er "fühle" sich dienstunfähig. Unstrittig sei, daß der Beschwerdeführer einen Auftrag zur amtsärztlichen Untersuchung erhalten und diesem auch entsprochen habe. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bestätigung über seine Dienstunfähigkeit, die ihm von seinem Hausarzt ausgestellt worden sei, sei beim Magistrat der Stadt Wien niemals eingelangt. Nach dem 27. November 1990 seien vom Magistrat der Stadt Wien weitere Erhebungen angestellt worden, um festzustellen, wann das Ende des ungerechtfertigten Fernbleibens eingetreten sei. Der Magistrat der Stadt Wien habe sich jedoch dann darauf beschränkt, im erstinstanzlichen Bescheid nur über den Beginn des ungerechtfertigten Fernbleibens abzusprechen. Ein Ausspruch über das Ende des unentschuldigten Fernbleibens sei unterblieben.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt in der Bescheidbegründung dahingehend, die Erklärung des Beschwerdeführers vom 27. November 1990, sich krank zu fühlen und wegen dieser Annahme einen Arzt aufzusuchen, rechtfertige allenfalls die Abwesenheit vom Dienst für die Dauer des Arztbesuches, ersetze aber nicht die im § 25 Abs. 1 DO 1966 vorgesehene Meldung, weil ihm bekanntgewesen sei, daß der Dienstgeber seinen Dienstantritt erwarte, zumal er laut Gutachten der MA 15 vom 9. August 1990 für den Innendienst als dienstfähig angesehen worden sei. Es stehe somit fest, daß hinsichtlich der Dienstabwesenheit des Beschwerdeführers ab 27. November 1990 die Meldepflicht gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz DO 1966 schuldhaft verletzt worden sei. Daneben habe der Beschwerdeführer auch die Verletzung der Bescheinigungspflicht zu verantworten. Das Gutachten der MA 15 vom 9. August 1990 bescheinige nicht die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers und die angeblich vom Hausarzt ausgestellte Bescheinigung vom 27. November 1990 sei beim Magistrat nicht eingelangt. Das Risiko des Verlustes dieser Bescheinigung habe der Beschwerdeführer zu tragen, da die Beförderung durch die Post auf Gefahr des Beschwerdeführers gehe (Hinweis auf Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1978, Zl. 1855/75). Für die belangte Behörde sei damit erwiesen, daß der Beschwerdeführer am 27. November 1990 seine Dienstpflichten gemäß § 25 Abs. 1 DO 1966 verletzt und daher AB DIESEM ZEITPUNKT seine Abwesenheit als ungerechtfertigt zu gelten habe. Auch bei einer tatsächlichen Dienstunfähigkeit liege ein ungerechtfertigtes Fernbleiben bei Verletzung auch nur einer der im § 25 DO 1966 vorgesehenen Verpflichtungen vor (Hinweis auf Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1981, Zl. 81/12/0079). Die Beweisanträge betreffend die Erstellung und Absendung von schriftlichen Bescheinigungen gingen deshalb ins Leere, weil nicht deren Absendung, sondern das Einlangen bei der Dienstbehörde für die Entscheidung bedeutsam sei. Das Nichterscheinen des Beschwerdeführers beim Amtsarzt am 3. Dezember 1990 sei zwar erhoben worden, doch seien diesbezügliche Feststellungen nicht getroffen worden. Das Vorbringen der Berufung, wonach der Beschwerdeführer seine Dienstunfähigkeit ordnungsgemäß und rechtzeitig gemeldet habe, sei für den 27. November 1990 unrichtig. Dem Berufungsvorbringen, daß die Dienstunfähigkeit zumindest seit dem Vorliegen eines Befundes der II. HNO-Universitätsklinik nachgewiesen worden sei und nunmehr unaufgefordert weitere ärztliche Bescheinigungen beigebracht worden seien, beziehe sich auf das Problem, ob und bejahendenfalls wann der Zeitraum des ungerechtfertigten Fernbleibens endete. Die Klärung dieser Frage sei jedoch der erstinstanzlichen Dienstbehörde übertragen und dürfe von der Berufungsbehörde nicht erörtert werden. Gegenstand des Berufungsverfahrens könne nämlich nur jene "Sache" sein, über die im erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen worden sei. In diesem Verfahren sei dies der Beginn des ungerechtfertigten Fernbleibens des Beschwerdeführers. Über das Ende des ungerechtfertigten Fernbleibens habe die Behörde erster Instanz zu entscheiden, weshalb die belangte Behörde bei einer Entscheidung hierüber im Zuge des Berufungsverfahrens als funktionell unzuständige Behörde tätig werden würde. Daraus folge, daß die beantragte Bescheidabänderung (Einschränkung des Bezugsentfalles auf einen bestimmten Zeitraum) unzulässig sei. Die Feststellung der Behörde erster Instanz, daß der Lauf der Dienstzeit gehemmt werde, sei als unrichtig zu eliminieren gewesen, weil diese Rechtsfolge nur dann eintrete, wenn die Abwesenheit länger als drei Tage angedauert hätte. Eine diesbezügliche Feststellung sei aber nicht getroffen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Die Bestimmungen über die Abwesenheit vom Dienst, die im Beschwerdefall anzuwenden sind, nach § 25 DO 1966 in der Fassung, LGBl. für Wien Nr. 26/1979, lauten:

"(1) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder einen anderen wichtigen, seine Person betreffenden Grund verhindert, den Dienst zu versehen, so hat er dies dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden. Der Beamte hat den Grund für die Dienstverhinderung zu bescheinigen, wenn es der Vorgesetzte verlangt oder wenn die Dienstverhinderung länger als drei aufeinanderfolgende Kalendertage dauert.

(2) Ein wegen Krankheit, Unfall oder gemäß § 45b vom Dienst abwesender Beamter hat sich auf Verlangen des Magistrats einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, an dieser Untersuchung, sofern es ihm zumutbar ist, mitzuwirken und sich gegebenenfalls einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen.

...

(4) Kommt der Beamte den sich aus Abs. 1 bis 3 ergebenden Verpflichtungen nicht nach, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

Die Rechtsfolgen der Versäumung des Dienstes sind im § 26 DO 1966 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 13/1988 wie folgt geregelt:

(1) Ein Beamter, der eigenmächtig und unentschuldigt dem Dienst fernbleibt, verliert für die Zeit einer solchen Abwesenheit den Anspruch auf sein Diensteinkommen." ...

"(2) Die Zeit des eigenmächtigen und unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst in der Dauer von mehr als drei Tagen und die Zeit des Fernbleibens vom Dienst infolge Haft wegen eines strafgerichtlich zu ahndenden Verhaltens hemmen den Lauf der Dienstzeit."

Die entsprechende Bestimmung des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) im § 51 "Abwesenheit vom Dienst" lautet:

"(1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

Den Entfall der Bezüge im Falle ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst regelt § 13 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 im Bereich der öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Bundes wie folgt:

"Die Bezüge entfallen

...

2. Wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst."

Die Regelungen des Wiener Landesrechtes entsprechen somit nur zum Teil jenen des Bundesrechtes, weshalb die Judikatur zum BDG 1979 nicht ohne weiteres auf die vergleichbaren Tatbestände der DO 1966 anzuwenden ist.

Im Beschwerdefall ist ausgehend vom materiellen Beschwerdepunkt (§ 28 Z. 4 VwGG), wonach sich der Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Diensteinkommen verletzt erachtet, der durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bestimmte Verlust des Diensteinkommens des Beschwerdeführers als Gegenstand des Verfahrens anzusehen. Durch die Fassung des (erstinstanzlichen) Spruches, wonach der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt (27. November 1990) den Anspruch auf sein Diensteinkommen verloren habe, ist eindeutig Sache des Berufungsverfahrens nicht ausschließlich der Beginnzeitpunkt eines ungerechtfertigten Fernbleibens des Beschwerdeführers vom Dienst, sondern wirkt der Bescheid anspruchsvernichtend jedenfalls bis zum Zeitpunkt seiner Erlassung.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhalt mit §§ 37, 39 und 56 AVG über die von Amts wegen vorzunehmende Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes sind die Berufungsbehörden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt, auch auf neue, erst nach dem erstinstanzlichen Bescheid eingetretene Umstände Bedacht zu nehmen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1952 Slg. N.F. Nr. 2794/A, vom 10. November 1986, 85/12/0118, u.a.). Die Berufungsbehörde ist nicht an die von der Unterinstanz getroffenen Feststellungen gebunden; sie hat ihrer Entscheidung den ihrer Überzeugung nach maßgebenden Sachverhalt zugrundezulegen und erforderlichenfalls das Ermittlungsverfahren zu ergänzen (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1979, Slg. N.F. Nr. 1304/78).

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Begriff der Sache im Sinne des § 66 AVG zu eng gefaßt, nämlich ausschließlich die Frage geprüft hat, ob der Beginn des ungerechtfertigten Fernbleibens vom Dienst mit 27. November 1990 von der Behörde erster Instanz richtig festgestellt worden ist, hat sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dies ergibt sich nach der dargestellten Rechtslage schon daraus, daß durch die Verwendung des Wortes "ab" ein Zeitraum erfaßt wurde, der jedenfalls bis zur Erlassung des Bescheides einen rechtskräftigen Abspruch über den Verlust des Diensteinkommens bedeutet.

Die belangte Behörde hat diese Rechtslage offenbar verkannt, insoweit sie von einem unrichtigen Begriff der "Sache" des Berufungsverfahrens auf die Dauer, nämlich das allfällige Ende des ungerechtfertigten Fernbleibens des Beschwerdeführers vom Dienst nicht eingegangen ist und diese Frage einem neuerlichen Abspruch der Behörde erster Instanz überlassen hat, obwohl im Berufungsverfahren durch den Beschwerdeführer Sachverhaltselemente vorgebracht wurden, die eine spätere Rechtfertigung des Fernbleibens vom Dienst zum Gegenstand hatten. Der angefochtene Bescheid mußte daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes der Aufhebung verfallen.

Die Beschwerde ist aber auch insofern im Ergebnis berechtigt, weil selbst hinsichtlich der Feststellung des ungerechtfertigten Fernbleibens des Beschwerdeführers vom Dienst am 27. November 1990 die belangte Behörde § 25 Abs. 4 DO 1966 unrichtig ausgelegt hat. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung tritt die gesetzliche Vermutung, eine Abwesenheit vom Dienst gelte als nicht gerechtfertigt, nur dann ein, wenn der Beamte den sich aus Abs. 1 bis 3 ergebenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 des § 25 (Abs. 3 kommt im Beschwerdefall nicht in Frage) sind nämlich nur in ihrem Zusammenhalt zu verstehen, wie sich aus dem zitierten Wortlaut des Abs. 4 eindeutig ergibt. Der Beschwerdeführer hat nun wegen Krankheit schon seit 31. August 1989 den Dienst nicht versehen und wurde wiederholt auf Verlangen des Magistrats amtsärztlich seine Dienstunfähigkeit für seine Verwendung als Feuerwehrmann im Branddienst bescheinigt. Nach dem Inhalt der Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers vom 27. November 1990 wurde ihm dabei das Gutachten vom 9. August 1990, wonach er für den Innendienst dienstfähig war, zur Kenntnis gebracht. Auch wenn der Beschwerdeführer bei dieser Niederschrift zum Dienstantritt aufgefordert worden ist, so ergibt sich aus dem weiteren Inhalt der Niederschrift, daß er selbst seine Dienstunfähigkeit behauptete, worauf die Dienstbehörde ihn aufforderte, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen am selben Tage nachgekommen. Damit hat er der aus § 25 Abs. 2 DO 1966 abgeleiteten Verpflichtung entsprochen. Seiner Meldungspflicht im Sinne des ersten Satzes der genannten Bestimmung ist der Beschwerdeführer schon durch seine Äußerung, er fühle sich infolge Krankheit dienstunfähig, nachgekommen. Eine Bescheinigung des Grundes der Dienstverhinderung hat die Dienstbehörde vom Beschwerdeführer nicht verlangt, sodaß er bei dem vorliegenden Verlangen des Magistrats sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen im Sinne des zweiten Satzes der vorher genannten Bestimmung nicht verhalten war, von sich aus eine solche Bescheinigung vorzulegen. Der Beschwerdeführer durfte nämlich davon ausgehen, daß die Beurteilung seiner Dienstfähigkeit vom Ergebnis der über Verlangen des Magistrates eingeholten amtsärztlichen Untersuchung abhängen werde.

Mit den Fragen, die sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers nach dem 27. November 1990 ergeben, hat sich die belangte Behörde auf Grund ihres rechtsirrigen Verständnisses der Sache des Berufungsverfahrens aber nicht auseinandergesetzt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren für eine (überzählige) Ausfertigung der Beschwerde mußte abgewiesen werden.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120282.X00

Im RIS seit

21.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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