Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §360 Abs1 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der I in P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Dezember 1990, Zl. Ge-7614/1-1990/Kon/Ra, betreffend Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 9. August 1990, in welchem einleitend auf das "rechtskräftige Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. August 1989, ..., bestätigt mit Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 9.7.1990" hingewiesen wurde, wurde gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin im Gastgewerbebetrieb (Diskothek) "N" im Standort R 57, Gemeinde X, den Musikbetrieb sofort einzustellen, die Lautsprecher bzw. Verstärkeranlagen zu demontieren und die gesamte Musikanlage (Stereoanlage-Plattenspieler, Tonband und Compakt-Disc-Anlage) aus den Betriebsräumen und -flächen zu entfernen habe.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der nach der rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens fortgesetzte weitere Betrieb der Diskothek durch den nichtgenehmigten Einsatz der Musikanlage sei durch den telefonischen Bericht seitens der Gendarmerie Regau vom 2. August 1990 erwiesen. Da der der Rechtsordnung entsprechende Zustand bis heute nicht hergestellt worden sei, sei gemäß der zitierten gesetzlichen Bestimmung die Entfernung der Musikanlage (Stereoanlage) aus den Betriebsräumen anzuordnen gewesen. Die Einstellung des Musikbetriebes sei zweifellos das gelindeste zum Ziel führende Mittel. Die Anordnung der Entfernung der gesamten Musikanlage aus den Betriebsräumen sei damit begründet, daß der gebotene Erfolg und damit eine wirksame Rechtsdurchsetzung ansonsten nicht erreicht werden könne.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Dezember 1990 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Musikbetrieb zwar sofort einzustellen sei, von der Musikanlage jedoch lediglich die Lautsprecher bzw. Verstärkeranlagen zu demontieren seien.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei rechtskräftig wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 81 Abs. 1 und § 74 Abs. 2 GewO 1973 bestraft worden, weil sie ihr Cafe-Restaurant zumindest vom 5. Dezember 1988 bis 22. Juni 1989 als Tanzlokal (Diskothek) mit elektronischer Musik (Stereoanlage) und damit die als Gasthausbetrieb genehmigte Betriebsanlage nach dieser Änderung, die geeignet sei, die durch § 74 Abs. 2 GewO 1973 geschützten Interessen der Nachbarn zu gefährden, ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben habe. Die Bestrafung sei mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. August 1989, bestätigt mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 9. Juli 1990, rechtskräftig erfolgt. Im Hinblick auf die gewerbebehördlich nicht genehmigte Änderung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage liege im Falle der Beschwerdeführerin eine gesetzwidrige Ausübung ihres Gastgewerbes vor. Es sei erhoben worden und die Beschwerdeführerin bringe selbst vor, daß ungeachtet der rechtskräftigen Bestrafung der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht hergestellt worden sei, somit sei die von der Gewerbebehörde verfügte Untersagung des Musikbetriebes und die Entfernung der Musikanlage grundsätzlich zu Recht erfolgt. Die Entfernung der Verstärkeranlagen und Lautsprecherboxen bei aufrechter Untersagung des Musikbetriebes reichten als Maßnahme jedoch aus, um den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand im Sinne der Bestimmungen des § 360 Abs. 1 GewO 1973 herzustellen. Damit solle auch bewirkt werden, daß, falls die Beschwerdeführerin über ihr Ansuchen eine gewerbebehördliche Genehmigung für den Musikbetrieb erwirke, der Aufwand für die Wiederinbetriebnahme der Musikanlage geringer werde, sodaß hiedurch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Februar 1992, B 1062/90, B 95/91, B 644/91, abgewiesene und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, "nicht entgegen der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO die Verstärkeranlage und Lautsprecherboxen demontieren und den Musikbetrieb einstellen zu müssen".
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, im Falle der Aufhebung des ebenfalls angefochtenen Strafbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof würde die Rechtsgrundlage des im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochtenen Bescheides wegfallen und dieser Bescheid schon insofern aufzuheben sein. Dessenungeachtet sei der angefochtene Bescheid auch deswegen rechtswidrig, weil laut Straferkenntnis der genehmigungslose Betrieb am 22. Juni 1989 beendet worden sei. Der angefochtene Bescheid gehe aber davon aus, daß auch im Dezember 1990 noch eine unbefugte Gewerbeausübung vorgelegen habe, sodaß der erteilte Auftrag insofern nicht als contrarius actus zu dem der Beschwerdeführerin bis 22. Juni 1989 vorgeworfenen rechtswidrigen Verhalten anzusehen sei (ZfVB 1989/820). Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid auch rechtswidrig, weil der Beschwerdeführerin lediglich der genehmigungslose Betrieb und nicht das Aufstellen der Musikanlage, Verstärkeranlage usw. vorgworfen worden sei, sodaß die Demontage der Anlage ebenfalls nicht als contrarius actus angesehen werden könne.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde hätte jedenfalls zu prüfen gehabt, ob im Zeitpunkt ihrer Entscheidung der rechtswidrige Zustand noch aufrecht gewesen sei oder nicht. Insofern sei zwar behauptet worden, daß Ermittlungen durchgeführt worden seien, tatsächlich seien solche nach Wissen der Beschwerdeführerin nicht durchgeführt worden
(ZfVB 1990/88), sodaß schon insofern ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege.
In dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung berief sich die Beschwerdeführerin u.a. darauf, daß sie seit Jahren die Diskothek sehr erfolgreich betreibe.
Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 hat die Behörde, wenn in einem Strafverfahren das Vorliegen einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung oder in einem Verfahren gemäß § 358 Abs. 1 die Genehmigungspflicht einer Anlage rechtskräftig festgestellt worden ist, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand nicht ungesäumt hergestellt wird, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes oder die Stillegung von Maschinen, zu verfügen.
Aus der Bedeutung der Worte des § 360 Abs. 1 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang ergibt sich, daß unter dem der Rechtsordnung entsprechenen Zustand jene Sollordnung zu verstehen ist, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt wurde. Als normativer Gehalt der verba legalia "der der Rechtsordnung entsprechende Zustand" ist daher (lediglich) der "contrarius actus" der (festgestellten) Zuwiderhandlung aufzufassen. Bei Beantwortung der Frage, ob eine eine behördliche Anordnung nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 rechtfertigende "rechtskräftige Feststellung im Strafverfahren" vorliegt, ist unabhängig von sonstigen Gesichtspunkten jedenfalls auch zu prüfen, ob ein derartiger Ausspruch die Feststellung einer gesetzwidrigen Gewerbeausübung erkennen läßt, der durch Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes als "contrarius actus" begegnet werden kann. Dies setzt voraus, daß es sich nicht etwa um eine bereits abgeschlossene - unbefugte - Gewerbeausübung bzw. um eine Gewerbeausübung handelt, deren ursprünglich vorgelegene Gesetzwidrigkeit z.B. durch eine in der Folge erwirkte gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nicht mehr gegeben ist, da hiedurch der im § 360 Abs. 1 GewO 1973 geforderte, der Rechtsordnung entsprechende Zustand in Ansehung der - auf die Betriebsanlage bezogenen - Gewerbeausübung hergestellt wurde (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 22. November 1988, Zl. 86/04/0209).
Mit Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 92/04/0110 ist der im Verwaltungsstrafverfahren ergangene Berufungsbescheid vom 9. Juli 1990 hinsichtlich des Strafausspruches sowie des Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden. Im übrigen (d.i. hinsichtlich der im Verwaltungsrechtszug bestätigten Aussprüche nach § 44a Z. 1 und 2 VStG) ist die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Solcherart ändert das Erkenntnis im hg. Verfahren Zl. 92/04/0110 nichts an der Rechtskraft der in den Spruchteilen nach § 44a Z. 1 und 2 VStG enthaltenen Feststellung, wie sie zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides am 14. Jänner 1991 bestand.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, hinsichtlich der Spruchteile nach § 44a Z. 1 und 2 VStG rechtskräftigen Straferkenntnis vom 9. Juli 1990 wurde die Art der gesetzwidrigen Gewerbeausübung, nämlich des gesetzwidrigen Betriebes der Betriebsanlage, eindeutig dahin gehend festgestellt, daß die Beschwerdeführerin nach der - in der Umwandlung der als Gasthausbetrieb genehmigten Betriebsanlage in ein Tanzlokal (Diskothek) mit elektronischer Musik (Stereoanlage) bestehenden - Änderung, welche geeignet sei, die Nachbarn u.a. durch Lärm - durch den Musikbetrieb - zu belästigen, ihr Kaffee-Restaurant im Standort R 57, Gemeinde X, als Tanzlokal (Diskothek) mit elektronischer Musik (Stereoanlage) geführt und damit die als Gasthausbetrieb genehmigte Betriebsanlage nach der bezeichneten Änderung ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben habe. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund dieses rechtskräftigen Schuldspruches der damit festgestellten gesetzwidrigen Gewerbeausübung, nämlich des gesetzwidrigen Betriebes der Betriebsanlage, durch einen entsprechenden "contrarius actus" im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO 1973 begegnete. Unter dem "der Rechtsordnung entsprechenden Zustand" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist der "contrarius actus" der festgestellten Zuwiderhandlung aufzufassen. Diese besteht in der näher umschriebenen Führung des Gastgewerbebetriebes als Tanzlokal (Diskothek) mit elektronischer Musik (Stereoanlage). Die Vorschreibung der mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragenen Maßnahmen ist nun nicht als rechtswidrig zu erkennen, da diese Maßnahmen zur Herstellung jener Sollordnung, deren Übertretung zuvor im Strafverfahren festgestellt worden war, dienen.
Im Verwaltungsstrafverfahren war im Verwaltungsrechtszug eine gesetzwidrige Gewerbeausübung "zumindest vom 5.12.1988 bis zum 22.6.1989" festgestellt worden; im Verfahren über die Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 traf die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides eine Sachverhaltsfeststellung über die Fortdauer des Diskothekbetriebes, ohne daß sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen diese Sachverhaltsfeststellung gewendet hätte. Weiters geht die Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdevorbringen nicht davon aus, daß die Annahme einer Fortdauer des Diskothekbetriebes sachverhaltsmäßig nicht zutreffen würde, sie gesteht - in dem mit der vorliegenden Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - eine solche Fortdauer des Diskothekbetriebes sogar selbst zu. Die vorliegende Beschwerdesache gehört nicht zu solchen Fällen, wie sie Gegenstand der von der Beschwerdeführerin durch Hinweis auf die Zeitschrift für Verwaltung/Beilage zitierten hg. Erkenntnisse vom 13. September 1988, Zl. 88/04/0003 ("neuerliche" gesetzwidrige Gewerbeausübung nach zeitlicher Unterbrechung), und vom 23. Mai 1989, Zl. 88/04/0350 (durch die Sachlage gebotene Prüfung, ob noch vor Erlassung des Bescheides nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 der der Rechtsordnung entsprechende Zustand hergestellt wurde), waren. Mit dem die Fortdauer der gesetzwidrigen Gewerbeausübung betreffenden Beschwerdevorbringen vermag die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun (siehe u. a. auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/04/0236).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040111.X00Im RIS seit
24.11.1992