TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/24 92/05/0271

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 Z3;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §60 Abs1;
BauO Wr §69 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde 1) des F und 2) der H in Wien, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. August 1992, Zl. MD-VfR-B XIV-30/92, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: X-Verein in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. August 1992 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 25. Mai 1992, mit welchem der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung für ein Bauvorhaben in Wien, A-Gasse 8, erteilt worden ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Entsprechend der Begründung dieses Bescheides widerspreche das erwähnte Bauvorhaben dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, weshalb der Magistrat als Baubehörde erster Instanz, welcher die Auffassung vertreten habe, die Abweichung überschreite nicht den Umfang einer unwesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, die Entscheidung des Bauausschusses der Bezirksvertretung über eine Ausnahme gemäß § 69 der Bauordnung für Wien eingeholt habe. Der Bauauschuß habe mit seinem Bescheid vom 23. Jänner 1992 die Bewilligung zur Überschreitung der nach den Bebauungsbestimmungen zulässigen Gebäudehöhe erteilt. Gegen diese Ausnahmegewährung hätten die Beschwerdeführer berufen, worauf die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. April 1992 den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung mit einer geringfügigen Änderung bestätigt habe. Ungeachtet der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid eingebrachten (noch nicht erledigten) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof müsse die belangte Berufungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen, daß ihr Bescheid vom 16. April 1992 derzeit wirksam und als Grundlage einer Baubewilligung geeignet sei. Auf die mit ihm bestätigte Ausnahmebewilligung gemäß § 69 der Bauordnung für Wien sei die Baubewilligung gestützt, die der Magistrat inzwischen mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 25. Mai 1992 erteilt habe. Soweit sich die Berufungsausführungen der Beschwerdeführer gegen die Ausnahmebewilligung richten, sei auf sie in diesem Verfahren nicht mehr einzugehen. Über die Rechtmäßigkeit der Ausnahmebewilligung werde der Verwaltungsgerichtshof in dem ohnehin bereits anhängigen Beschwerdeverfahren entscheiden. Angesichts der Rechtskraft und des Fehlens einer aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sei der Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1992 dem Baubewilligungsverfahren ohne weitere inhaltliche Prüfung zugrunde zu legen. Sei aber die gewährte Ausnahme von den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu beachten, so könne sich aus dem Widerspruch des Projektes zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan kein Versagungsgrund ergeben. Die weitere Begründung dieses Bescheides ist für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht von Bedeutung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht, wonach eine Nachbarliegenschaft nur gemäß den Bestimmungen des Bebauungsplanes verbaut werden darf, und gemäß § 69 der Bauordnung für Wien Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes nur bewilligt werden dürfen, wenn der Umfang einer unwesentlichen Abänderung des Bebauungsplanes nicht überschritten wird, beeinträchtigt".

Gemäß § 69 Abs. 6 der Bauordnung für Wien darf eine Baubewilligung vor Rechtskraft der Bewilligung der erforderlichen unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften nicht erteilt werden.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte die belangte Behörde vom rechtskräftigen Bestand ihres Bescheides vom 16. April 1992, mit welchem die bereits erwähnten Abweichungen von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. m leg. cit. genehmigt worden sind, auszugehen, weshalb sie der Vorschrift des § 69 Abs. 6 leg. cit. Rechnung getragen hat. Der Umstand, daß der Bescheid vom 16. April 1992 mit hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden ist, vermag an der Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Bescheides nichts zu ändern, weil diese Aufhebung erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides wirksam geworden ist und der angefochtene Bescheid nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit seiner Erlassung zu prüfen ist, sodaß eine spätere Änderung dieser Lage den Bescheid allein noch nicht rechtswidrig macht (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., auf S. 559 wiedergegebene hg. Judikatur). Die belangte Behörde hat demnach zu Recht angenommen, daß das Bauvorhaben des Mitbeteiligten im Hinblick auf die - damals rechtskräftige - Bewilligung der Abweichungen von Bebauungsvorschriften zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides unter den von den Beschwerdeführern im Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) aufgeworfenen Gesichtspunkten mit den Bestimmungen der Bauordnung nicht mehr in Widerspruch steht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1958, Slg. N. F. Nr. 4683/A). Die Baubewilligung wurde daher von der belangten Behörde unter dem nach Maßgabe des wiedergegebenen Beschwerdepunktes zu prüfenden Aspekt zu Recht erteilt, weshalb die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren ausdrücklich geltend gemachten Rechten verletzt worden sind.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen soll abschließend nicht unerwähnt bleiben, daß die auf Grund ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1992 mit dem erwähnten hg. Erkenntnis vom 22. September 1992 erfolgte Aufhebung desselben durch die Abweisung der vorliegenden Beschwerde nicht rechtlich bedeutungslos geworden ist, weil die Beschwerdeführer die Möglichkeit besitzen, nach der zu erwartenden Erlassung des an die Stelle des aufgehobenen Berufungsbescheides tretenden Ersatzbescheides, hinsichtlich dessen gemäß § 63 Abs. 1 VwGG eine Bindung an die

hg. Rechtsauffassung besteht, unter Berufung auf § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG innerhalb der Frist des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Wiederaufnahme des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Baubewilligungsverfahrens mit der Begründung zu beantragen, daß die für die Erteilung der Baubewilligung wesentliche Vorfrage der Rechtmäßigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Bewilligung der Abweichung von Bebauungsvorschriften anders entschieden worden ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050271.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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