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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art131;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Steiermark vom 12. November 1991, Zl. 5-230 La 10/5-91, betreffend die Beitragspflicht für in der Unfallversicherung pflichtversicherte fachkundige Laienrichter (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1990 hat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Steiermark, festgestellt, daß die Beschwerdeführerin Beiträge in der Höhe von S 19.152,-- für das Jahr 1988, S 19.264,-- für das Jahr 1989 und S 19.712,-- für das Jahr 1990 zu entrichten habe. Diese Entscheidung beruhte auf der Ansicht der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die im Bescheid angeführten Personen seien als von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte Laienrichter gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. g ASVG teilversichert in der Unfallversicherung; für sie seien daher die im Bescheid angeführten Jahresbeiträge zu entrichten gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem dagegen gerichteten Einspruch der beschwerdeführenden Partei keine Folge. Nach der Begründung stützte die belangte Behörde die von ihr vertretene Rechtsansicht primär auf den Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 17. Jänner 1989, Zl. 20.167/5-1/88, betreffend den Unfallversicherungsschutz der fachkundigen Laienrichter bei den Arbeits- und Sozialgerichten, der seinem wesentlichen Inhalt nach wörtlich zitiert wurde. Danach falle der Begriff "fachkundiger Laienrichter" unter den Oberbegriff (Tatbestandsmerkmal) "Einzelorgan" des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. g ASVG. Die funktionelle Betrachtungsweise des Organs sei im vorliegenden Zusammenhang von entscheidender Bedeutung, freilich unbeschadet der Unabhängigkeit des fachkundigen Laienrichters bei der Ausübung seines Richteramtes. Ein fachkundiger Laienrichter müsse nicht auch gleichzeitig Funktionär einer gesetzlichen Interessensvertretung sein, um unfallversichert zu sein. Vielmehr genüge das Tätigwerden als Laienrichter nach dem ASGG, um den Unfallversicherungsschutz auszulösen. Dieser beruhe weiters auf der Tatsache, daß die Delegierung der fachkundigen Laienrichter zum Aufgabenbereich der jeweiligen Interessensvertretung gehöre. So wähle z.B. die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer gemäß den §§ 19 und 20 ASGG die fachkundigen Laienrichter für die Berufsgruppe 3 (Inhaber von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft), wodurch die weitere Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. g ASVG ("die auf Grund der diese Vertretung regelnden Vorschriften gewählt sind") erfüllt werde. Einen weiteren Hinweis, daß der Unfallversicherungsschutz der fachkundigen Laienrichter dem Gesetz entspreche, sei auch den Materialien zur 41. ASVG-Novelle zu entnehmen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage werde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Beisitzer der Schiedsgerichte und Einigungsämter durch § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. g ASVG unfallversichert seien. Der Gesetzgeber habe somit die Beisitzer der bis 31. Dezember 1986 bestehenden Schiedsgerichte der Sozialversicherung unfallversichert. Umsomehr müsse dies jedoch auch für die formell gewählten und damit bereits delegierten fachkundigen Laienrichter vor den Arbeits- und Sozialgerichten gelten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides geltend macht.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt, und die Verwaltungsakten vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist darauf zu verweisen, daß der nach dem angefochtenen Bescheid als Rechtsgrundlage der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht zitierte Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 17. Jänner 1989, Zl. 20.167/5-1/88, in einem gesetzlich hiefür vorgesehenen Medium nicht veröffentlicht worden ist und damit keine behördlich kundgemachte Rechtsverordnung darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt ein Erlaß einer Verwaltungsbehörde, der nicht in einem gesetzlich vorgesehenen Veröffentlichungsorgan kundgemacht worden ist, keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebende Rechtsquelle dar, die der Verwaltungsgerichtshof zu beachten hätte (vgl. hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1987, Zl. 87/12/0089, und vom 19. Mai 1992, Zl. 91/08/0189).
Der gegenständliche Beschwerdefall entspricht in Ansehung des maßgebenden Sachverhaltes und der entscheidenden Rechtsfrage jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 91/08/0154, zugrundelag. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat auf Grund der dort dargelegten Erwägungen, auf die im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, die Auffassung, daß fachkundige Laienrichter nicht der Unfallversicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. g ASVG unterlägen, und hob den dort angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Aus denselben Erwägungen ist auch der vorliegend angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991080190.X00Im RIS seit
11.07.2001