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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der G in Wien, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. Mai 1992, Zl. MA 64-BE 43/92/A, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 25. September 1989 war der Beschwerdeführerin "als Grundeigentümer" der Liegenschaft EZ. n1 des Grundbuches über die Kat. Gem. A der Auftrag erteilt worden, "binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides die ohne Bewilligung errichtete befestigte asphaltierte Fläche, die laut Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom 12. 12. 1988, Zl. MA 37/V-23 KG A/7043/88, gärtnerisch auszugestalten ist, zu beseitigen und das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf dieser Fläche aufzulassen".
Da die Beschwerdeführerin diesem Auftrag nicht entsprach, wurde ihr mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 6, vom 3. Juli 1991 eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- für den Fall angedroht, daß die erwähnte Verpflichtung innerhalb weiterer dreier Monate nicht erfüllt werden sollte.
Infolge neuerlicher Nichterfüllung dieser Verpflichtung wurde sodann mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag.Abt. 6, vom 14. Jänner 1992 über die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 5 VVG eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- verhängt.
Die dagegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. Mai 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 VVG als unbegründet abgewiesen.
Die Berufungsbehörde wies in der Begründung ihres Bescheides in Erwiderung auf ein diesbezügliches Vorbringen der Beschwerdeführerin darauf hin, daß durch ihre Verfassungsgerichtshof-Beschwerde (gegen den ein Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung abweisenden Berufungsbescheid) die Rechtskraft dieses Bescheides nicht beeinträchtigt werde, sodaß sich ein Eingehen auf Inhalt und Umfang des diesbezüglichen Genehmigungsansuchens erübrige, da diese Beschwerde keine Unzulässigkeit der Vollstreckung bewirken könne. Da der erstinstanzliche Bescheid mit dem Titelbescheid wörtlich übereinstimme, könne die Berufungsbehörde auch diesbezüglich keine Unzulässigkeit der Vollstreckung erkennen. Soweit Unzulässigkeit infolge Unbestimmtheit bzw. Widersprüchlichkeit des Titelbescheides wegen der Verwendung des Wortes "auflassen" in Verbindung mit dem Einstellen von Kraftfahrzeugen behauptet werde, sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1983, Zl. 83/05/0011, BauSlg. Nr. 64, zu verweisen, mit welchem ein Bescheid bestätigt worden sei, in welchem das Auflassen des Abstellens von Kraftfahrzeugen aufgetragen worden sei. Der Beschwerdeführerin sei zwar zuzugestehen, daß eine derartige Formulierung nicht sehr glücklich gewählt sei, doch bestehe kein Zweifel, daß die Beschwerdeführerin auf Grund dieses Auftrages dafür zu sorgen habe, daß auf der betreffenden Fläche keine Kraftfahrzeuge mehr abgestellt werden. Somit erweise sich der Auftrag als ausreichend bestimmt. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Widersprüchlichkeit könne die Berufungsbehörde nicht erkennen. Da auch sonst keine Umstände hervorgekommen seien, welche die bekämpfte Vollstreckungsverfügung rechtswidrig erscheinen ließen, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof kann - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - nicht finden, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Titelbescheid inhaltlich unbestimmt und daher nicht vollstreckbar sei, da der baupolizeiliche Auftrag vom 25. September 1989 ohne Zweifel nur so verstanden werden kann, daß, abgesehen von der im Beschwerdefall nicht zu erörternden Entfernung der asphaltierten Fläche, die Benützung dieser Fläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen zu unterlassen ist. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern "eine Unterlassungsverpflichtung der Beschwerdeführerin ... kraft grammatikalischer Interpretation nicht zu entnehmen sein" soll, zumal die Beschwerdeführerin an anderer Stelle der Beschwerde selbst ausdrücklich von der ihr aufgetragenen "Unterlassung" spricht.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die in Rede stehende asphaltierte Fläche stehe nicht in ihrem Eigentum, weshalb sie nicht in der Lage sei, den ihr erteilten Auftrag zu erfüllen, ist zu erwidern, daß der Titelbescheid einerseits an die X-Grundstücksverwaltungsgesellschaft m.b.H. "als Hauseigentümer" und andererseits, wie schon erwähnt, an die Beschwerdeführerin "als Grundeigentümer" ergangen, von der Beschwerdeführerin nicht durch ein Rechtsmittel bekämpft worden ist und die Beschwerdeführerin auch in der Berufung gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Vollstreckungsverfügung nicht behauptet hat, nicht Eigentümerin der vom baupolizeilichen Auftrag erfaßten asphaltierten Fläche zu sein. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, die der Beschwerdeführerin zugestellte erstinstanzliche Vollstreckungsverfügung, also den Bescheid, mit welchem die Zwangsstrafe verhängt worden ist, etwa deshalb gemäß § 10 Abs. 2 lit. a VVG als unzulässig aufzuheben, weil die Beschwerdeführerin die in Rede stehende Unterlassungsverpflichtung nicht bewerkstelligen könne. Es wäre der Beschwerdeführerin unbenommen geblieben, in einer Berufung gegen den Titelbescheid geltend zu machen, daß sie nicht Eigentümerin der asphaltierten Fläche sei und dem bezüglich dieser Fläche an sie gerichteten baupolizeilichen Auftrag daher nicht entsprechen könne.
Die Beschwerdeführerin weist ferner darauf hin, im Titelbescheid sei ihr der Auftrag erteilt worden, die asphaltierte Fläche zu beseitigen und das Einstellen von Kraftfahrzeugen zu unterlassen, und meint, dieser baupolizeiliche Auftrag sei nach richtiger Rechtsansicht als Einheit anzusehen; durch die gärtnerische Ausgestaltung sei das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf dieser Fläche ohnedies unmöglich. Die Entfernung der asphaltierten Fläche und deren gärtnerische Umgestaltung seien Maßnahmen, die im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken seien. Eine unvertretbare Leistung sei damit nicht vorgeschrieben worden. Ein getrenntes Vollstreckungsverfahren zur Unterbindung des Einstellens von Kraftfahrzeugen auf der asphaltierten Fläche verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da durch diese Vorgangsweise zwei gesonderte Vollstreckungsverfahren notwendig seien.
Der Gerichtshof ist der Auffassung, daß die Beschwerdeführerin nicht dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist, daß die belangte Behörde nur jenen Teil des im Titelbescheid erteilten baupolizeilichen Auftrages zum Gegenstand einer Vollstreckungsmaßnahme gemacht hat, demzufolge das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf der asphaltierten Fläche einzustellen ist. Es ist auch nicht zu erkennen, worin ein Verstoß gegen das im § 2 VVG verankerte Schonungsprinzip gelegen sein soll, wenn die Vollstreckungsbehörde zunächst nur den Anspruch auf Unterlassung durchzusetzen versucht. Sollte ein weiteres Vollstreckungsverfahren erforderlich sein, weil die Beschwerdeführerin dem Auftrag zur Entfernung der asphaltierten Fläche weiterhin nicht entspricht, so hat sie sich dies ausschließlich selbst zuzuschreiben. Der besagte Vorwurf an die Vollstreckungsbehörde ist aber unter diesen Umständen nicht berechtigt.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides läßt sich entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin auch nicht daraus ableiten, daß beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gegen jenen Bescheid anhängig ist, mit welchem die nachträgliche Bewilligung u.a. hinsichtlich der zum Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages vom 25. September 1989 gemachten Stellplätze für Kraftfahrzeuge versagt worden ist, weil dieser Beschwerde kraft Gesetzes (§ 85 Abs. 1 VfGG) keine aufschiebende Wirkung zukommt und, wie die Beschwerdeführerin selbst zutreffend erkannt hat, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gar nicht in Betracht käme, weil ein das Bauansuchen abweisender Bescheid nicht vollzogen werden kann. Daraus folgt, daß die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens und die damit verbundene Verhängung der Zwangsstrafe nach der formellen Rechtskraft des erwähnten abweisenden Berufungsbescheides zulässig und die belangte Behörde ungeachtet der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht entschiedenen und daher auch (noch) nicht an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde nicht verpflichtet war, den erstinstanzlichen Bescheid über die Verhängung der Zwangsstrafe mit der Begründung aufzuheben, daß nach ständiger hg. Judikatur während der Anhängigkeit eines Verfahrens um nachträgliche baubehördliche Genehmigung ein Beseitigungsauftrag nicht vollstreckt werden darf. Der Eintritt der formellen Rechtskraft wird nämlich durch die Möglichkeit der Einbringung einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht gehindert (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts,
5. Aufl., Rz 454).
Über die Beschwerdeführerin ist sohin zu Recht eine Zwangsstrafe verhängt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Baurecht Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050163.X00Im RIS seit
11.07.2001