TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/24 92/05/0233

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1976 §98 Abs2;
BauRallg;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der N-Genossenschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Dezember 1991, Zl. R/1-V-90217/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Mauerbach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. Oktober 1990 war das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf den Parzellen Nr. nn/1 bis 9, EZ nn des Grundbuches über die Katastralgemeinde Mauerbach gemäß § 98 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 "infolge Widerspruches mit dem geltenden örtlichen Raumordnungsprogramm und Bebauungsplan" abgewiesen worden, weil durch die geplante Bebauung die im örtlichen Raumordnungsprogramm und Bebauungsplan festgelegte Wohndichte von 40 Einwohnern/ha überschritten würde.

Dieser Berufungsbescheid war mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 24. Jänner 1991 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde verwiesen worden, wobei die Aufsichtsbehörde zusammengefaßt die Ansicht vertrat, daß eine im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Wohndichte nicht als Versagungsgrund für eine Baubewilligung herangezogen werden könne.

Dieser aufsichtsbehördliche Bescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0064, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil der Auffassung der belangten Behörde nicht gefolgt werden könne, daß die Wohndichte - nur - eine Planungsrichtlinie sei, aber keine unmittelbaren Wirkungen auf einen Bauwerber entfalte, und daher eine im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Wohndichte nicht als Versagungsgrund für eine Baubewilligung herangezogen werden könne. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 16. Dezember 1991 wurde daraufhin die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den erwähnten Berufungsbescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. Oktober 1990 gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 abgewiesen, wobei die Aufsichtsbehörde zur Begründung ihrer Entscheidung auf das erwähnte hg. Erkenntnis verwies, woraus sich ergebe, daß "im Hinblick auf die Ausführungen auf Seite 4, letzter Absatz, des vorgenannten Erkenntnisses die Vorstellung als unbegründet abgewiesen werden" müsse.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1992, Zl. B 205/92-3, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und mit einem weiteren Beschluß dieses Gerichtshofes (vom 8. September 1992, Zl. B 205/92-5) diese Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde erwogen:

Der einleitend geltend gemachte Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gegeben, weil durch den Verweis der belangten Behörde auf die Entscheidungsgründe des erwähnten hg. Vorerkenntnisses in nachvollziehbarer Weise klargestellt ist, aus welchen Gründen die Vorstellung gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. Oktober 1990 abgewiesen worden ist. Entsprechend den Entscheidungsgründen des hg. Vorerkenntnisses wurde der aufsichtsbehördliche Bescheid vom 24. Jänner 1991 nämlich deshalb aufgehoben, weil die belangte Behörde von der unrichtigen Auffassung ausgegangen ist, daß, wie schon erwähnt, "die Wohndichte - nur - eine Planungsrichtlinie sei, aber keine unmittelbaren Wirkungen auf einen Bauwerber entfalte, weshalb eine im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Wohndichte nicht als Versagungsgrund für eine Baubewilligung herangezogen werden könne". In dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich hervorgehobenen letzten Absatz auf Seite 4 des erwähnten hg. Erkenntnisses wurde ausgeführt, die belangte Behörde hätte der Vorstellung der Beschwerdeführerin "mit der in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht Folge geben und den Berufungsbescheid der beschwerdeführenden Gemeinde aufheben dürfen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war". Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet der zweifellos kurzen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht daran gehindert, dessen inhaltliche Gesetzmäßigkeit zu überprüfen, weshalb von einem im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlichen, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel nicht die Rede sein kann.

In Erwiderung auf das übrige Beschwerdevorbringen ist vor allem darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof einen in Gemäßheit des § 63 Abs. 1 VwGG erlassenen Ersatzbescheid nur dahin überprüfen kann, ob er der im vorausgegangenen Erkenntnis geäußerten Rechtsansicht entspricht, an die auch der Verwaltungsgerichtshof selbst gebunden ist, vorausgesetzt, daß sich seit Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, auf S. 735 wiedergegebene hg. Judikatur). Da eine derartige Änderung der Sach- und Rechtslage nicht eingetreten ist (sie wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet), wäre der angefochtene Ersatzbescheid nur dann rechtswidrig, wenn er der im Vorerkenntnis vertretenen hg. Rechtsansicht nicht entspräche, was aber schon angesichts der ausschließlich auf die Entscheidungsgründe des hg. Vorerkenntnisses verweisenden Begründung des angefochtenen Bescheides nicht der Fall ist. Der in diesem Zusammenhang vertretenen Auffassung der Beschwerdeführerin, die Bindungswirkung bestehe ausschließlich darin, daß der Grund, der im ersten Rechtsgang dazu geführt habe, daß der Vorstellung stattgegeben worden sei, nicht mehr als tragendes Begründungselement in die Entscheidung der belangten Behörde einfließen dürfe, vermag sich der Gerichtshof insoweit anzuschließen, als die belangte Behörde - entgegen ihrer früheren Auffassung - im fortgesetzten Verfahren nunmehr bindend davon auszugehen hatte, daß eine im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Wohndichte als Versagungsgrund für eine Baubewilligung herangezogen werden kann, weshalb die Baubehörden zufolge § 98 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 berechtigt gewesen sind, das Bauansuchen der Beschwerdeführerin ohne Durchführung einer Bauverhandlung mit der Begründung abzuweisen, daß im Falle der Verwirklichung des Bauvorhabens der Beschwerdeführerin die im maßgebenden örtlichen Raumordnungsprogramm der mitbeteiligten Marktgemeinde vorgesehene Wohndichte überschritten wäre. Durch die Aufrechterhaltung des Berufungsbescheides der mitbeteiligten Marktgemeinde hat die belangte Behörde unter Bindung an die im erwähnten hg. Vorerkenntnis ausgedrückte Rechtsauffassung somit zutreffend zu erkennen gegeben, daß die Abweisung des Bauansuchens der Beschwerdeführerin wegen Widerspruches zum örtlichen Raumordnungsprogramm zu Recht erfolgt ist.

Für die belangte Behörde bestand unter den gegebenen Umständen keine Verpflichtung, den Berufungsbescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde "in jeder Hinsicht auf eine allfällige Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen", weil der erwähnte Widerspruch des Bauvorhabens der Beschwerdeführerin zum örtlichen Raumordnungsprogramm für eine Abweisung des Bauansuchens genügte, also keine andere Entscheidung zu treffen gewesen wäre, wenn das den Gegenstand des Bauansuchens bildende Vorhaben ohne diesen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan genehmigungsfähig wäre. Auch in dieser Hinsicht besteht daher weder ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides, noch hatte die belangte Behörde eine Veranlassung, einen solchen Mangel des Berufungsbescheides anzunehmen, weil der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, daß er das Bauansuchen der Beschwerdeführerin wegen des erwähnten Widerspruches des Vorhabens zum örtlichen Raumordnungsprogramm abgewiesen hat. Auf das nunmehrige - gegenteilige - Vorbringen, wonach "das eingereichte Vorhaben nicht mit dem geltenden (gültigen) örtlichen Raumprogramm und dem Bebauungsplan im Widerspruch steht", braucht angesichts der durch die vorstehenden Ausführungen klargestellten Sach- und Rechtslage nicht eingegangen zu werden, wobei der Gerichtshof nicht zuletzt wegen der mit dem erwähnten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochenen Ablehnung der Behandlung der bei diesem Gerichtshof eingebrachten Beschwerde keine Veranlassung sieht, die darin - ohne Erfolg - geltend gemachten Bedenken gegen den maßgeblichen Flächenwidmungsplan zum Gegenstand eines Antrages gemäß Art. 139 B-VG zu machen.

Da sohin schon der Inhalt der - ergänzten - Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelInhalt der BerufungsentscheidungBesondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050233.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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