Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Peter K in I, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Mai 1992, Zl. IIa-90.162/5-90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben in der Zeit vom 28. März 1989 bis 21. April 1989 im Hotel XY, Wien, den Gegenstand des Stukkateurgewerbes bildende Tätigkeiten ausgeführt, indem Sie im genannten Zeitraum am genannten Ort Stuckprofile an Wänden und Decken versetzten, Hohlkehlen, Ornamentbänder, Rosetten und Stuckranken, Lisenen und Wandstuckrahmen mit ornamentartigen Eckausbildungen anbrachten, sowie Gipskartonarbeiten durchführten, und dadurch das Stukkateurgewerbe im Sinne des § 94 Zif. 76 GewO 1973 ausgeübt, ohne über eine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung im Sinne des § 94 Zif. 76 zu verfügen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Zif. 1 i.V. mit § 94 Zif. 76 begangen."
Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von fünf Tagen) verhängt.
Einer seitens des Beschwerdeführers dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 16. Jänner 1991 keine Folge.
Auf Grund einer dagegen eingebrachten Beschwerde behob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0098, - auf dessen Darlegungen in Ansehung der Verfahrensvorgänge verwiesen wird - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Mit (Ersatz-)Bescheid vom 14. Mai 1992 erkannte daraufhin
der Landeshauptmann von Tirol wie folgt:
"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird
wie folgt abgeändert:
Sie haben in der Zeit vom 28. März 1989 bis 21. April 1989 im Hotel XY, Wien, selbständig, das heißt auf eigene Rechnung und Gefahr, über eine längere Zeit und somit regelmäßig im Sinne der Gewerbeordnung 1973 als auch in der Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, den Gegenstand des Stukkateurgewerbes bildende Tätigkeiten ausgeführt, indem sie im genannten Zeitraum am genannten Ort Stuckprofile an Wänden und Decken versetzten, Hohlkehlen, Ornamentbänder, Rosetten und Stuckranken, Lisenen und Wandstuckrahmen mit ornamentartigen Eckausbildungen anbrachten sowie Gipskartonarbeiten durchführten und dadurch das Stukkateurgewerbe im Sinne des § 94 Ziffer 76 Gewerbeordnung 1973 ausgeübt, ohne über eine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung im Sinne des § 94 Ziffer 76 zu verfügen, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 94 Ziffer 76 begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen) verhängt."
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, auf Grund der erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof habe dieser mit Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0098, den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, da die belangte Behörde es unterlassen habe, die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf der bezeichneten, dem Stukkateurgewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 indiziere. Dieses essentielle Sprucherfordernis könne durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden. In der Folge wird die Begründung des vom vorangeführten aufhebenden Erkenntnis betroffenen Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Jänner 1991 wiederholend dargestellt und weiters ausgeführt, der Spruch der Erstbehörde sei im Sinne der dargelegten Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes abzuändern bzw. zu ergänzen gewesen. Dazu sei auszuführen, daß die Berufungsbehörde im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG berechtigt sei, eine Präzisierung des Spruches vorzunehmen, wenn die Tatbestandsmerkmale keine Änderung erführen. Im vorliegenden Fall umfasse der Spruch in seinem Inhalt sämtliche Bestandsmerkmale, lediglich hinsichtlich der vorgeworfenen Tätigkeit habe es die Erstbehörde unterlassen, die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben. Somit sei das erstbehördliche Straferkenntnis - wenn auch nach einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, einer Abänderung des Spruches sowie einer ausführlicheren Begründung - so doch im Ergebnis zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte Aktenteile des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, das für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit normierte Erfordernis der Selbständigkeit der Tätigkeitsausübung fehle im vorliegenden Fall. Der Werkvertrag über die gegenständlichen Stuckarbeiten im Hotel XY in Wien sei zwischen der Firma XY Hotels Austria AG als Auftraggeber und Reinhard L als Auftragnehmer abgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe lediglich letzterem zur Durchführung des von diesem übernommenen Auftrages seine persönliche Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Er habe auf die Gestaltung des von Reinhard L auszuführenden Werkes keinerlei Einfluß genommen, habe zur Arbeitsausführung das von diesem beigestellte Material verwendet, sei diesem als Auftragnehmer gegenüber zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen, habe sich nicht durch andere Personen vertreten lassen können und habe für den Einsatz seiner Arbeitskraft eine auf Grund des prognostizierten Zeitaufwandes vereinbarte Pauschalentlohnung erhalten. Ungeachtet dieser ein Dienstverhältnis zum Auftragnehmer Reinhard L indizierenden Tatsachen habe die belangte Behörde eine selbständige Tätigkeitsausübung durch den Beschwerdeführer festgestellt, obgleich sein Entlohnungsanspruch unabhängig von einer allfälligen Mangelhaftigkeit des von Reinhard L an dessen Auftraggeber übergebenen Werkes gegeben gewesen sei, da er eben nur den Einsatz seiner Arbeitskraft geschuldet habe. In diesem Sinne habe Reinhard L im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme durch die erstinstanzliche Behörde auch angegeben, daß das Unternehmerrisiko bei ihm gelegen gewesen sei. So sei beispielsweise die XY Hotels Austria AG nach dem Inhalt des mit Reinhard L abgeschlossenen Werkvertrages zum Einbehalt eines Haftrücklasses zur Abdeckung allfälliger Mängel des von diesem ausgeführten Werkes berechtigt gewesen. Sein Entlohnungsanspruch sei hievon unberührt geblieben. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens werde insbesondere darin erblickt, daß die belangte Behörde nach Behebung des im ersten Verfahrensgang erlassenen Berufungserkenntnisses durch das vorbezeichnete Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis ohne ein weiteres Verfahren einen Bescheid erlassen habe, mit welchem der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses modifiziert worden sei. Er erachte sich durch diese Vorgangsweise im Parteiengehör verletzt, da er der Möglichkeit beraubt gewesen sei, zu den von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Tatbestandsmerkmalen der Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Ertragserzielungsabsicht nochmals Stellung zu nehmen und weitere ihn entlastende Umstände geltend zu machen.
Die Beschwerde ist begründet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Entscheidungsgründen seines vorbezeichneten aufhebenden Erkenntnisses vom 10. September 1991, Zl. 91/04/0098, unter Bezugnahme auf die dort angegebene hg. Rechtsprechung dargetan hat, hat gemäß § 44a Z. 1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ausgehend davon - und unter Bedachtnahme auf § 1 Abs. 2 und 3 GewO 1973 - habe es die belangte Behörde unterlassen, die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf der bezeichneten, dem Stukkateurgewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 indiziere. Dieses essentielle Sprucherfordernis könne durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden.
Unter Bedachtnahme auf diese, für den Beschwerdefall maßgebende Rechtslage mangelt auch dem - als Ersatzbescheid ergangenen - angefochtenen Bescheid die erforderliche, auf die Merkmale des hier in Rede stehenden Tatverhaltens des Beschwerdeführers bezugnehmende Konkretisierung, der insbesondere auch durch die Spruchfassung, der Beschwerdeführer habe im genannten Zeitraum "im Hotel XY, Wien, selbständig, das heißt auf eigene Rechnung und Gefahr, über eine längere Zeit und somit regelmäßig im Sinne der Gewerbeordnung 1973 als auch in der Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen", den Gegenstand des Stukkateurgewerbes bildende - in der Folge bezeichnete - Tätigkeiten ausgeführt, allein nicht Rechnung getragen wird. Dies deshalb, da die belangte Behörde nach ihren Begründungsdarlegungen offensichtlich selbst annimmt, daß der Beschwerdeführer nicht etwa auf Grund eines unmittelbaren Auftragsverhältnisses mit der Betreiberin des Hotels XY tätig geworden sei, sondern im Rahmen eines zwischen dieser und Reinhard L bestehenden Auftragsverhältnisses, wobei sie in diesem Zusammenhang von einer "selbständigen" der Gewerbeordnung unterliegenden Tätigkeit des Beschwerdeführers ausgeht, wogegen der Beschwerdeführer sich auf das Vorliegen der Merkmale einer unselbständigen Tätigkeit beruft. Im Hinblick darauf wäre es aber im Sinne der vorbezeichneten Sprucherfordernisse der belangten Behörde oblegen, im Spruch das Tatverhalten des Beschwerdeführers in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auch in Ansehung des nach ihrer Annahme gegebenen Auftragsverhältnisses, auf Grund dessen der Beschwerdeführer in der von ihr bezeichneten Weise tätig geworden sein soll, konkret darzustellen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es war daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992040156.X00Im RIS seit
24.11.1992