TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/24 92/05/0130

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Index

L80402 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §10 Abs4;
OrtsbildpflegeG Krnt 1979 §5 Abs1 lita;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der N Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 30. August 1990, Zl. Ro-519/1/90, betreffend Aufträge nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz 1990 (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer Verhandlungsschrift vom 14. April 1988 stellten Vertreter des Magistrates Villach fest, daß die Aufstellung von Metallregalen beim Geschäftsgebäude auf der Liegenschaft T-Straße 1 eine Störung des Ortsbildes bedeute. Bei dieser Verhandlung waren sowohl ein Vertreter der Beschwerdeführerin als auch einer der Grundeigentümerin anwesend. Einvernehmlich wurde festgelegt, ein Gutachten der Ortsbildpflegekommission einzuholen. In einem im Akt erliegenden Gutachten der Ortsbildpflegekommission vom 18. Mai 1988 wurde festgestellt, daß die "Warenausräumung" in Verbindung mit einem Hochregallager vor dem baulichen Objekt der Beschwerdeführerin eine Störung des Ortsbildes darstelle und nicht weiterbetrieben werden dürfe (dies wurde näher begründet). Im Akt erliegt sodann ein weiteres Gutachten, welches Grundlage des Beschlusses der Ortsbildpflegekommission vom 30. November 1989 war. Auch in diesem Gutachten war eine Beeinträchtigung des Ortsbildes festgestellt worden.

In einem Schreiben des Magistrates vom 14. Dezember 1989 wurde die Grundstückseigentümerin darauf hingewiesen, daß das Aufstellen von Waren vor Geschäftslokalen eine anzeigepflichtige Maßnahme im Sinne des § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 7. März 1989, betreffend Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Maßnahmen zur Pflege des Ortsbildes, darstelle. Auf die rechtlichen Folgen wurde hingewiesen.

Mit dem an die Grundeigentümerin gerichteten Bescheid vom 23. März 1990 erging der auf § 10 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes gestützte Auftrag, die vor dem Verkaufslokal "N" zum Teil in Form eines Hochregals lagernden, zum Teil außerhalb dieses Hochregallagers aufgestellten, zum Teil an der Fassade befestigten Waren bis 13. April 1990 zu beseitigen.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin gab am 3. April 1990 dem Magistrat Villach bekannt, daß der Bescheid vom 23. März 1990 bisher seinem Adressaten noch nicht zugestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 27. April 1990 richtete der Bürgermeister einen Auftrag nach § 10 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes nunmehr an die Beschwerdeführerin. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß es sich bei den genannten Warenlagerungen um anzeigepflichtige Maßnahmen im Sinne des Ortsbildpflegegesetzes und der Villacher Ortsbildschutzverordnung handle, welche jedoch nicht angezeigt worden seien. Dementsprechend sei die Beseitigung gemäß § 10 Abs. 1 und 4 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes zu verfügen gewesen. Es wurde auch festgestellt, daß die zur Schau gestellten Waren insbesondere im Hinblick auf die Flächenausdehnung und Höhenentwicklung des Hochregallagers sowie die Art der zur Schau gestellten Waren innerhalb wie auch außerhalb des Hochregallagers eine absolut nachhaltige Störung des Ortsbildes darstellten.

In ihrer dagegen eingebrachten Berufung rügte die Beschwerdeführerin zunächst, daß ihr bisher kein Parteiengehör gewährt worden sei, und zwar weder zur Stellungnahme der Ortsbildpflegekommission, noch zur Rechtslage nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz bzw. der Villacher Ortsbildschutzverordnung, noch zu der vorgesehenen Beseitigungsverfügung. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht aufgefordert worden, die zur Schau gestellten Waren binnen einer bestimmten Frist zu beseitigen. Schon durch diese Verletzung des Parteiengehörs sei das bisher durchgeführte Verwaltungsverfahren mangelhaft geblieben. Die Beschwerdeführerin verwies sodann darauf, daß nach dem Flächenwidmungsplan die Grundflächen im Bauland-gemischtes Baugebiet lägen und sich in der Umgebung mehrere Geschäftsobjekte befänden. In diesem Bereich seien auch vom Ortsbildschutz her jene geschäftlichen Maßnahmen zu dulden, die zum üblichen Betrieb eines Unternehmens gehören. Im gegenständlichen Objekt führe die Beschwerdeführerin einen Bau- und Heimwerkermarkt, zu dem es typisch gehöre, im Freien ein Hochregal zu errichten und neben dem Objekt Waren auf verschiedene Art und Weise zu lagern. Diese Möglichkeit, auf die Vielzahl angebotener Waren hinzuweisen, könne letztlich nicht durch Ortsbildpflegeschutzbestimmungen unterbunden werden. Die Beschwerdeführerin beantragte die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet des Einzelhandels sowie die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Fache der Ortsbildpflege. Ohne Vorhandensein einer Rechtspflicht werde die Beschwerdeführerin auch die "Warenausräumung" der Stadt Villach anzeigen.

Dieser Berufung gab der Stadtsenat mit Bescheid vom 25. Juli 1990 keine Folge. Nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage beurteilte die Berufungsbehörde als allein entscheidend und Grundlage für die rechtmäßige Verfügung der Beseitigung den Umstand, daß es sich bei der den vorgenommenen "Warenausräumungen" um anzeigepflichtige Maßnahmen gemäß § 1 lit. a der Ortsbildschutzverordnung handle. Da eine Anzeige bis heute nicht erfolgt sei, sei zu Recht die Beseitigung gemäß § 10 Abs. 1 und 4 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes aufgetragen worden.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung wiederholte die Beschwerdeführerin im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Es wurde auch darauf verwiesen, daß die Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung als zulässig angesehen worden sei. Es könne nicht möglich sein, durch eine Verordnung der Gemeinde Bestimmungen der Gewerbeordnung zu derogieren. Der Beseitigungsauftrag sei daher contra legem und verstoße gegen die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Kärntner Landesregierung die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Auch die Gemeindeaufsichtsbehörde verwies auf die gegebene Anzeigepflicht und die mangels Anzeige nach dem Gesetz angeordnete Beseitigung. Eine Derogation von Bestimmungen der Gewerbeordnung sei durch die Ortsbildschutzverordnung des Gemeinderates der Stadt Villach nicht eingetreten, vielmehr handle es sich um zwei getrennte Verfahren, die gänzlich unterschiedliche Ziele verfolgen. Es könne nicht Sinn eines Ortsbildpflegegesetzes sein, welches auf ein zuträgliches allgemeines Erscheinungsbild im Gefüge der örtlichen Gemeinschaft abziele, in erster Linie wirtschaftliche Gesichtspunkte eines einzelnen Unternehmens zu berücksichtigen. Daran ändere auch eine Widmung Bauland-gemischtes Baugebiet nichts, weil eine solche Widmung keineswegs eine willkürliche Gestaltung eines Ortsbereiches bedinge. Die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit sei daher nicht gegeben. Die Gemeindeaufsichtsbehörde nahm auch zum Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs Stellung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 9. Juni 1992, B 1173/90, ablehnte, die Beschwerde jedoch dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über diese Beschwerde, den ergänzenden Schriftsatz der Beschwerdeführerin und die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 lit. a des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 32 (Wiederverlautbarung) - diese im Landesgesetzblatt vom 4. Juli 1990 kundgemachte Wiederverlautbarung war im Hinblick auf die Bestimmungen des Art. II der Novelle LGBl. Nr. 24/1990 von der Berufungsbehörde schon anzuwenden -, hat der Gemeinderat, wenn es zum Schutz des erhaltenswerten Ortsbildes oder im Interesse der Schaffung eines erhaltenswerten Ortsbildes erforderlich erscheint, mit Verordnung zu bestimmen, ob und inwieweit und in welchen Teilen eines Ortsbereiches das Aufstellen von Waren vor Geschäftslokalen einer Anzeige bedarf. Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 17. März 1989 wurde das Aufstellen von Waren vor Geschäftslokalen in allen Ortsbereichen der Stadt Villach für anzeigepflichtig erklärt (§ 1 lit. a). Nach § 10 Abs. 4 des Ortsbildpflegegesetzes ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessen festzusetzender Frist u.a. dann aufzutragen, wenn vor Wirksamkeit einer Anzeige oder abweichend von der Anzeige anzeigepflichtige Maßnahmen ausgeführt werden. Die Wiederherstellung obliegt in solchen Fällen in erster Linie demjenigen, der die Maßnahme veranlaßt oder gesetzt hat, kann dieser nicht herangezogen werden, dem Grundeigentümer oder dem sonst über ein Grundstück Verfügungsberechtigten.

Die Beschwerdeführerin behauptet nun zunächst, daß die von ihr - unbestritten - vorgenommene "Warenausräumung" nicht unter § 5 Abs. 1 lit. a des Ortsbildpflegegesetzes subsumiert werden könne, weil diese Bestimmung offensichtlich die "Warenausräumung" auf öffentlichen Verkehrsflächen erfasse, nicht aber das "Ausräumen" auf privaten Grundflächen. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil vom Standpunkt der Ortsbildpflege kein wesentlicher Unterschied darin erblickt werden kann, ob das Aufstellen von Waren auf öffentlichen Verkehrsflächen oder sonstigen Grundflächen erfolgt; auch hat der Gesetzgeber eine solche Unterscheidung nicht vorgenommen. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf § 5 Abs. 1 lit. h leg. cit. verweist, wonach die Anlage von Ablagerungsplätzen, Materiallagerplätzen, Lagerplätzen für Autowracks u.ä. auch einer Anzeigepflicht unterliegt, so kann daraus für die Auslegung des § 5 Abs. 1 lit. a nichts gewonnen werden, weil es sich bei dem hier behandelten Aufstellen von Waren ja nicht um eine Lagerung im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. h handelt. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, daß auch das von der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufstellen von Waren vor Geschäftslokalen der Anzeigepflicht unterlag.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, daß der erstinstanzliche Bescheid und auch der Berufungsbescheid sich auf das Ortsbildpflegegesetz 1979 gestützt haben, während die belangte Behörde erstmals das (nach der Novelle LGBl. Nr. 15/1990) wiederverlautbarte Ortsbildpflegegesetz ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, vermag damit eine Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt werden, weil die irrtümliche Bezeichnung einer tatsächlich existierenden und angewendeten Rechtsnorm im Administrativverfahren nicht zu einer Aufhebung vor dem Verwaltungsgerichtshof führen kann.

Durfte aber die belangte Behörde davon ausgehen, daß eindeutig anzeigepflichtige Maßnahmen nicht zum Gegenstand einer Anzeige gemacht worden waren, so war nach § 10 Abs. 4 des Ortsbildpflegegesetzes die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufzutragen, wobei in einem solchen Fall die Einholung eines Gutachtens der Ortsbildpflegekommission gar nicht erforderlich war. Soweit daher die Beschwerdeführerin in dieser Beziehung eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs behauptet, kommt eine solche Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der gegebenen Rechtslage überhaupt nicht in Betracht. Es erübrigte sich daher, auf die diesbezüglichen Ausführungen über eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften näher einzugehen.

Da die Beschwerdeführerin auf Grund der dargelegten Erwägungen durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden ist, war ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050130.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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