TE Vwgh Beschluss 1992/11/24 91/08/0126

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. August 1991, Zl. Va-456-6041/7-1991, betreffend Gewährung von Sozialhilfe, Sicherung des Lebensunterhaltes durch Übernahme der Mietkosten, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezieht seit 1982 mit Unterbrechungen Sozialhilfe. Infolge Aufnahme einer vom Arbeitsamt vermittelten Tätigkeit wurde die Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und für Stromteilzahlungen per 31. März 1989 eingestellt. Obwohl das Arbeitsverhältnis der Beschwerdeführerin per 30. Juni 1989 gekündigt worden war, stellte sie keinen neuerlichen Antrag auf laufende Sozialhilfeunterstützung; es wurden ihr allerdings zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 12. Jänner 1988 Sozialhilfeleistungen durch Übernahme der anfallenden Mietkosten gewährt.

Mit Bescheid der BH vom 29. August 1989 wurde der Beschwerdeführerin die bewilligte Sozialhilfe im Hinblick auf die Sachleistung durch Übernahme der anfallenden Mietkosten für die von ihr bewohnte Wohnung in Höhe von monatlich S 4.500,-- für die Monate Oktober bis Februar sowie von monatlich S 3.500,-- für die Monate März bis September mit Ablauf des Monates Juli 1989 eingestellt. Am 13. September 1989, bei der BH eingelangt am 14. September 1989, erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung. Noch während des offenen Berufungsverfahrens beantragte die Beschwerdeführerin am 19. September 1989 (bei der BH eingelangt am 22. September 1989) neuerlich die Gewährung der Sozialhilfe durch Übernahme der Mietkosten. Über diesen Antrag wurde vorerst nicht entschieden.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Jänner 1990 wurde der von der Beschwerdeführerin gegen den Einstellungsbescheid vom 29. August 1989 erhobenen Berufung nicht Folge gegeben. Mit Bescheid der BH vom 8. Februar 1990 wurde sodann auch der Antrag der Beschwerdeführerin vom 19. September 1989 (bzw. 22. September 1989) gerichtet auf Gewährung der Sozialhilfe durch (laufende) Übernahme der Mietkosten abgewiesen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 14. Februar 1990 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Am 23. März 1990 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Jänner 1990, betreffend die Einstellung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Tiroler Sozialhilfegesetz, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0218, den damals angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom 6. August 1991 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin (vom 13. September 1989) Folge gegeben und der Beschwerdeführerin eine Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch Übernahme der nach Abzug der Mietzinsbeihilfe verbleibenden Mietkosten für August 1989 in Höhe von S 1.250,-- gewährt. In der Begründung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges festgestellt:

"Zunächst sei festgestellt, daß es im gegenständlichen Fall lediglich um die Frage der Gewährung einer Sozialhilfe durch Übernahme der Mietkosten für die Wohnung geht. Der entscheidungswesentliche Zeitraum bezieht sich auf Grund der Einstellung der Mietzahlungen ab Juli 1989 (vgl. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. August 1989) und der Entscheidung der Erstbehörde vom 8. Februar 1989 (richtig 1990), Zl. Ie-267/19, lediglich auf den Monat August 1989.

Mit dem zuletzt genannten Bescheid, der am 14. Februar 1990 an Frau I zugestellt wurde und in der Folge unangefochten blieb, wurde nämlich der Antrag vom 19. September 1990, welcher auf Übernahme der Mietkosten durch die Sozialhilfe lautete, abgewiesen.

Im Hinblick auf diesen Antrag und den darauf basierenden rechtskräftigen Bescheid vom 8. Februar 1990 ist eine neuerliche Entscheidung für den Zeitraum ab September 1989 in diesem Verfahren nicht mehr möglich.

In der Sache selbst war davon auszugehen, daß die Berufungswerberin im August 1989 nicht in der Lage war, die Mietkosten in Höhe von S 3.500,-- selbst zu bestreiten.

Unter Berücksichtigung der an Frau I im Jahre 1989 und somit auch im Monat August 1989 gewährten Mietzinsbeihilfe in Höhe von S 2.250,-- monatlich, welche gemäß dem im Tiroler Sozialhilfegesetz geltenden Subsidiaritätsprinzip (s. § 1 Abs. 3 lit. a und § 7 Abs. 2 leg. cit.) auf die begehrte Sozialhilfeleistung anzurechnen ist, steht der Berufungswerberin somit für den Monat August 1989 eine Sozialhilfe in Höhe von S 1.250,-- zu."

Gegen diesen Bescheid richtet sich, soweit er implicite die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Sozialhilfe durch Übernahme der Mietzinskosten ab September 1989 beinhaltet, die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführerin ist zuzugeben, daß gemäß § 42 Abs. 3 VwGG durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 26. Jänner 1990 die Rechtssache in die Lage zurückgetreten ist, in der sie sich vor Erlassung dieses damals angefochtenen Bescheides befunden hatte. Zutreffend ist auch, daß diese Ex-tunc-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses zur Folge hat, daß die Rechtslage zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als sei der Bescheid nie erlassen worden. Unzutreffend sind jedoch die weiteren von der Beschwerdeführerin daran geknüpften Rechtsfolgen. Aus dem eingangs ausführlich dargestellten bisherigen Verfahrensgang ist ersichtlich, daß durch das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0218, das Verfahren über die Einstellung der Sozialhilfe laut Bescheid der BH vom 29. August 1989 in jenen Verfahrensabschnitt zurücktrat, in welchem es sich vor Erlassung des damals angefochtenen und aufgehobenen Bescheides vom 26. Jänner 1990 befand, nämlich in das Stadium des offenen Berufungsverfahrens.

Nach Aufhebung eines Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde anläßlich der Fortführung und des neuerlichen Abschlusses des Verfahrens eine inzwischen eingetretene Änderung des Sachverhaltes ebenso wie eine inzwischen eingetretene Änderung der Rechtslage zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1986, Zl. 85/13/0186).

Die belangte Behörde hat daher zutreffend bei Erlassung des Ersatzbescheides (des nunmehr angefochtenen Bescheides) die mittlerweile eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage (nämlich die rechtskräftige Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 19. September 1989 auf Gewährung der Sozialhilfe durch Übernahme der Mietkosten ab September 1989) beachtet. Da aber die belangte Behörde, wie aus dem Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dessen oben wiedergegebener Begründung zweifelsfrei zu entnehmen ist, über jenen Teil der Berufung betreffend den Zeitraum ab September 1989 gar nicht absprechen wollte und auch bisher nicht darüber entschieden hat (sei es auch in Form einer Zurückweisung), kann die Beschwerdeführerin durch den nunmehr angefochtenen Bescheid in keinem subjektiven Recht verletzt sein; die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991080126.X00

Im RIS seit

24.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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