Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. Oktober 1990, Zl. VIb-225/63-1989, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 23. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Bestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Jänner 1990 - schuldig erkannt, er habe am 24. Oktober 1989 auf der Gp 2946/7, KG M, eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage als Lagerplatz zur Lagerung von Baumaterialien, Baustoffen und Gerätschaften für sein Baugeschäft ohne die erforderliche Genehmigung betrieben.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarreststrafe sechs Tage) verhängt wurde.
Zur Begründung wurde - nach Darstellung des Berufungsvorbringens - u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach der Aktenlage am 16. September 1988 auf der Gp. 2946/7, KG M, einen Lagerplatz für sein Baugeschäft errichtet. Zu diesem Zweck sei der Humus entfernt, der Lagerplatz eingeebnet und auf einer Fläche von ca. 900 m2 mit Kies versehen worden. Am 7. November 1988 habe der Beschwerdeführer um Erteilung der Landschaftsschutzbewilligung und der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Bauhofes mit Gebäude und Lagerplatz auf der genannten Grundparzelle angesucht; Erhebungen am 17. November 1988 durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft hätten ergeben, daß der Lagerplatz (ohne Gebäude) bereits fertiggestellt und in vollem Umfang betrieben worden sei. Das Ansuchen (vom 7. November 1986) sei vom Beschwerdeführer wieder zurückgezogen worden, und es habe dieser unter Vorlage neuer Projektsunterlagen, datiert mit 30. August und 6. September 1989, neuerlich eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des gegenständlichen Lagerplatzes angesucht. Dieses Genehmigungsverfahren sei derzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen; es sei daher nachweislich zum Tatzeitpunkt, dem 24. Oktober 1989, eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Lagerplatzes nicht vorgelegen. Der Aktenlage nach sei auch A, der vom Beschwerdeführer als Zeuge namhaft gemacht worden sei, niemals im Besitze einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Lagerplatzes als Bauhof auf der besagten Grundparzelle gewesen. Der Beschwerdeführer sei mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 16. November 1989, Zl. VIb-225/63-1989, rechtskräftig wegen Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 mit einer Geldstrafe von S 5.000,-- bestraft worden, weil er den verfahrensgegenständlichen Lagerplatz, ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 zu besitzen, errichtet habe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 20. September 1989, Zl. II-2345/1988, sei gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 mit sofortiger Wirkung die gänzliche Schließung des unbefugt errichteten und betriebenen Lagerplatzes verfügt worden. Gleichzeitig sei angeordnet worden, daß alle Materialien, Baustoffe und Gerätschaften binnen einer Woche nach Erhalt des Bescheides vom Lagerplatz auszulagern und an einem hiefür geeigneten Ort unterzubringen seien. Dieser Bescheid sei zufolge § 360 Abs. 3 GewO 1973 sofort vollstreckbar, d.h. daß einer allfälligen Berufung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukomme. Im übrigen werde bemerkt, daß die Betriebseinstellung im Berufungsverfahren mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 30. April 1990, Zl. VIb-221/375-1989, bestätigt worden sei. Angesichts dieses Sachverhaltes bestehe für die Berufungsbehörde kein Zweifel an der Genehmigungspflicht des vom Beschwerdeführer unbefugt errichteten und betriebenen Lagerplatzes für Baumaterialien, Baustoffe und Gerätschaften. Auch sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer den Lagerplatz am 24. Oktober 1989 betrieben habe. Dies sei anläßlich einer kommissionellen Augenscheinsverhandlung durch ein Organ der Gewerbebehörde erster Instanz festgestellt worden. Die Berufungsbehörde nehme daher die dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen an und gehe nach dem bisher Gesagten davon aus, daß der Beschwerdeführer diese vorsätzlich begangen habe.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers in seinen Eingaben vom 29. November 1989 und vom 4. Jänner 1990 werde bemerkt, daß diese an der Strafbarkeit seines Verhaltens nichts zu ändern vermögen. Die Behauptung, beim gegenständlichen Lagerplatz handle es sich um eine sogenannte Altanlage, die bereits von A betrieben worden sei, komme schon deshalb keine rechtliche Bedeutung zu, da sich nach der Aktenlage kein Hinweis auf eine bereits erteilte gewerbebehördliche Genehmigung ergebe und auch der Beschwerdeführer diesbezüglich keine Genehmigungsbescheide vorlegen könne. Auf Grund des Fehlens jeglicher gewerbebehördlichen Genehmigung für den Lagerplatz könne nach Ansicht der Berufungsbehörde auf die Einvernahme des A verzichtet werden. Daß es sich um eine Neuerrichtung eines Lagerplatzes handle, zeige auch der Umstand, daß auf einer Fläche von ca. 900 m2 Humus entfernt und die Fläche habe bekiest werden müssen. Bei dieser Sachlage könne aber nicht von einem bereits bestehenden Lagerplatz ausgegangen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er führt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen aus, er habe vorgebracht, daß das Gst 2946/7, KG M, seit ca. 25 Jahren als Lagerplatz für Baumaterialien verwendet werde, dieser Umstand der Behörde seit mehr als zehn Jahren bekannt sei, A im Rahmen seines Baugeschäftes das Gst 2946/7 zur Gänze als Lagerplatz benutzt habe und der Gewerbebetrieb des A in seinem ganzen Umfange genehmigt sei, sohin eine Altanlage vorliege, die nicht mehr gesondert zu genehmigen sei, weil der Beschwerdeführer diesen Teil des Baugeschäftes von A gepachtet habe.
Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, er habe beantragt, A zu diesem Sachverhalt als Zeugen einzuvernehmen. Die Einvernahme sei unterblieben, wodurch er in seinen Verteidigungsrechten beschnitten worden sei. Durch die Einvernahme des A hätte sich die Richtigkeit seiner Behauptungen ergeben, was zwingend zur Einstellung des Verfahrens hätte führen müssen. Wenn im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, daß sich nach der Aktenlage kein Hinweis auf eine bereits erteilte gewerbebehördliche Genehmigung ergebe und er keine diesbezüglichen Genehmigungsbescheide vorgelegt habe, sei die Behörde ihrer Verpflichtung zur Wahrheitsforschung nicht nachgekommen. Welche Aktenlage gemeint sei, könne nicht festgestellt werden. Offensichtlich handle es sich um die gegenständliche Aktenlage. Darauf komme es aber nicht an. Einzig und allein entscheidend sei, seit wann A sein Baugeschäft betrieben und das Gst 2946/7 als Lagerplatz benutzt habe, ob hiefür eine gewerbebehördliche Genehmigung vorgelegen oder nicht notwendig gewesen und in welchem Umfang dieser Gewerbebetrieb durch Pacht auf ihn übergegangen sei. Dazu hätte A gehört werden müssen. Das Verfahren sei daher mangelhaft geblieben. Der Beweis für eine Neuerrichtung eines Lagerplatzes könne nicht daraus abgeleitet werden, daß auf einer Fläche von ca. 900 m2 Humus entfernt und diese Fläche bekiest worden sei, was tatsächlich nicht zutreffe. Ob ein Lagerplatz hinsichtlich der Grundfläche verbessert werde, sage hinsichtlich der zeitlichen Verwendung überhaupt nichts aus.
Weiters rügt der Beschwerdeführer, daß das strafbare Verhalten unzureichend konkretisiert und individualisiert sei.
Schon im Hinblick auf das letztgenannte Vorbringen ist die Beschwerde im Ergebnis begründet:
Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z. 3) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. 11466/A).
Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973, um das Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten muß, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl. dazu sinngemäß etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 90/04/0216).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Insbesondere kann es auch dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde in einer dem § 60 AVG entsprechenden, nachvollziehbaren Weise darlegte, weshalb es sich ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht um eine Altanlage im Sinne des § 376 Z. 11 GewO 1973 handelt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Da unter dem Titel Barauslagen Stempelgebühren nicht angesprochen werden können, war das Mehrbegehren abzuweisen.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990040345.X00Im RIS seit
24.11.1992