TE Vfgh Beschluss 1990/6/12 B500/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33 ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages; kein minderer Grad des Versehens

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Schriftsatz vom 6. April 1990 (zur Post gegeben am 12. April 1990) begehrt Dr. F B die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für den Antrag, seine gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 26. April 1989, Zl. 562.105/1-VI/15-1989, gerichtete Beschwerde (deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. November 1989, B740/89, abgelehnt worden war) an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Er begründet den Antrag im wesentlichen damit, daß "durch einen heute nicht mehr nachvollziehbaren manipulativen Umstand" das Schriftstück (der zitierte Beschluß), das nur aus einem Blatt besteht, nach Anbringung des Eingangsstempels, aber noch vor Eintragung in das Fristenbuch (Terminkalender), in der Kanzlei des Beschwerdevertreters hinter ein Möbelstück fiel und daher nicht mehr weiter bearbeitet wurde. Daher konnte auch keiner der ausgewiesenen Rechtsvertreter davon Kenntnis erlangen. Im Zuge der Umgestaltung der Büroeinrichtung, bei der auch das Möbelstück, hinter das das Schriftstück gerutscht war, am 30. März 1990 von seinem Aufstellungsort weggebracht wurde, fand eine Mitarbeiterin der Kanzlei den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes.

Dem Antrag ist eine von der Kanzleikraft unterfertigte eidesstaatliche Erklärung beigeschlossen, mit welcher diese das Auffinden des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes im Zuge des Umstellens von Möbelstücken bestätigt. Weiters ist eine Ablichtung des dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes beigeschlossen, der den Eingangsstempel der Kanzlei vom 15. Dezember 1989 ohne weitere Verfügung aufweist. Außerdem wurde dem Antrag eine Ablichtung aus dem Terminkalender vom 29. Dezember 1989 beigeschlossen, aus dem hervorgehen soll, daß aufgrund des Vorfalles keine Anmerkung im Fristenbuch vorgenommen wurde.

2. Der Antrag ist nicht gerechtfertigt.

Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Selbst wenn man vom Antragsvorbringen ausgeht, kann es nicht als "minderer Grad des Versehens" im Sinne des §146 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG gewertet werden, wenn ein behördliches Schriftstück hinter ein Möbelstück fällt und dort monatelang unentdeckt bleibt (vgl. VfSlg. 10 345/1985; VfGH 27.9.1988 B809/88). Im Antrag wird auch nicht vorgebracht, daß dies hier aufgrund besonderer Umstände - trotz der Einhaltung der für die Bearbeitung von Gerichtsbeschlüssen zumutbaren Sorgfalt - geschehen konnte.

Der Wiedereinsetzungsantrag war sohin abzuweisen.

3. Bei diesem Ergebnis war der mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene, offenkundig verspätete Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen.

4. Diese Beschlüsse wurden gemäß §33 bzw. §19 Abs3 Z2 litb VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B500.1990

Dokumentnummer

JFT_10099388_90B00500_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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