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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des V in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Mai 1992, Zl. 4.309.350/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Mai 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger, der am 25. November 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der (bereits damals anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer hat in seinem schriftlichen Asylantrag vom 3. Dezember 1990 behauptet, in der Türkei politisch verfolgt worden zu sein, ohne dies jedoch näher zu begründen. Auch seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 29. April 1991 enthielt kein Tatsachenvorbringen. Einzige Entscheidungsgrundlage waren daher die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Erstbefragung am 24. April 1991. Demnach sei der Beschwerdeführer seit 1978 aktives Mitglied der linksgerichteten Partei "Revolutionärer Weg" gewesen. Seit 1982 sei es zu Auseinandersetzungen mit Mitgliedern einer rechtsgerichteten Partei gekommen, wobei er gemeinsam mit Gesinnungsgenossen bei Plakatierungsaktionen überfallen und geschlagen worden sei. "Diese Personen" hätten auch bei ihm zu Hause die Fensterscheiben eingeschlagen, Benzin angezündet und ihn mehrmals mit dem Umbringen bedroht. Nachdem er sich seit 1984 ein Jahr lang bei seiner Schwester in I aufgehalten habe, sei er in seinen Heimatort zurückgekehrt, wo sich jedoch nichts geändert habe. Da er von den Mitgliedern "der anderen Partei" wieder mit dem Umbringen bedroht worden sei, habe er sich entschlossen, die Türkei für immer zu verlassen und nach Österreich zu flüchten.
Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß es dem Beschwerdeführer auf diese Weise nicht gelungen ist, konkrete Verfolgungen seiner Person durch die Behörden seines Heimatlandes aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ angeführten Gründe darzutun. Sie vertrat die Auffassung, daß Auseinandersetzungen "zwischen Mitgliedern polarisierter Gruppen" nicht die Anerkennung als Konventionsflüchtling rechtfertigten und der Beschwerdeführer auch nicht dargetan habe, daß die von ihm behaupteten Verhaltensweisen von Mitgliedern einer rechtsgerichteten Partei von den Behörden seines Heimatstaates geduldet würden oder daß der Beschwerdeführer, hätte er sich an die Behörden seines Heimatstaates gewandt, keinen Schutz erhalten hätte. Richtig ist, daß nur dann von gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention gesprochen werden könnte, wenn die Übergriffe von staatlichen Stellen seines Heimatlandes ausgegangen sind oder von diesen geduldet wurden (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1992, Zl. 91/01/0207, und vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102). Auch daß letzteres der Fall gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Er meint demgegenüber, aus seinen niederschriftlichen "Darlegungen", wonach er wiederholt mit dem Umbringen bedroht worden sei und deshalb beschlossen habe, die Türkei zu verlassen, sei "herauszulesen", daß dieser Entschluß von ihm nur aus dem Grunde gefaßt worden sei, weil ihm die staatlichen Behörden seines Heimatlandes "gegen die rechtsgerichtete Partei keinen ausreichenden Schutz gewähren konnten". Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, geht doch daraus nicht hervor, daß der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor weiteren Übergriffen bei staatlichen Behörden gesucht habe, ihm aber ein solcher nicht zuteil geworden sei. Erst dann, wenn sich der Beschwerdeführer vergeblich darum bemüht hätte, könnte davon ausgegangen werden, daß die ihm drohenden Übergriffe Dritter von den staatlichen Stellen seines Heimatlandes geduldet würden.
Die belangte Behörde hat demnach ihrer Entscheidung ohnedies das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers, das im Asylverfahren als zentrale Erkenntnisquelle heranzuziehen war, zugrunde gelegt. Es oblag dem Beschwerdeführer als Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/01/0212, und vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0345). Eine weitere Ermittlungspflicht traf daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - die belangte Behörde nicht. Auch der von ihm gerügte Begründungsmangel liegt nicht vor.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010613.X00Im RIS seit
25.11.1992