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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat 1. über den Antrag der F-GesmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 13. Oktober 1988, Zl. 6/3-1345/3/87, betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1983 und 2. über die Beschwerde gegen den eben zitierten Bescheid, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides den 7. November 1988 angegeben. Die sechswöchige Frist für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof endete daher am 19. Dezember 1988. In dem am 21. November 1989 persönlich beim Verwaltungsgerichtshof überreichten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist begründet die Beschwerdeführerin die Fristveräumnis mit der bis zum 7. November 1989 gehegten Hoffnung auf amtswegige Berichtigung bzw. Aufhebung der fehlerhaften Berufungsentscheidung.
Die Beschwerdeführerin habe seinerzeit unter 88/13/0096 eine Bescheidbeschwerde eingebracht und sei in der Folge klaglos gestellt worden. Im fortgesetzten Verfahren habe die Beschwerdeführerin in der damaligen Streitfrage Recht bekommen; es sei jedoch der Abgabenbehörde zweiter Instanz ein Fehler unterlaufen (Nichtbeachtung der Übergangsbestimmung des § 23 a EStG), der bereits dem Betriebsprüfer unterlaufen war, der aber von der Abgabenbehörde erster Instanz im Zuge der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides richtig gestellt worden war. Die Beschwerdeführerin sei der Meinung gewesen, daß dieser Fehler gemäß § 293 BAO berichtigt werden würde. Da dies nicht geschehen sei, habe sie einen Antrag an das Bundesministerium für Finanzen gerichtet, mit der Bitte, die Berufungsentscheidung aufzuheben.
Diese Bitte sei mit Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 2. November 1989 mit der Begründung abgelehnt worden, daß die Berufungsentscheidung inhaltlich rechtswidrig sei und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung im Aufsichtsweg fehlten. Diese Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen stelle ein unvorhergesehenes Ereignis dar, dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Mit Bekanntwerden der Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Finanzen am 7. November 1989 läge ein Aufhören dieses Hindernisses vor, weshalb der gegenständliche Wiedereinsetzungantrag vom 21. November 1989 rechtzeitig sei.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag werden keine Umstände aufgezeigt, die dafür sprechen, daß die Fristveräumnis auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis oder auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen wäre.
Es mag zutreffen, daß die Beschwerdeführerin die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorausgesehen hat, obwohl diese auf eindeutigen Rechtsvorschriften beruht (§ 299 Abs. 3 und § 302 Abs. 2 BAO). Warum sie aber dadurch an der fristgerechten Einbringung einer Beschwerde gehindert wurde, ist nicht nachzuvollziehen. Die grundsätzlichen Möglichkeiten der Bundesabgabenordnung, Bescheide abzuändern oder aufzuheben, konnten einer Beschwerdeerhebung nicht im Wege stehen. Die Beschwerdeführerin mußte sich vielmehr darüber im klaren sein, daß sie mit ungenütztem Fristablauf das Recht, den Gerichtshof mit Aussicht auf Erfolg anzurufen, verliert. Berichtigt die Behörde nicht innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist ihren Bescheid, kann nicht ohne weiteres (insbesondere ohne Rücksprache mit der Behörde) davon ausgegangen werden, es läge ein "im Rahmen der Bundesabgabenordnung leicht behebbarer Fehler" vor, der die Befassung eines Höchstgerichtes nicht rechtfertige. Dasselbe gilt für eine Bescheidaufhebung durch die Oberbehörde. Durch die Unterlassung der rechtzeitigen Anfechtung des Bescheides in der Hoffnung, auf andere Weise ihr Ziel zu erreichen, hat sich die Beschwerdeführerin somit freiwillig des Rechtes auf Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde begeben und die Beschwerdefrist nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis versäumt.
Darüber hinaus erscheint das Vorbringen, im Vertrauen auf eine amtswegige Richtigstellung die Beschwerdefrist versäumt zu haben, widersprüchlich gegenüber anderen Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag. Nach ihren eigenen Angaben hat nämlich die Beschwerdeführerin erstmals mit Schreiben vom 20. Juni 1989, demnach sechs Monate nach Fristablauf, eine Bescheidaufhebung angeregt. Dieses Ersuchen stand offensichtlich im Zusammenhang mit dem für 1983 ergangenen Körperschaftsteuerbescheid der E-GmbH. Der Wiedereinsetzungsantrag selbst führt aus, erst mit Erhalt des vom fehlerhaften Feststellungsbescheid abgeleiteten Abgabenbescheides sei die negative steuerliche Auswirkung ersichtlich geworden. Damit sagt die Beschwerdeführerin in Wahrheit nichts anderes, als daß sie sich durch den gegenständlichen Bescheid in ihren Rechten zunächst (d.h. innerhalb der Beschwerdefrist) gar nicht verletzt gefühlt hat. Die mangelnde Überprüfung des Bescheides macht der Antrag zu Recht nicht als Wiedereinsetzungsgrund geltend.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war daher nicht stattzugeben und die Beschwerde somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und e VwGG zuständigen Senat mit Beschluß zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989130253.X00Im RIS seit
25.11.1992