TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/25 92/01/0583

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Veröffentlicht am 25.11.1992
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Index

L00060 Landesbürger;
L42000 Staatsbürgerschaft;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

Landes- und BundesbürgerschaftG 1925 §10 Abs1 Z1;
Landes- und BundesbürgerschaftG 1925 §15;
StbG 1985 §39;
StbG 1985 §42 Abs1;
St-ÜG 1949 §1 litb;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des AP in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 22. April 1992, Zl. II-322/2-1992, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 22. April 1992 wurde - in Erledigung eines vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24. Juni 1991 gestellten Antrages - gemäß den §§ 39 und 42 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, festgestellt, daß der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft bisher nicht erworben habe und auch derzeit nicht im Besitze der österreichischen Staatsbürgerschaft sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der 1939 in K geborene Beschwerdeführer beruft sich auf die Bestimmung des § 1 lit. b des Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes 1949, BGBl. Nr. 276, wonach österreichische Staatsbürger ab 27. April 1945 die Personen sind, die in der Zeit vom 13. März 1938 bis 27. April 1945 bei Weitergeltung des Bundesgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 285, über den Erwerb und den Verlust der Landes- und Bundesbürgerschaft in der am 13. März 1938 geltenden Fassung die Bundesbürgerschaft durch Rechtsnachfolge nach einem österreichischen Bundesbürger (Abstammung, Legitimation, Ehe) erworben hätten. Daß dies bei ihm der Fall gewesen wäre, ergebe sich aus § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 des zuletzt genannten Gesetzes, wobei der Beschwerdeführer sein Recht in erster Linie auf Grund der Abstammung von seinem ehelichen Vater LP, geb. im Jahre 1911 in M, jetzt A, Bezirk T, Niederösterreich, ableitet. Richtig ist in diesem Sinne, daß der Beschwerdeführer die Bundesbürgerschaft erlangt hätte (und sohin nunmehr als österreichischer Staatsbürger anzusehen wäre), wenn sein Vater die Bundesbürgerschaft am 13. März 1938 besessen hätte. Denn nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes BGBl. Nr. 285/1925 erlangten nicht eigenberechtigte eheliche Kinder die Landesbürgerschaft des Vaters, womit gemäß § 13 leg. cit. der Erwerb der Bundesbürgerschaft verbunden war. Ob aber der Vater des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt Landesbürger war, bestimmte sich nach § 2 leg. cit., wonach jeder in einer Gemeinde der Republik Österreich Heimatberechtigte Landesbürger jenes Landes war, in dem die Gemeinde gelegen ist.

Die belangte Behörde vertrat unter Bezugnahme auf diese gesetzlichen Bestimmungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, sein Vater habe am 13. März 1938 in M "zweifellos" das Heimatrecht besessen, auf Grund der Ermittlungen bzw. vorhandenen Unterlagen nicht habe bestätigt werden können. Von der Österreichischen Botschaft in Prag sei mit Note vom 10. April 1991 bekanntgegeben worden, daß laut Mitteilung der tschechoslowakischen Behörden LP und AP, die Eltern des Beschwerdeführers, am 13. März 1938 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft und in der Gemeinde L, Bezirk C, das Heimatrecht besessen hätten, dem Vater des Beschwerdeführers der Staatsbürgerschaftsnachweis (Heimatschein) unter der Nr. 1-464 am 26. Mai 1937 vom dortigen Kreisamt ausgestellt worden sei und beide durch das Präsidentendekret Slg. 33/1945 als Personen deutscher Nationalität die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft im Jahre 1945 verloren hätten. Vom Österreichischen Staatsarchiv, Archiv Republik, seien mit Schreiben vom 10. Dezember 1990 Kopien aus dem Wehrstammbuch des LP übermittelt worden, wobei der Wehrstammkarte zu entnehmen sei, daß als dessen Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt seiner Erfassung am 2. Oktober 1939 "Protektorat", als frühere Staatsangehörigkeit CSR eingetragen und die Staatsangehörigkeit "Protektorat" zu einem späteren Zeitpunkt mit einem roten Stempel DR (Deutsches Reich) überdruckt worden sei. Wie das Österreichische Staatsarchiv weiters mitgeteilt habe, habe LP laut Liste der Stadt E - seinem damaligen Wohnsitz, der sich damals auf dem Gebiet des Reichsgaus Niederdonau befunden habe - am 8. August 1940 eine deutsche Einbürgerungsurkunde übernommen und sei daher seit diesem Zeitpunkt als deutscher Reichsbürger, der die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einzeleinbürgerung erworben gehabt habe, anzusehen gewesen. Dezidierte Unterlagen über eine Ein- bzw. Ausbürgerung des Beschwerdeführers hätten im Laufe des Ermittlungsverfahrens diesbezüglich weder von den deutschen noch von den tschechoslowakischen Behörden erlangt werden können. In einer verbalen Note des Auswärtigen Amtes an die Österreichische Botschaft in Bonn vom 21. Februar 1991 sei die Stellungnahme der zuständigen deutschen Stellen in bezug auf die Einbürgerung des (am 22. Februar 1951 in X, Bezirk B, Niederösterreich, verstorbenen) LP folgendermaßen zur Kenntnis gebracht worden: "Dem Bundesverwaltungsamt liegen in der o.a. Einbürgerungsangelegenheit keine Unterlagen vor. Die Angaben aus dem Österreichischen Staatsarchiv - Kriegsarchiv - deuten aber darauf hin, daß es sich bei der Einbürgerung des Herrn P nicht um eine Sammeleinbürgerung, sondern um eine Einzeleinbürgerung gehandelt habe. Ob auch die Ehefrau und der Sohn die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, kann ohne Einbürgerungsunterlagen nicht beurteilt werden. Von einer automatischen Erstreckung der Einbürgerung auf die Familienangehörigen kann nicht ausgegangen werden."

Der Beschwerdeführer macht die Verletzung des Parteiengehörs geltend, weil ihm die angeführten Unterlagen nicht zur Stellungnahme vorgehalten worden seien und ihm auch eine Akteneinsicht verwehrt worden sei. Ob der behauptete Verfahrensmangel vorliegt, kann aber auf sich beruhen, weil der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines allfälligen derartigen Mangels nicht hinreichend dargetan hat. Er stellt gar nicht in Abrede, daß der sich aus diesen unbedenklichen Unterlagen ergebende Sachverhalt den Tatsachen entspreche, insbesondere daß sein Vater (und ebenso seine Mutter) am 13. März 1938 - dem für die Anwendung des § 1 lit. b Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz 1949 maßgeblichen Stichtag - Staatsbürger der Tschechoslowakischen Republik gewesen sei und dort das Heimatrecht besessen habe. Der Beschwerdeführer meint diesbezüglich nur, daß ein "etwa" in der Gemeinde L bestehendes Heimatrecht - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht den Besitz des Heimatrechtes in einer anderen Gemeinde ausgeschlossen habe, kein Grund ersichtlich sei, warum sein Vater nicht in M (und seine Mutter nicht in K, wo sie geboren sei) das Heimatrecht erworben habe, "mit absoluter Sicherheit" davon ausgegangen werden könne, daß seine Eltern dieses Heimatrecht niemals verloren hätten, "auch wenn sie allenfalls (zusätzlich) die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft erworben haben sollten", und der Vater des Beschwerdeführers "mithin" am 13. März 1938 österreichischer Staatsbürger "(allenfalls Doppelstaatsbürger, sofern er auch wirklich die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft erworben haben sollte)" gewesen sei. Bei diesen Ausführungen des Beschwerdeführers handelt es sich - zumindest was die entscheidende Frage betrifft, ob sein Vater trotz des (auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse feststehenden) Erwerbs der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft weiterhin die österreichische Staatsbürgerschaft (Bundesbürgerschaft) besessen hat - um bloße Behauptungen, die mit der Rechtslage nicht ohneweiters in Einklang zu bringen sind.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 285/1925 verlor nämlich durch Ausbürgerung die Landesbürgerschaft (und demnach gemäß § 15 leg. cit. mangels gleichzeitigen Erwerbs einer anderen Landesbürgerschaft auch die Bundesbürgerschaft), soweit nicht wehrgesetzliche Bestimmungen entgegenstanden - was nicht der Fall war (vgl. Goldemund-Ringhofer-Theuer, Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht, Anm. 2 zu § 10 dieses Gesetzes, Seite 399) -, wer eine fremde Staatsbürgerschaft erworben hat. Dies setzte zwar einen entsprechenden "Erwerbswillen" desjenigen, der die fremde Staatsbürgerschaft erlangt hat, voraus (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1992, Zl. 91/01/0213, mit weiteren Judikaturhinweisen). Dafür, daß dieser auf seiten des Vaters des Beschwerdeführers nicht vorgelegen wäre, findet sich jedoch kein Anhaltspunkt. Ausnahmsweise konnte zwar die Beibehaltung der Landesbürgerschaft von der Landesregierung mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes aus triftigen Gründen bewilligt werden. Daß es aber bei seinem Vater dazu gekommen wäre, läßt sich nicht einmal dem Vorbringen des Beschwerdeführers entnehmen, geschweige denn, daß er hiefür irgendwelche Beweise angeboten hätte. Als Indiz für das Gegenteil stellt sich vielmehr die von der belangten Behörde ebenfalls herangezogene Tatsache dar, daß der Vater des Beschwerdeführers mit Antrag vom 8. November 1948 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft angesucht hat (wobei das Verfahren jedoch infolge seines Todes nicht beendet wurde), er also selbst nicht der Meinung war, am 13. März 1938 (welcher Stichtag schon nach dem Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz StGBl. Nr. 59/1945, später wiederverlautbart als

Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz 1949, maßgebend war) österreichischer Bundesbürger gewesen zu sein. Dem Beschwerdeführer ist auch entgegenzuhalten, daß auf Grund der Verordnung vom 3. Juli 1938, dBGBl. Nr. I, 790, mit Wirkung vom 13. März 1938 alle österreichischen Bundesbürger zu deutschen Staatsbürgern erklärt wurden und es daher dann, wenn der Vater des Beschwerdeführers an diesem Stichtag (auch) österreichischer Bundesbürger gewesen wäre, nicht mehr einer späteren Einbürgerung in das Deutsche Reich - die, wie das Ermittlungsverfahren, vom Beschwerdeführer ebenfalls unbestritten, ergeben hat, erfolgt ist - bedurft hätte. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß derjenige, der die Staatsbürgerschaft verloren hat, dadurch gemäß § 15 des Gesetzes vom 3. Dezember 1863, RGBl. Nr. 105, betreffend die Regelung der Heimatverhältnisse - welches auch noch am 13. März 1938 in Geltung stand (siehe die Heimatrechtsnovelle 1925, BGBl. Nr. 286) -, seines Heimatrechtes verlustig gegangen ist.

Für den Standpunkt des Beschwerdeführers, der auch gar nicht aufzeigt, welche weiteren Ermittlungen von der belangten Behörde zu veranlassen gewesen wären, wäre demnach nichts zu gewinnen, auch wenn die Annahme gerechtfertigt wäre, daß der Vater des Beschwerdeführers früher in einer Gemeinde der Republik Österreich heimatberechtigt war und er auf Grund dessen (auch) die Bundesbürgerschaft besessen hat, kommt es doch im gegebenen Zusammenhang einzig und allein auf die Rechtsverhältnisse am 13. März 1938 an, zu welchem Zeitpunkt auf Grund des zwischenzeitigen Erwerbs einer fremden Staatsbürgerschaft dessen Bundesbürgerschaft nicht mehr aufrecht bestanden hat. Ebensowenig ist daher der Umstand, daß der Vater des Beschwerdeführers die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft später wieder verloren hat, sowie schon aus diesem Grunde - wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend bemerkt, sodaß er schon deshalb nicht gehalten war, diesbezüglich in der Bundesrepublik Deutschland eine Klärung herbeizuführen - die Frage des Erwerbs der deutschen Staatsbürgerschaft durch den Beschwerdeführer selbst rechtlich von Bedeutung. Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, "es scheint denkbar, daß meine Eltern während der Monate vor oder nach meiner Geburt auch das Heimatrecht in K erworben haben, was - fiktiv die Weitergeltung der Staatsbürgervorschriften zugrunde gelegt - bedeutet hätte, daß meine Eltern die Landesbürgerschaft jenes Landes, in dem die Gemeinde K gelegen ist, und damit die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hätten", so übersieht er diesen maßgeblichen Stichtag, weshalb darauf nicht mehr näher einzugehen ist.

Der (erst in der Beschwerde unternommene) hilfsweise Versuch des Beschwerdeführers, darzutun, daß er "das Heimatrecht und damit die Bundesbürgerschaft von meiner Mutter durch Abstammung erworben habe", muß - ungeachtet der Frage, ob nicht bei ihr der gleiche Sachverhalt wie bei seinem Vater mit den bereits daraus gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen zugrundezulegen wäre - jedenfalls daran scheitern, daß die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, gemäß § 5 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 285/1925 hätten "wohl bei ungeklärter Landesbürgerschaft des Vaters" (wovon im übrigen nach dem bisher Gesagten keine Rede sein könnte) auch eigenberechtigte eheliche (und nicht nur, dem Gesetzeswortlaut entsprechend, uneheliche) Kinder die Landesbürgerschaft der Mutter erworben, im Gesetz keine Deckung findet.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010583.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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