TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/25 92/01/0901

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Veröffentlicht am 25.11.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §37;
AVG §56;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/01/0902

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerden 1. des B R, und 2. des M R, beide in P, letzterer vertreten durch den ersteren, dieser vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 20. Juli 1992,

Zlen. 4.338.384/2-III/13/92 und 4.338.384/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide belegten, gleichlautenden Beschwerdevorbringen zufolge haben die Beschwerdeführer, albanische Staatsangehörige, die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. März 1992, mit denen festgestellt worden war, bei den Beschwerdeführern lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtlinge nicht vor, mit Berufung bekämpft.

Mit ihren Bescheiden vom 20. Juli 1992 wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen, wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Versagung von Asyl damit begründet, daß alles, was der Erstbeschwerdeführer für das Vorliegen seiner Flüchtlingseigenschaft vorzubringen vermocht habe, sich auf die Situation in seinem Heimatland zur Zeit des stalinistischen Regimes und vor allem während der Umbruchszeit 1991/92 bezogen habe. In der Zwischenzeit habe sich die Lage in Albanien "in geradezu spektakulärer und dramatischer Weise geändert". Es stehe eine demokratische Verfassung, die liberale Grundrechte gewährleiste, in Kraft. Im Laufe des Jahres 1991 seien sämtliche politischen Häftlinge freigelassen und seien keine Fälle staatlicher Verfolgung aus in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen mehr bekannt geworden. Die herrschende triste wirtschaftliche Lage und die hohe Kriminalitätsrate in diesem Land könne nicht als Grund für die Gewährung von Asyl gewertet werden. Da die vom Erstbeschwerdeführer geltend gemachten Verfolgungshandlungen auf Grund dieser grundlegenden Änderungen in seinem Heimatland nicht die Prognose rechtfertigten, für die Beschwerdeführer bestehe künftig die Gefahr verfolgt zu werden, sei die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer zu verneinen und die Gewährung von Asyl zu versagen gewesen.

Dem haben die Beschwerdeführer in ihren Beschwerden entgegnet, für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft seien ausschließlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Flucht maßgebend, sodaß nachfolgende Änderungen der allgemeinen Verhältnisse nicht der Asylgewährung entgegenstehen könnten. Dem ist entgegenzuhalten, daß gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 der Bundesminister für Inneres einer Berufungsentscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hat. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat der Bundesminister eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens sogar dann anzuordnen, wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrunde gelegt wurde, in der Zwischenzeit geändert hat. Schon daraus folgt, daß es für die Beurteilung des Vorliegens wohlbegründeter Furcht nicht auf den Zeitpunkt der Flucht ankommt. Daß aber die Änderung der Verhältnisse im Heimatland der Beschwerdeführer in der von der belangten Behörde dargestellten Weise nicht erfolgt sei, haben die Beschwerdeführer selbst nicht behauptet.

Die Beschwerdeführer haben zwar geltend gemacht, trotz der Änderung der politischen Situation in ihrem Heimatland könne künftige politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden, und in diesem Zusammenhang die Unterlassung der Wahrung des Parteiengehörs gerügt. Sie haben hiebei aber nicht ausgeführt, was sie, hätte die belangte Behörde ihnen die Änderung der Verhältnisse in ihrem Heimatland vorgehalten, zur Entkräftung dieser behördlichen Feststellungen vorgebracht hätten. Der Hinweis auf die dann bestehende Möglichkeit, glaubhaft zu machen, daß der Erstbeschwerdeführer trotz der Verfassungsänderung in seinem Heimatland in Hinkunft mit Verfolgung zu rechnen hätte, ist mangels jeglicher Konkretisierung nicht geeignet, Wesentlichkeit des in der Unterlassung des Parteiengehörs gelegenen Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Bereits der Inhalt der Beschwerden läßt sohin erkennen, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen waren.

Aus diesem Grund konnte auch eine Entscheidung des Berichters über die (zu den hg. Zlen. AW 92/01/0192 und AW 92/01/0193 protokollierten) Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010901.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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