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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §916;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde der B-GmbH in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Burgenland (Berufungssenat II) vom 29. November 1988, Zl. 6/2-2289/8/86, betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1978 und 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin befaßt sich vornehmlich mit der Erzeugung und dem Handel pharmazeutischer und chemotechnischer Produkte. Für die Jahre 1977 bis 1979 fand bei ihr eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Neben anderen nicht strittigen Feststellungen versagte der Prüfer folgenden fünf Eingangsrechnungen des Etablissements S.P., Vaduz, Liechtenstein die steuerliche Anerkennung:
1. Rechnung vom 29. Mai 1978 über 295 Flaschen a 100 ml Human Albumin 20% a DM 99,--, insgesamt DM 29.205,-- (umgerechnet S 210.653,--), überwiesen am 7. Juni 1978 auf das Konto X bei der Raiffeisenbank Freilassing;
2. Rechnung vom 3. Oktober 1978 über 370 Flaschen a 100 ml Human Albumin 20 % a DM 99,--, insgesamt DM 36.630,-- (umgerechnet S 266.289), überwiesen am 13. Oktober 1978 auf das Konto X bei der Raiffeisenbank Freilassing;
3. Rechnung vom 15. Februar 1979 über 519 Flaschen a 100 ml Human Albumin 20 % zu DM 99,-- und 400 Flaschen a 50 ml Human Albumin 20 % zu DM 50,--, abzüglich eines Rabattes von 5 %, insgesamt DM 67.812,--, überwiesen am 19. April 1979 auf das Konto X bei der Raiffeisenbank Freilassing;
4. Rechnung vom 10. August 1979 über 445 Flaschen a 100 ml Human Albumin 20 % a DM 94,-- und 385 Flaschen a 250 ml Human Albumin 5 % a DM 59,30, insgesamt DM 64.660,50 (umgerechnet S 466.700,09);
5. Rechnung vom 3. September 1979 über 1.200 Stück Human Albumin 20 % a 100 ml a DM 94,--, insgesamt DM 112.800,-- (umgerechnet S 823.440,--).
Bei den angeführten Rechnungen handle es sich um Scheinfakturierungen, die dazu dienten, Waren fragwürdiger Herkunft (möglicherweise aus einem Diebstahl stammend) in Verkehr zu setzen und einen Zahlungsgrund zu erhalten, der es gestattete, die in Rechnung gestellten Beträge über ein Konto der Firma S.P. an teilweise letztlich unbekannt gebliebene Empfänger weiterzuleiten.
Viele Umstände sprächen dafür, daß die Waren tatsächlich nicht von der liechtensteinischen Anstalt bezogen worden seien. So sei es verwunderlich, daß ein Vertreter der Firma S.P. die Beschwerdeführerin im Jahre 1978 ersucht haben soll, die Rechnungsbeträge auf ein kurz vorher bei der Raiffeisenbank Freilassing eröffnetes Konto zu überweisen. Habe die 1961 gegründete Firma S.P. doch schon lange vor dem Jahr 1978 ein österreichisches Konto bei der CA-BV unterhalten, das auch auf den von ihr verwendeten Geschäftspapieren aufgeschienen sei. Bemerkenswert sei auch, daß über das Konto der Firma S.P. bei der Raiffeisenbank in Freilassing Faid S. verfügungsberechtigt gewesen sei, während für das österreichische Konto andere Personen gezeichnet hätten. Weiters falle auf, daß das deutsche Geschäftskonto nur für die kurze Zeitspanne von rund 18 Monaten bestanden habe und über dieses Konto ausschließlich die Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit den in Streit stehenden Liefergeschäften abgewickelt worden seien. Ein Kontoöffnung habe folgende, für ein Geschäftskonto ungewöhnliche Buchungsvorgänge zutage gebracht:
27.06.1978 Zahlungseingang des
Rechnungsbetrages von
DM 29.205,-- (nach
Abzug von Gebühren:
DM 28.983,25);
12.07.1978 Behebung von
DM 28.000,-- mittels
Barscheck;
17.10.1978 Zahlungseingang des
Rechnungsbetrages von
DM 36.630,-- (nach
Abzug von Gebühren:
DM 36.602,53);
19.10.1978 Behebung von
DM 36.000,-- mittels
Barscheck
25.04.1979 Zahlungseingang des
Rechnungsbetrages von
DM 67.812,-- (gebucht
mit DM 62.162,34);
27.04.1979 Behebung von
DM 62.000,-- mittels
Barscheck;
21.09.1979 Zahlungseingang des
Rechnungsbetrages von
DM 64.660,50 (nach
Abzug von Gebühren:
DM 64.563,50);
13.11.1979 Zahlungseingang des
Rechnungsbetrages von
DM 112.800,-- (nach
Abzug von Gebühren:
DM 112.630,80);
29.11.1979 Bareinzahlung von
DM 160.000,-- sowie
Barscheckauszahlung
von DM 178.000,--
04.12.1979 Überweisungsausgang
von DM 160.249,50;
19.12.1979 Behebung des
verbliebenen
Restbetrages von
DM 617,13 mittels
Barscheck und
Kontoauflösung.
Sämtliche Überweisungseingänge stammten aus den Überweisungsaufträgen der Beschwerdeführerin. Die Barscheckbehebungen trügen die Unterschrift des Faid S., seien jedoch an den Prokuristen der Beschwerdeführerin, Wilfried S., ausbezahlt worden.
Dazu vom Finanzamt am 1. Juli 1981 einvernommen hat der Prokurist der Beschwerdeführerin unter anderem folgende Aussagen gemacht:
"Da ich häufig nach Salzburg zur Gerätezentrale gefahren bin, hat mich Herr Faid S. ersucht, die Überweisungsbeträge aus den Human Albumin-Käufen in Freilassing abzuheben. Diese Tätigkeit war eine Gefälligkeit gegenüber Herrn S. Um den Human Albumin-Umsatz der ... (Beschwerdeführerin) in Österreich aufrecht zu erhalten, war ich Herrn S. dankbar, daß er mir diese Bezugsquelle vermittelt hat. Mir sind aus diesen Human Albumin-Geschäften von der Raiffeisenbank bzw. von Herrn S. oder Herrn Sa. keine Geldbeträge zugeflossen, auch keine Provision. ..."
Die Auszahlungsbeträge in Höhe von DM 28.000,-- (12. Juli 1978), DM 36.000,-- (19. Oktober 1978), DM 62.000,-- (27. April 1979) und DM 18.000,-- (29. November 1979), habe er in Freilassing einem Ägypter namens Sa. übergeben. Der Empfang sei ihm von Sa. jeweils auf einem von Faid S. verfaßten Vordruck bestätigt worden. Er habe Sa. über Vermittlung von Faid S. im ägyptischen Club in Wien kennengelernt. Sa. sei zur Geldübergabe jeweils entweder aus der Schweiz oder aus der Bundesrepublik Deutschland nach Freilassing gefahren; für die Einreise nach Österreich habe er glaublich kein Visum besessen. Vorname, Wohnsitz und Beruf des Sa. seien ihm nicht bekannt. Sa. wäre als "Mann" der Firma S.P. aufgetreten. Außer dem ersten Treffen in Wien und den vier Geldübergaben in Freilassing habe er zu Sa. keinen Kontakt gehabt. Er habe auch die Barabhebung von DM 160.000,-- am 29. November 1979 sowie die Überweisung dieses Betrages nach Ägypten an die Brüder Fawzi und Mohammed S. veranlaßt. Den Überweisungsbeleg habe er ebenso wie die vier Empfangsbestätigungen des Sa. an Faid S. übergeben. Quittungen über diese Vorgänge besäße er nicht.
Der Prüfer schloß daraus, daß die Firma S.P. die Warenentgelte tatsächlich nicht erhalten hatte. Gegen die liechtensteinische Anstalt als Lieferant sprächen aber noch weitere Umstände:
Die Beschwerdeführerin habe keine schriftlichen Geschäftsunterlagen, wie Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Speditionspapiere oder Eingangsabgabenbescheide vorlegen können. Die Rechnungen wiesen den Vermerk "frei Haus, verzollt" auf, Zollpapiere wären jedoch nicht vorhanden. Eine Überprüfung sämtlicher Warenerklärungen, die den österreichischen Zollämtern 1979 vorgelegt worden waren, hätte ergeben, daß sich darunter keine befänden, auf die die gegenständlichen Rechnungsmerkmale zuträfen.
Zudem wäre gegen Faid S. ein Strafverfahren anhängig gewesen, in dem er der Mittäterschaft am Diebstahl von mindestens 20 l Human Albumin beschuldigt worden sei. Die letztlich erfolgten Verfahrenseinstellungen seien auf das Ableben des Faid S. am 3. Oktober 1980 sowie hinsichtlich des Haupttäters auf die Anwendung des § 34 Abs. 2 Z. 1 StPO zurückzuführen, wonach bei Vorliegen mehrerer Straftaten von der Verfolgung einzelner abgesehen werden kann, wenn dies auf das voraussichtliche Strafausmaß keinen wesentlichen Einfluß hat.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und versagte den in den Rechnungen der Firma S.P. ausgewiesenen Beträgen die Anerkennung als Betriebsausgaben.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, daß sie die gegenständlichen Lieferungen nachweislich erhalten habe (Aufnahme in die Lagerkartei, Qualitätsprüfung durch das bundesstaatliche Serumprüfungsinstitut in Wien und Ausgangsfaktura). Es wäre nicht Aufgabe der Beschwerdeführerin, den Ursprung der Ware bis zum Produzenten zu verfolgen. Auch müsse es dem Lieferanten überlassen bleiben, auf welches Konto er die Bezahlung wünscht und wem er über dieses Konto das Zeichnungsrecht einräumt. Es entspreche logischen Denkgesetzen, daß man Ware, die man verkauft, auch einkaufen müsse.
In der Folge hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. Mai 1988 unter anderem vor:
"2. Laut Berufung S 3 ist die Beschwerdeführerin hinsichtlich der berufungsgegenständlichen Lieferungen ausschließlich mit der Firma S.P. in Geschäftsverbindung gestanden und wurde von dieser beliefert. Wie ist die Tatsache zu erklären, daß die Rechnung der Firma S.P. vom 3.10.1978 dieselbe Chargen Nr. 812163 wie der Lieferschein Nr. 530 vom 28.9.1978 der Sch-GmbH aufweist. Hiezu wird in der Vorhaltsbeantwortung vom 15.12.1980 angegeben, daß die Ware mit Lieferschein 530 der Sch-GmbH wieder zurückgegeben und auf der Lagerkartei irrtümlich der Name Sch. gelöscht worden sei, nicht aber die Chargennummer. Hingegen waren in der Lagerkartei die Lieferungen der Firma S.P. ohne Chargennummer angeführt. Blatt 2/1978 der Lagerkartei zeigt bei der Lieferung vom 28.9.1978 eine Abdeckung mit Deckweiß und dem darübergeschriebenen Namen ... (Firma S.P.), die Chargen Nr. 812163 und die Lieferschein Nr. 530. Der Lieferschein stammte von der Firma Sch-GmbH."
Die Beschwerdeführerin erwiderte, daß nach ihrem heutigen Wissensstande zwischen der Firma S.P. und der Sch-GmbH eine enge Zusammenarbeit bestanden haben müsse. Die Art des Zusammenwirkens sei ihr unbekannt. Da ihr Kontaktmann zur Firma S.P., Faid S., der zugleich auch die Funktion eines Geschäftsführers der Sch-GmbH ausgeübt habe, am 3. Oktober 1980 verstorben sei, werde ersucht, den nunmehrigen Geschäftsführer der Sch-GmbH, Herrn Sch., in der mündlichen Berufungsverhandlung zu diesem Punkt einzuvernehmen.
Weiters hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor:
"3. Der Lieferschein Nr. 393 der Firma Sch. vom 22. Mai 1978 betreffend Chargen Nr. 804363 wurde hinsichtlich der gelieferten Ware korrigiert: 489 - 200 Fl. = 289 + 6 Fl. Diese 295 Fl. entsprechen der Lieferung der Firma S.P. laut Rechnung vom 29.5.1978, hingegen ist die Rechnung der Firma Sch. Nr. 843/78 vom 24.5.1978, die von Faid S. unterschrieben ist, auf 200 Fl. ausgestellt. Auch diesbezüglich ist Stellung zu nehmen.
4. Laut Vorhaltsbeantwortung vom 15.12.1980 wurden die streitgegenständlichen Rechnungen mit der Ware am Liefertag in den Büros der Beschwerdeführerin übergeben und die Übernahme auf dem Duplikat der Rechnung bestätigt. Name und Funktion des Übergebers einerseits und des Übernehmers andererseits sind anzugeben. Laut Schreiben der Beschwerdeführerin vom 9. Oktober 1987 wurden die streitgegenständlichen Rechnungen auch mit dem Handzeichen des Vertreters des Lieferanten versehen. Diese Aussage steht im Widerspruch zu den ha. vorliegenden Rechnungsfotokopien, denn darauf befindet sich weder ein Handzeichen des Überbringers noch des Übernehmers. Weiters heißt es in diesem Schreiben der Beschwerdeführerin, daß die Ware durch den Beauftragten der Firma S.P. gegen Lieferschein abgegeben wurde. Eventuelle diesbezüglich vorhandene Lieferscheine sind in Fotokopie vorzulegen."
Die Beschwerdeführerin verwies in ihrem Antwortschreiben zu Punkt 3 wiederum auf den Geschäftsführer der Sch-GmbH und gab zu Punkt 4 an, daß ihr eine Rekonstruktion dieser Vorgänge nicht mehr möglich sei, da der Betriebsprüfer die vorhandenen Unterlagen in seinen Betriebsprüfungsakt aufgenommen habe.
Dem Antrag auf Einvernahme des Zeugen Sch. entsprach die belangte Behörde nicht, da ein Zustellversuch an der von der Beschwerdeführerin angegebenen Adresse scheiterte und der Rückscheinbrief mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" an die belangte Behörde retourniert wurde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie begründete dies unter anderem wie folgt:
Die Buchführung der Beschwerdeführerin entspreche nicht den Formvorschriften des § 131 BAO. So seien mit Deckweißabdeckung im Lagerkarteiblatt bei der Lieferung vom 28. September 1978 Eintragungen unleserlich gemacht worden. Die Beschaffenheit dieser Veränderung lasse ungewiß, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder erst später vorgenommen wurde (§ 131 Abs. 1 Z. 6 BAO). Die Eintragungen könnten ferner nicht als der Zeitfolge nach geordnet, vollständig und richtig im Sinne des § 131 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. angesehen werden, da in mehreren Fällen für ein und dieselbe Lieferung die Rechnung von einer anderen Firma als der Lieferschein ausgestellt worden sei. Auch könne nicht von einer geordneten Aufbewahrung der zu den Büchern gehörenden Belege gesprochen werden, da beispielsweise das Original des Lieferscheines 530 der Sch-GmbH bei der Beschwerdeführerin nicht auffindbar gewesen sei. Auf zwei der strittigen Rechnungen sei die Unterschrift unleserlich, sodaß diesen keine formelle Beweiskraft zukomme. Die übrigen Rechnungen seien nicht vom zeichnungsberechtigten Verwaltungsrat Rechtsanwalt Dr. Bruno G. unterfertigt. Es sei fraglich, ob die mit "Löblich" unterschriebene Person zur rechtsgültigen Unterfertigung von Rechnungen der Firma S.P. berechtigt gewesen sei. Im übrigen habe der Betriebsprüfer eine Fülle auffallender Handlungsweisen, die außerhalb des zwischen Geschäftsleuten üblichen Verhaltens lägen, aufgezeigt. Die Beschwerdeführerin sei ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht nur ungenügend nachgekommen. Sie habe sich auch in Widersprüche verwickelt. So spreche die eindeutige Aktenlage gegen die Behauptung der Beschwerdeführerin, die erste Lieferung sei durch Überweisung auf das österreichische Konto der Firma S.P. bezahlt worden. Auch habe die Beschwerdeführerin in der Vorhaltsbeantwortung vom 15. Dezember 1980 ausgeführt, die Rechnungen wären mit der Lieferung in Wien übergeben und die Übernahme auf einem Duplikat der Rechnung bestätigt worden, während sie in ihrer Stellungnahme vom 9. Oktober 1987 die Ware gegen Lieferschein und die Rechnungen im Postwege erhalten haben will.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde bestreitet nicht, daß die gegenständliche Menge an Human Albumin im Betrieb der Beschwerdeführerin umgesetzt wurde. Sie hat aber in freier Beweiswürdigung festgestellt, daß das Human Albumin nur zum Schein von der Firma S.P. der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt wurde, um so die tatsächliche Herkunft dieser Waren zu verschleiern. Der Gerichtshof ist an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt gebunden, sofern der Sachverhalt nicht in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf oder Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung vor. Auch die Rechnungen vom 10. August 1979 und vom 3. September 1979 wiesen gleich den anderen drei Rechnungen den leserlichen Schriftzug "Löblich" auf.
Die belangte Behörde hat die Rechnungen in Ablichtung vorgelegt. Bereits ein einfacher Schriftvergleich zeigt, daß die angeführten Rechnungen anders unterfertigt sind. Das gegenteilige Beschwerdevorbringen erweist sich daher als unzutreffend. Im übrigen trägt diese Feststellung den angefochtenen Bescheid nicht, da die belangte Behörde die Richtigkeit aller fünf Rechnungen verneint und dafür eine Vielzahl von Gründen anführt. Die von der Beschwerdeführerin vermißte Einholung eines Gutachtens durch einen Schriftsachverständigen war somit jedenfalls entbehrlich.
Die Beschwerde sieht ferner einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, daß die belangte Behörde verschiedene Personen nicht als Zeugen einvernommen hat. So hätten von ihr im einzelnen genannte Angestellte der Muttergesellschaft zu den Geschäftsbeziehungen zwischen der deutschen Muttergesellschaft und der Firma S.P. befragt werden sollen. Derartige geschäftliche Kontakte wurden von der belangten Behörde aber ohnedies nicht in Zweifel gezogen, sodaß diesbezügliche Einvernahmen unterbleiben konnten.
Weiters sollte die belangte Behörde den im Laufe des Ermittlungsverfahrens aufgetauchten Verdacht, wonach die strittigen Lieferungen tatsächlich von der Sch-GmbH bzw. derem damaligen Geschäftsführer Faid S. getätigt wurden, durch Einvernahme des Betriebsprüfers und des nunmehrigen Geschäftsführers der Firma Sch. untersuchen. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, daß derartige Vermutungen zwar von der Behörde geäußert wurden, der angefochtene Bescheid sich aber darauf beschränkt, die Firma S.P. als Lieferanten auszuschließen. Die beantragte Befragung des Geschäftsführers Sch. konnte daher schon aus diesem Grund entfallen, sodaß es dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde ihrerseits Schritte zur Ausforschung der (neuen) Adresse des Zeugen hätte unternehmen müssen.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, ihr sei nicht zur Kenntnis gebracht worden, bei welcher Firma Human Albumin gestohlen worden war und wer dies zur Anzeige gebracht hat, ist ihr zu entgegnen, daß die belangte Behörde es nicht als erwiesen angenommen hat, daß das der Beschwerdeführerin gelieferte Human Albumin aus diesem Diebstahl stammt.
Die Feststellung der belangten Behörde, die gegenständliche Ware sei nicht von der Firma S.P. geliefert worden, ist schlüssig:
Die Beschwerdeführerin verfügt über keinerlei Unterlagen (Lieferscheine, Auftragsbestätigungen, Bestellungen und ähnliches) zu den behaupteten Warenbezügen. Sie hat aber auch während des gesamten Verfahrens nicht einmal den Versuch unternommen, von der Firma S.P. Nachweise über die erfolgten Lieferungen zu erhalten. Ein solcher Versuch wäre umso mehr zu erwarten gewesen, als die Beschwerdeführerin (und ihre Muttergesellschaft) mit der Firma S.P. nach eigenen Angaben eine langjährige Geschäftsbeziehung verbindet.
Auch zur Bescheidfeststellung, den Zollbehörden lägen keine Unterlagen über die strittigen Warengeschäfte vor, beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf Vermutungen. Die Firma S.P. könnte als bloßer Zwischenhändler aufgetreten sein und deshalb in den Warenerklärungen nicht aufscheinen. Es könnte sich um Inlandslieferungen gehandelt haben und anderes mehr. Daß die Beschwerdeführerin, was naheliegend gewesen wäre, versucht hätte, diese Frage mit dem angeblichen Geschäftspartner abzuklären, ist ihrem gesamten Vorbringen nicht zu entnehmen. Weiters führt die Beschwerde aus, es sei üblich, die Verzollung nicht durch den Verkäufer, sondern über eine Spedition vornehmen zu lassen, bleibt aber die Antwort schuldig, warum dann keine Speditionspapiere vorhanden sind.
Besonders ins Gewicht fällt, daß sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Liefermodalitäten in Widersprüche verwickelt hat. Laut ihrer Stellungnahme vom 9. Oktober 1987 wurden die Waren gegen Lieferschein abgegeben und die Rechnungen mit der Post zugesandt. In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 15. Dezember 1980 wurde indes noch behauptet, die Rechnungen seien mit den Warenlieferungen übergeben und die Übernahme auf einem Duplikat der Rechnung bestätigt worden. Dieser schon von der belangten Behörde aufgezeigte Widerspruch wird auch in der vorliegenden Beschwerde nicht aufgeklärt. Zudem finden beide Vorbringen in der Belegsammlung der Beschwerdeführerin keine Deckung.
Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den behaupteten Lieferungen durch die Firma S.P. keinen Glauben geschenkt hat. Die von der belangten Behörde daraus gezogene rechtliche Folgerung, es läge ein Scheingeschäft vor, findet im festgestellten Sachverhalt hingegen keine ausreichende Deckung. Scheingeschäfte setzen nämlich voraus, daß Willenserklärungen im Einverständnis mit dem Empfänger bloß zum Schein abgegeben werden. Ein Mitwirken der Firma S.P. durch das Ausstellen fingierter Rechnungen ist nicht erwiesen. Gerade die fehlenden Belegnachweise sprechen gegen ein der Firma S.P. zurechenbares Verhalten. Mit mindestens gleich hoher Wahrscheinlichkeit kann Faid S., die Sch-GmbH oder ein anderer unbekannt gebliebener Lieferant die Firma S.P. nur vorgeschoben und ohne ihr Wissen die Rechnungen verfaßt haben. Auch steht nicht fest, daß die Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt ihres Kaufanbotes wußte, daß die bestellte Ware nicht von der liechtensteinischen Anstalt stammt. Nach der vorliegenden Beweislage ist etwa vorstellbar, daß die Beschwerdeführerin Faid S. mit der Beschaffung beauftragt hat und von diesem über den wahren Geschäftspartner im unklaren gelassen wurde.
Die Frage, ob beide Parteien dolos gehandelt haben, ist allerdings nicht entscheidungswesentlich, weil auch für den Fall, daß die Beschwerdeführerin gutgläubig gewesen und die Firma S.P. ohne ihr Einverständnis vorgeschoben worden sein sollte, zwar kein Scheingeschäft vorläge, ein gültiges Rechtsgeschäft aber mangels Willensübereinstimmung zwischen den Vertragspartnern ebenfalls nicht zustande gekommen wäre.
Nun ist die Beschwerdeführerin aber im Recht, wenn sie das Vorliegen eines zivilrechtlich gültigen Kaufvertrages mit der Firma S.P. für die steuerliche Absetzbarkeit der Zahlungen als nicht erforderlich erachtet. Betriebsausgaben sind nämlich alle durch den Betrieb veranlaßten Ausgaben. Die belangte Behörde bezweifelt nicht, daß die strittigen Waren an die Beschwerdeführerin geliefert wurden. Sie stellt auch die Angemessenheit der Geldüberweisungen im Hinblick auf den unbestritten erhaltenen Warenwert nicht in Frage. Alleine mit der Begründung, die Firma S.P. wäre nicht Vertragspartner der Beschwerdeführerin, kann den gegenständlichen Zahlungen die Betriebsausgabeneigenschaft aber nicht abgesprochen werden.
Die belangte Behörde hat in ihren Entscheidungsgründen auch auf § 162 BAO Bezug genommen. Danach kann die Abgabenbehörde verlangen, daß der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger abgesetzter Beträge genau bezeichnet. Verweigert der Abgabenpflichtige diese Angaben, so sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.
Die Anwendung der zitierten Bestimmung hätte in der Tat dazu führen können, daß zumindest jenen auf das Konto bei der Raiffeisenbank Freilassing überwiesenen Teilbeträgen die Absetzbarkeit als Betriebsausgaben zu versagen gewesen wäre, die der Prokurist der Beschwerdeführerin wiederum behoben und an eine Person weitergegeben hat, von der er nur den Nachnamen kannte. Eine Identifizierung dieses Empfängers wäre nämlich daran gescheitert, daß von der Beschwerdeführerin weder Adresse noch sonstige der Ausforschung dienlichen Umstände bekanntgegeben wurden. Auch hat die Beschwerdeführerin keinerlei Nachweise über die behaupteten Geldübergaben vorgelegt.
Hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf § 162 BAO im obigen Sinn aufgefordert, den Empfänger der überwiesenen Beträge genau zu bezeichnen und hätte die Beschwerdeführerin auch unter dem Druck der mit der zitierten Bestimmung angedrohten Nichtanerkennung der betreffenden Absetzposten keine der Indentifizierung der (des) Empfänger(s) dienlichen Angaben gemacht, so hätte die belangte Behörde zu Recht die Absetzbarkeit dieser Beträge als Betriebsausgaben verneint.
Die belangte Behörde ist aber nicht so vorgegangen. Die bloße Zitierung einer Norm ist ihrer Anwendung und Beachtung nicht gleichzuhalten.
Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Gerichtshof noch veranlaßt darauf hinzuweisen, daß der nach Ägypten überwiesene Entgeltsanteil grundsätzlich als Betriebsausgabe absetzbar wäre, es sei denn, die belangte Behörde würde feststellen, daß die Kontoinhaber nicht als die wahren Empfänger im Sinne des § 162 BAO anzusehen wären.
In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde ihre Entscheidung somit zu Unrecht allein darauf gestützt, es habe sich bei den Rechnungen um bloße Scheinrechnungen gehandelt. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 ScheinrechnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989130043.X00Im RIS seit
11.07.2001