Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der D-G.m.b.H. & Co KG in N, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 25. Oktober 1991, Zl. Präs 144-24/91/Wa/N, betreffend Einverleibungsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei hat am Standort B, Niederösterreich, den Handel mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II des Pyrotechnikgesetzes, BGBl. 282/1974, beschränkt auf den Einzelhandel, angemeldet.
Mit Bescheid des Obmannes der Sektion Handel der Handelskammer Niederösterreich vom 5. März 1991 wurde der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig eine Einverleibungsgebühr (EVG; gemäß Art. II Abs. 3 der 8. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, nunmehr: Eintragungsgebühr) in der Höhe von S 3.000,-- vorgeschrieben. Die Höhe der vorgeschriebenen EVG gründe sich auf den vom "Landesgremium des Eisenhandels am 8. November 1968 gefaßten Beschluß, der gemäß § 57b Abs. 1 HKG vom Präsidium der Handelskammer Niederösterreich am 11.12.1968 bestätigt und vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau am 9.7.1969 (Zahl 140.559-II/24/69/28.5.69) genehmigt wurde". Der Bescheid enthält weiters einen Hinweis auf die am 28. Juni 1990 erfolgte Delegierung derartiger Beschlüsse gemäß § 53a HKG an den Sektionsobmann.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritt die beschwerdeführende Partei, daß die nach dem HKG und der dazu erlassenen Fachgruppenordnung errichteten Fachgremien, so auch das Landesgremium des Eisenhandels der Sektion Handel Niederösterreich, Rechtspersönlichkeit besäßen. Weiters verwies die beschwerdeführende Partei auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juli 1990, A 91/90, A 92/90, mit dem der Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt wurde, mehrere Grundumlagenbeschlüsse verschiedener oberösterreichischer Gremien wegen Gesetzwidrigkeit gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG aufzuheben. Außerdem sei die "Staffelungsregel" (Gebührenunterschiede nach "Kapital- und Personengesellschaften") des § 57b Abs. 2 HKG verfassungswidrig.
Die belangte Behörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 1991 diese Berufung abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Nach der Begründung beträfen die Vorwürfe der beschwerdeführenden Partei die Frage der Gesetzmäßigkeit der als Verordnung zu qualifizierenden EVG-Beschlüsse, worüber die belangte Behörde nicht zu befinden habe. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 57b Abs. 2 HKG verwies die belangte Behörde auf das ebenfalls zu einer Staffelungsregelung ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1989, B 1878/88-6.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in dem Recht verletzt, die Bezahlung der geforderten EVG zu verweigern.
Sie bringt vor, es wären Tatsachenfeststellungen darüber erforderlich gewesen, ob das Landesgremium Niederösterreich des Eisenhandels jemals durch ausdrücklichen Errichtungsbeschluß der Kammer Niederösterreich gemäß § 11 Abs. 4 lit. c HKG ins Leben gerufen und die Bundeskammer diesen Beschluß gemäß § 29 Abs. 3 HKG bestätigt habe. Das Fehlen der genannten Tatsachenfeststellungen habe zur Folge, daß der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Fehlten nämlich diese Beschlüsse, würde diese Fachorganisation keine Rechtspersönlichkeit besitzen und sei daher auch nicht in der Lage, rechtswirksam einen derartigen Gebührenbeschluß zu fassen.
Weiters sei der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil in ihm Tatsachenfeststellungen darüber fehlten, ob - der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides folgend - das Präsidium der Landeskammer Niederösterreich zu einer Bestätigung im Sinne des § 57 Abs. 1 HKG befugt gewesen sei. Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung und die Bestätigung des Fachgruppenbeschlusses mangels gesetzmäßiger Errichtung der Fachgruppe fehlten.
Mit diesem Vorbringen vermag die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Gemäß § 57b Abs. 1 HKG sind anläßlich der Erlangung von Berechtigungen nach § 3 Abs. 2 Einverleibungsgebühren zu entrichten. Sie werden von der Fachgruppe (im Fall des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer nach Anhörung der Fachvertreter) beschlossen. Der Beschluß über die Höhe der Einverleibungsgebühr bedarf der Bestätigung durch die Landeskammer und der im Wege der Bundeskammer einzuholenden Genehmigung durch den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie. Bestätigung und Genehmigung sind zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
§ 57b Abs. 2 HKG sieht Mindest- und Höchstsätze für Einverleibungsgebühren sowie eine Staffelung nach natürlichen und juristischen Personen vor (so etwa beträgt die EVG für Gesellschaften m.b.H. das Dreifache des für natürliche Personen vorgesehenen Normalsatzes).
Gemäß § 57b Abs. 4 HKG wird die Einverleibungsgebühr von der Fachgruppe (im Falle des § 29 Abs. 3 zweiter Satz von der Landeskammer), im Bereich der Sektion Handel von dieser vorgeschrieben und eingehoben.
Gemäß § 57f Abs. 1 HKG wird die Einverleibungsgebühr binnen einem Monat ab Vorschreibung fällig.
Die zur Vorschreibung einer Einverleibungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Einverleibungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) hat gemäß § 57g Abs. 1 HKG über Art und Ausmaß einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.
Gegen den Bescheid nach Abs. 1 kann gemäß § 57g Abs. 2 HKG, sofern er betreffend die Vorschreibung einer Einverleibungsgebühr von der Fachgruppe erlassen wird, binnen zwei Wochen ab Zustellung Berufung an die Landeskammer erhoben werden. Gegen den Bescheid der Landeskammer (Sektion Handel) nach Abs. 1 sowie gegen den Bescheid, mit dem die Landeskammer über eine Berufung entschieden hat, steht binnen zwei Wochen die Berufung an die Bundeskammer offen, gegen deren Entscheidung kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig ist. Die Berufung ist jeweils bei der Stelle einzubringen, die den Bescheid erlassen hat.
Zuständig zur Erlassung von Berufungsbescheiden nach § 57g Abs. 2 HKG ist, wie sich aus den §§ 22 Abs. 3 und 9 Abs. 3 HKG ergibt, der Vorstand der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1979, Slg. 8707). Gemäß dem ersten Satz des § 53a HKG können die in §§ 7, 20, 30 Abs. 1 und 31 Abs. 3 angeführten Kollegialorgane - zu denen gemäß § 20 lit. c der Vorstand der Bundeskammer zählt - die Beschlußfassung in bestimmten Angelegenheiten engeren Organen der betreffenden Organisation (Landeskammer, Bundeskammer, Sektionen, Fachgruppe, Fachverband) übertragen, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
Der angefochtene Bescheid enthält keinen direkten Hinweis auf ein tätig gewordenes Organ der Bundeskammer und ist daher auf Grund seiner Fertigungsklausel dem Präsidenten der Bundeskammer zuzurechnen. Dieser war auch, wie aktenkundig ist, gemäß einem am 30. Mai 1980 gefaßten und in den Kammerblättern veröffentlichten Beschluß des Vorstandes der Bundeskammer gemäß § 53a HKG zur Bescheiderlassung zuständig.
Ähnliche Überlegungen sind hinsichtlich der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides anzustellen. Der erstinstanzliche Bescheid stammt gemäß § 57g Abs. 1 HKG von der Sektion Handel der Handelskammer Niederösterreich. Er ist - wie hinsichtlich der Delegierung durch Hinweis eigens zum Ausdruck gebracht - ähnlich wie der angefochtene Bescheid nach seinem Inhalt und gemäß der Fertigungsklausel dem Sektionsobmann zuzurechnen, dessen Zuständigkeit zur Bescheiderlassung ebenfalls durch einen Delegierungsbeschluß der Sektionsleitung gedeckt war.
Die beschwerdeführende Partei behauptet nach ihrem Vorbringen nicht, daß der im Bescheid erster Instanz näher bezeichnete Beschluß des Landesgremiums Niederösterreich des Eisenhandels vom 8. November 1968 über die Höhe der vorgeschriebenen EVG, der als Verordnung zu werten ist, rechtswidrig ausgelegt oder angewendet worden sei. Sie vermeint aber, daß rechtliche Mängel sowohl bei der Errichtung der genannten normsetzenden Fachgruppe als auch bei der Erlassung des Beschlusses bestanden hätten, sodaß dieser deswegen rechtswidrig wäre. Die belangte Behörde habe diesbezüglich entsprechende Feststellungen unterlassen.
Diese Vorwürfe betreffen im Kern die Frage der Gesetzmäßigkeit und der Verbindlichkeit des als Verordnung zu qualifizierenden EVG-Beschlusses. Zu ersterem hat der Verfassungsgerichtshof in einer Reihe ähnlich gelagerter Fälle den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, Beschlüsse verschiedener Landesgremien wegen "Errichtungsmängel" dieser aufzuheben, als unbegründet abgewiesen; es geht daher auch im vorliegenden Verfahren das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei ins Leere, dem angefochtenen Bescheid läge mangels rechtswirksamer Errichtung der Fachgruppe kein generell verbindlicher EVG-Beschluß zugrunde.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Im Hinblick auf die in einer Reihe ähnlich gelagerter Fälle bereits ergangenen Entscheidungen, auf die gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse vom 16. Juli 1992, 91/09/0143, oder vom 4. November 1992, 92/09/0066) konnte dieses Erkenntnis in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat beschlossen werden.
Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Fertigungsklausel Intimation Zurechnung von Bescheiden Zurechnung von OrganhandlungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991090237.X00Im RIS seit
20.11.2000