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L81705 Baulärm Umgebungslärm Salzburg;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Juli 1990, Zl. 1/02-31.482/3-1990, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 16. November 1989 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes als Veranlasser bestimmter baulicher Maßnahmen im Mittelteil des Objektes auf Bauparzelle nn1, KG L, aufgetragen, diese bis 28. Februar 1990 zu beseitigen und den ursprünglich bewilligten Zustand wieder herzustellen.
Des weiteren wurde in diesem Bescheid das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer nachträglichen baubehördlichen Bewilligung für die vom Beseitigungsauftrag erfaßten baulichen Maßnahmen mangels Zustimmung der Grundeigentümer als "unzulässig abgewiesen".
Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, der anläßlich der Bauverhandlung beigezogene technische Sachverständige habe festgestellt, daß die vom Beschwerdeführer im Mittelteil des Objektes auf Bauparzelle nn1, KG L, durchgeführte Bautätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. b und d des Salzburger Baupolizeigesetzes bewilligungspflichtig sei. Aufgrund zeugenschaftlicher Erklärungen beurteilte die Baubehörde den Beschwerdeführer als Veranlasser und erhob, daß eine baubehördliche Bewilligung für die getätigten Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt erteilt worden sei. Da sich im Ermittlungsverfahren ergeben habe, daß auch eine nachträgliche Bewilligung nicht in Betracht zu ziehen sei, habe sie den gegenständlichen Beseitigungsauftrag erlassen.
Die dagegen erhobene Berufung, in welcher der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend machte, daß ihn eine technische Notwendigkeit zu der mit Zustimmung des früheren Bürgermeisters gesetzten baulichen Maßnahme veranlaßt und er darüberhinaus den Miteigentumsanteil am Objekt im Jahre 1984 verkauft habe, wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Mai 1990, als unbegründet abgewiesen.
Dieser Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer als "Veranlasser" tatsächlich als rechtmäßiger Andressat des Beseitigungsauftrages zu beurteilen und die von ihm durchgeführte Bautätigkeit der baubehördlichen Bewilligungspflicht unterworfen sei. Da nach der Salzburger Gemeindeordnung baubehördliche Bewilligungen nur in schriftlicher Form erlassen werden dürften, könne die vorgebrachte mündliche Zustimmung des Bürgermeisters nicht als rechtswirksame Bewilligung angesehen werden. Der Beseitigungsauftrag sei rechtmäßig ergangen, da eine ohne öffentlich-rechtliche Bewilligung vorgenommene bewilligungspflichtige bauliche Maßnahme nicht durch privatrechtliche Zustimmungen rechtmäßig würde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer geltend, der Bürgermeister habe entgegen den Bestimmungen der §§ 23 und 40 der Salzburger Gemeindeordnung an der Beratung über die Beschlußfassung der Berufung wesentlich mitgewirkt, obwohl er gemäß § 7 AVG als befangen anzusehen sei. Die vom Beseitigungsauftrag erfaßten baulichen Maßnahmen seien dem Beschwerdeführer vom früheren Bürgermeister mündlich "erlaubt" worden. Darüberhinaus habe er im Jahre 1983 seinen Miteigentumsanteil am angeführten Objekt veräußert, weshalb ein Beseitigungsauftrag im Hinblick auf die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz rechtens nur an die Liegenschaftseigentümer gerichtet werden dürfe. Dies ergebe sich auch aus dem abgeschlossenen Kaufvertrag, wonach der Verkäufer weder für eine bestimmte Eigenschaft noch für eine sonstige Beschaffenheit des Kaufgegenstandes hafte und durch Abschluß des Kaufvertrages alle Rechte und Pflichten auf die nunmehrigen Eigentümer übergegangen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab und führte in der Begründung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage im wesentlichen aus, die Befangenheit eines Verwaltungsorganes gegen einen Bescheid könne nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich der dadurch bewirkte Verfahrensmangel als wesentlich darstelle und sich insbesondere sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergäben. Das Protokoll über die Sitzung der Gemeindervertretung am 5. März 1990 zeige hingegen, daß der Bürgermeister im Meinungsbildungsprozeß der Berufungsbehörde nur insoweit beigetragen habe, als er die erstinstanzliche Entscheidung erläutert und allgemeine Ausführungen zu den Kompetenzen der Berufungsbehörde abgegeben habe, weshalb von einer Beeinflussung derselben nicht gesprochen werden könne. Anschließend stellte die belangte Behörde fest, auch ohne die Bestimmung des § 63 Abs. 1 Salzburger Gemeindeordnung, wonach der Bürgermeister Bescheide nur schriftlich erlassen dürfe, könne in der bloßen mündlichen Zusage bzw. Erlaubnis einer Behörde kein rechtswirksamer Bescheid erblickt werden, weil mündlich verkündete Bescheide zu ihrer Rechswirksamkeit einer schriftlichen Beurkundung bedürften.
Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei zu Unrecht Adressat des angefochtenen Beseitigungsauftrages geworden, führte die belangte Behörde aus, § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz stelle es in das Ermessen der Baubehörde, einen Beseitigungsauftrag gegenüber dem Eigentümer der baulichen Anlage oder dem Veranlasser zu erlassen. Nach dem Wesen jeder Ermessensentscheidung und der ratio legis dürfe gegen beide in gleicher Rangstufe ein Beseitigungsauftrag erlassen werden, sofern die Entscheidung in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren getroffen worden sei und die Entscheidung nicht im Widerspruch zum Sinn des Gesetzes stehe. Da sich das durchgeführte Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die Veranlassereigenschaft des Beschwerdeführers als ausreichend dargestellt habe, sei er in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung derselben wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Für den Beschwerdefall sind inbesondere folgende
Bestimmungen von Bedeutung:
a) Salzburger Baupolizeigesetz 1973 (BauPolG), LGBl. Nr. 117, in der Fassung LGBl. Nr. 48/1983
"§ 2
(1) Einer Bewilligung der Baubehörde bedürfen unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen behördlichen Bewilligungen:.....
b) Die Errichtung von Nebenanlagen von Bauten, soweit diese Anlagen geeignet sind, die Festigkeit oder Brandsicherheit des Baues zu beeinflussen oder die sonstigen Belange nach § 1 Abs. 1 lit. a des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr 75/1976, erheblich zu beeinträchtigen (Heizungsanlagen, Aufzüge, Klima- und Lüftungsanlagen, Förder- und Abwurfanlagen und dgl.) oder es um sich um Hauskanäle zu einer Kanalisationsanlage handelt....
d) die sonstige Änderung von Bauten und Nebenanlagen, die geeignet ist, die Festigkeit oder Brandsicherheit des Baues zu beeinflussen oder die sonstigen Belange nach § 1 Abs. 1 lit. a des Bautechnikgesetzes erheblich zu beeinträchtigen;"
"§ 16
(3) Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Veranlasser oder dem Eigentümer aufzutragen, binnen einer angemessenen Frist entweder um die nachträgliche Bewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage zu beseitigen.
..."
b) Salzburger Gemeindeordnung (GdO), LGBl. Nr. 56/1976 (Wiederverlautbarung)
"§ 23
(1) Ein Mitglied der Gemeindevertretung hat, soweit es nicht zeitweise zur Auskunfterteilung zugezogen wird, für die Dauer der Beratung und Beschlußfassung den Sitzungssaal zu verlassen....
d) Wenn sonstige, nur in seiner Person gelegene wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit in
Zweifel zu setzen......
(4) Beschlüsse der Gemeindevertretung, die unter Außerachtlassung des Abs. 1 gefaßt wurden und die auf ihrer Grundlage ergangenen Bescheide sind rechtsunwirksam (nichtig), wenn der Beschluß ohne die Stimmen der befangenen Mitglieder nicht zustande gekommen wäre."
"§ 63
(1) Verfügungen und Entscheidungen der Organe der Gemeinde, welche Rechte oder Pflichten einzelner oder mehrerer indivduell bezeichneter Personen zum Gegenstand haben (Bescheide) sind schriftlich zu erlassen."
c) Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG 1950:
"§ 7
(1) Verwaltungsorgane haben sich der aus Ausübung ihres Amtes
zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:......
5. Im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben."
"§ 62
.....
(2) Der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schlusse der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden."
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei sei gemäß § 23 Abs. 1 lit. d der GdO in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG als befangen anzusehen, da er entgegen diesen Bestimmungen bei der Beratung und Beschlußfassung über die Berufung bei der Sitzung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Partei während der gesamten Dauer im Sitzungssaal anwesend gewesen sei und hiebei die Willensbildung beeinflußt habe.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Befangenheit eines Verwaltungsorganes gegen einen Bescheid nur dann mit Erfolg eingewendet werden kann, wenn sich sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben (vgl. in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1970, Slg. Nr. 7.872/A, und vom 10. November 1988, 88/06/0108 u.a.).
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist dem gesamten Sitzungsprotokoll der Gemeindevertretung am 5. März 1990 zu entnehmen, daß der Bürgermeister in der Beratung die Willensbildung der Berufungsbehörde nicht beeinflußt, sondern nur Erläuterungen zu der erstinstanzlichen Entscheidung und allgemeine Ausführungen über die Zuständigkeit der Gemeindevertretung abgegeben hat, z.B.:
"Die Gemeindevertretung von L muß jetzt entscheiden, ob der Berufung stattgegeben wird oder nicht. Wenn ja, muß die Gemeindevertretung einen Bescheid erlassen und den Beschluß des Bürgermeisters auch begründen. Auch bei einer Ablehnung der Berufung muß die Gemeindevertretung von L einen Bescheid ergehen lassen. An den Veranlasser und die anderen. Wenn die Gemeindevertretung darin die Mauer ausdrücklich erwähnt, dann ist nur die Mauer gemeint. Gegen diesen Bescheid der Gemeindevertretung hat der Veranlasser das Recht der Vorstelligkeit beim Amt der Salzburger Landesregierung"
Vor allem hat der Bürgermeister an der Abstimmung, wie das Protokoll erweist, nicht teilgenommen. Der Gerichtshof kann auch keine Relevanz der Teilnahme des befangenen Bürgermeisters an der Beratung erkennen, zumal die Entscheidung der Rechtslage entspricht.
Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Durchführung der von ihm veranlaßten baulichen Maßnahmen sei durch "Notstand" gerechtfertigt gewesen, ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Abgesehen davon, daß die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruches auf ein Wohnungsrecht keinen "Notstand" im Sinne des § 6 VStG darstellt (vgl. die unter Nr. 1 zu § 6 VStG bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4 abgedruckten Erkenntnisse), handelt es sich hier nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren, sondern um ein Administrativverfahren. Die Rechtmäßigkeit eines Beseitigungsauftrages gemäß § 16 Abs. 3 Slbg. BauPolG hängt nur davon ab, ob eine bewilligungspflichtige bauliche Maßnahme ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt worden ist. Da im gegebenen Fall die angeführten Tatbestandsvoraussetzungen für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gegeben waren, erging dieser durchaus zu Recht.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der frühere Bürgermeister habe die erforderliche Baubewilligung mündlich erteilt, geht an der klaren Rechtslage vorbei. Abgesehen von der Bestimmung des § 63 Abs. 1 GdO, wonach Organe der Gemeinde Bescheide schriftlich zu erlassen haben, die nicht ohne weiteres als bloße Ordnungsvorschrift zu qualifizieren ist, ist der behauptete mündliche "Bescheid" ohne rechtliche Bedeutung, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 62 Abs. 2 AVG mündliche Bescheide jedenfalls erst durch ihre niederschriftliche Beurkundung Wirksamkeit erlangen (vgl. in diesem Zusammenhang zuletzt etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1992, 92/02/0003, 0004, und vom 9. Oktober 1990, 89/11/0124, 0299). Der belangten Behörde kann daher auch diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit angelastet werden.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Zufolge dieser Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den mit ihr verbundenen Antrag auf Gewährung aufschiebender Wirkung.
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990060195.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
05.11.2010