TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/26 92/09/0186

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs2 idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §17 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2 idF 1977/101;
VStG §32 Abs2;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. April 1992, Zl. MA 62 - III/378/91/Str, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund einer Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt Wien als Strafbehörde erster Instanz am 7. November 1990 zur Rechtfertigung aufgefordert, weil er als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Gesellschafter der N Hotelbetriebsgesellschaft, dafür verantwortlich sei, daß diese Gesellschaft am 7. Juni 1990 um 14.00 Uhr in W fünf namentlich genannte polnische Staatsbürger mit Fassadenrenovierungsarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese Personen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Am 5. Dezember 1990 gab der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung als Beschuldigter an:

"Bei dem Auftrag in W hat es sich um einen öffentlichen Auftrag mit Pönale gehandelt. Da das Arbeitsamt Bau-Holz keine Arbeitskräfte vermitteln konnte, blieb unserer Firma nichts anderes übrig, als verfügbare polnische Arbeiter zu beschäftigen.

Bemerkt wird, daß für A eine Arbeitsbewilligung bereits erteilt wurde und für D seit 21.6.1990 ein Ansuchen für eine Arbeitsbewilligung beim Arbeitsamt Bau-Holz anhängig ist."

Dazu teilte das Landesarbeitsamt Wien mit Schreiben vom 2. Jänner 1991 mit, daß für A die Beschäftigungsbewilligung erst am 2. August 1990 erteilt worden sei; für D sei bis jetzt keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden.

Nachdem am 4. April 1991 dem Vertreter des Beschwerdeführers der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht worden war, brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 10. April 1991 vor, die zur Last gelegten Tatbestände seien bisher weder ausdrücklich noch schlüssig gegeben; der Beschwerdeführer habe "für ausländische Personen" Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestellt, wobei diesen Anträgen auch stattgegeben worden sei. Die Tatbilder der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen seien durch ihn nicht erfüllt worden, er stelle den Antrag auf Einstellung des Verfahrens.

Mit Straferkenntnis vom 27. September 1991 erkannte die Strafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer schuldig, er sei als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Gesellschafter der N Hotelbetriebsges.m.b.H., dafür verantwortlich, daß diese am 7. Juni 1990 um 14.00 Uhr in W fünf namentlich genannte polnische Staatsbürger mit Fassadenrenovierungsarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese Personen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von S 10.000,-- (zusammen S 50.000,--), im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Tage (zusammen zehn Tage) Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen sei nach den Angaben in der Anzeige die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung weder gegeben noch schlüssig feststellbar. Die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei überdies verjährt. Die Verwaltungsbehörde wäre verpflichtet gewesen, seine Verantwortung dem Meldungsleger als Zeugen vorzuhalten; dies sei nicht geschehen, weshalb der Sachverhalt noch nicht ausreichend erörtert sei. Ferner habe die Verwaltungsbehörde den bisherigen Akteninhalt dem Beschwerdeführer nicht vollständig zur Kenntnis gebracht, er sei daher nicht in der Lage gewesen, in Wahrung seiner Rechte und rechtlichen Interessen zum Ermittlungsergebnis Stellung nehmen zu können.

Die belangte Behörde veranlaßte daraufhin die Einvernahme des A als Zeugen (die vier anderen im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses namentlich genannten polnischen Staatsbürger waren laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Wien - Zentralmeldeamt in Wien nicht gemeldet, bzw. hatten sich ohne Angabe einer neuen Adresse abgemeldet). Mit Schreiben vom 25. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer zum Erscheinen bei der Strafbehörde erster Instanz bis spätestens 18. März 1992 zwecks Kenntnisnahme und Stellungnahme zum Ermittlungsverfahren im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren geladen; dieser Ladung kam der Beschwerdeführer jedoch nicht nach. Im Berufungsverfahren wurde schließlich noch eine Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien vom 30. März 1992 eingeholt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. April 1992 bestätigte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage und im Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer die unberechtigte Beschäftigung der fünf Ausländer durch die

N Hotelbetriebsges.m.b.H. "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch fünf Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 begangen.

Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage aus, laut Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien sei bei einer Baustellenkontrolle am 7. Juni 1990 in W festgestellt worden, daß dort von der N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. fünf namentlich genannte polnische Staatsangehörige mit Fassadenrenovierungsarbeiten beschäftigt worden seien, obwohl für diese Tätigkeiten weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch diesen Personen Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Der Beschwerdeführer wende demgegenüber ein, daß eine Beschäftigung dieser fünf Ausländer durch die Gesellschaft nicht gegeben gewesen sei; im übrigen sei gegen ihn innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine Verfolgungshandlung gesetzt worden, weshalb Verjährung eingetreten sei.

Zum Einwand der Verjährung werde festgehalten, daß gemäß § 28 Abs. 2 AuslBG die Verjährungsfrist für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 EIN JAHR betrage. Am 9. November 1990, sohin innerhalb dieser Frist, sei dem Beschwerdeführer eine Aufforderung zur Rechtfertigung zu eigenen Handen zugestellt worden. Dies habe eine rechtzeitige und ausreichende Verfolgungshandlung dargestellt, weshalb Verfolgungsverjährung jedenfalls nicht eingetreten sei.

Im Berufungsverfahren sei A als Zeuge einvernommen worden und habe angegeben, zur Tatzeit am Tatort von der N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. beschäftigt worden zu sein. Dieses Beschäftigungsverhältnis sei nach wie vor aufrecht, doch sei mittlerweile für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden. Die belangte Behörde sehe keinen Grund, an den Angaben dieses Zeugen, der damit die Ausführungen in der Anzeige bestätigt habe, zu zweifeln, zumal er auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliege, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müsse. Auch der Beschuldigte selbst habe schon am 5. Dezember 1990 angegeben, die Gesellschaft habe vom Arbeitsamt keine inländischen Arbeitskräfte vermittelt bekommen, weshalb zur Vermeidung eines Pönales die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte geboten gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sohin die Beschäftigung der fünf polnischen Staatsangehörigen durch die Gesellschaft eingestanden. Da die im Beschwerdefall anzuwendende Strafnorm des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG den Eintritt eines Schadens und einer Gefahr nicht verlange und auch keine Bestimmung für das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden enthalte, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen (vgl. § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG). Dies sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Die dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretungen seien daher als erwiesen anzusehen. Die Abänderung des Spruches habe der Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes, der Klarstellung, daß der Beschwerdeführer fünf Verwaltungsübertretungen begangen habe, sowie der richtigen Zitierung der heranzuziehenden Gesetzesbestimmungen gedient. Im übrigen begründete die belangte Behörde noch die Strafbemessung näher.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 231/1988 (diese Fassung ist im Beschwerdefall wegen des Tatzeitpunktes anzuwenden) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde ..., bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 60.000,--, im Wiederholungsfalle von S 10.000,-- bis S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--, im Wiederholungsfalle von S 20.000,-- bis S 240.000,--.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91-5, ausgesprochen, daß diese Bestimmung des AuslBG verfassungswidrig war und daß die Vorschrift auch auf die "derzeit" (d.h. am 13. Dezember 1991, vgl. dazu auch BGBl. Nr. 105/1992) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden ist. Die vorliegende Beschwerde ist erst im Juli 1992 beim Verwaltungsgerichtshof angefallen; sie zählt daher nicht zu den Anlaßfällen gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, sodaß noch auf Grund der alten Rechtslage zu entscheiden ist.

Vorweg ist zu bemerken, daß der Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juni 1990 lediglich eine "Meldung" der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. Juni 1990 über die an diesem Tag stattgefundene Überprüfung von ausländischen Arbeitern auf der Baustelle, eine Kopie einer Anmeldung bei der Wiener Gebietskrankenkasse lautend auf einen vom Beschwerdefall nicht betroffenen Ausländer, sowie ein handgeschriebener Bericht des Organwalters des Landesarbeitsamtes, der die Fremdarbeiterkontrolle am 7. Juni 1990 durchführte, als Beilagen angeschlossen gewesen sind. Auf das Beschwerdevorbringen, der Meldung der Bundespolizeidirektion Wien seien zahlreiche Blätter mit Vordruck und handschriftlichen Zufügungen angeschlossen gewesen, war schon im Hinblick darauf nicht weiter einzugehen, daß solche Blätter in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten nicht vorhanden sind. Auch aus der Anzeige des Landesarbeitsamtes ergibt sich nicht, daß solche Papiere als Beilagen der Strafbehörde erster Instanz übermittelt worden wären.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die im Verwaltungsakt erliegende Meldung der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. Juni 1990 führe aus, daß er für eine "Fa. N Ges.m.b.H."

tätig sei; in der Anzeige des Landesarbeitsamtes sei gleichfalls von einer Firma "N" die Rede. Das erstinstanzliche Straferkenntnis führe hingegen aus, daß der Beschwerdeführer für die Firma "N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H." tätig sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei gegen ihn nicht als "handelsrechtlicher Gesellschafter" (oder gar Geschäftsführer) einer im Firmenbuch bestehenden juristischen Person ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden, sondern gegen ihn als Person, welche aber zu den strittigen Vorfällen in keinem Zusammenhang stehe. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stelle es einen rechtlich beachtlichen Unterschied dar, ob jemand als Gesellschafter einer Firma "N" oder aber

"N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H." tätig sei. Sei die juristische Person, für die der Beschwerdeführer zeichnungsberechtigt sei, nicht richtig bezeichnet, dann sei der behauptete Verfolgungsanspruch gegen ihn auf Grund von Verjährung erloschen, weil innerhalb der für die Setzung einer Verfolgungshandlung notwendigen Fallfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden sei.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach § 28 Abs. 2 AuslBG in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 231/1988, beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 ein Jahr.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelten als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, also den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten strafbaren Handlung zu verwirklichen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1991, Zl. 91/09/0095, und die dort angeführte Vorjudikatur). Eine Verfolgungshandlung muß von einer Behörde ausgehen, gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet und innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und sie muß wegen eines bestimmten Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Hiebei muß aber das nach § 44a lit. a VStG in den Spruch des Bescheides aufzunehmende Merkmal der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG noch nicht von der Verfolgungshandlung umfaßt sein, weil es sich hiebei nicht um ein Tatbestandsmerkmal der verletzten Verwaltungsvorschrift handelt (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1991, Zl. 91/09/0095).

Diesen Erfordernissen hat aber schon die innerhalb der nach § 28 Abs. 2 AuslBG (in Abweichung von § 31 Abs. 2 erster Satz VStG) festgesetzten einjährigen Verjährungsfrist von der Strafbehörde erster Instanz an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7. November 1990 entsprochen. Bereits diese Verfolgungshandlung ist gegen den Beschwerdeführer als das satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ der N Hotelbetriebsgesellschaft gerichtet gewesen, wobei der vollständigen Firmenbezeichnung nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Bedeutung zukam. Abgesehen davon wurde der Beschwerdeführer am 5. Dezember 1990 als Beschuldigter vernommen, was ebenfalls als taugliche Verfolgungshandlung anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1992, Zl. 92/09/0015). Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Meldung der Bundespolizeidirektion und auf die Anzeige des Landesarbeitsamtes verweist, so kommt dem diesbezüglichen Vorbringen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil diese Vorgänge keine Verfolgungshandlungen "EINER BEHÖRDE" im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG darstellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0199, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsausführungen lagen im Beschwerdefall daher taugliche und rechtzeitige Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vor, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung verhinderten.

Die belangte Behörde hat den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zulässigerweise dahingehend abgeändert, daß der Beschwerdeführer die unberechtigte Beschäftigung der fünf Ausländer durch die N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. als handelsrechtlicher "Geschäftsführer" und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten habe. Daß der Beschwerdeführer tatsächlich handelsrechtlicher Geschäftsführer des genannten Unternehmens ist, wird von ihm selbst nicht in Abrede gestellt, er hat in seiner Stellungnahme vom 10. April 1991 sogar selbst darauf hingewiesen, Geschäftsführer dieses Unternehmens zu sein.

Angesichts des oben wiedergegebenen, der Vorschrift des § 44a lit. a VStG entsprechenden Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (mit der von der belangten Behörde vorgenommenen Abänderung) ist die Behauptung des Beschwerdeführers unverständlich, nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen liege ein Sachverhalt vor, welcher keinen konkreten Tatvorwurf enthalte.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe in seiner Berufung ausgeführt, die Strafbehörde sei verpflichtet, seine Verantwortung dem Zeugen (gemeint ist damit offenbar der Meldungsleger) vorzuhalten und überhaupt auf seine Verantwortung Bedacht zu nehmen. Dies habe die belangte Behörde nicht getan. Dies gelte insbesondere hinsichtlich seiner Behauptung, daß Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eingebracht worden seien, über die auch positiv entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung ferner ausdrücklich begehrt, daß ihm der bisherige gesamte Akteninhalt vor Bescheiderlassung nachweislich zur Kenntnis gebracht werden müsse. Die belangte Behörde habe aber diesem dem AVG gemäßen Begehren nicht entsprochen und somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Diesen Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, daß dem Beschwerdeführer schon anläßlich seiner Einvernahme am 5. Dezember 1990 der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu rechtfertigen. Ferner ist die Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien vom 2. Jänner 1991 dem Beschwerdeführer am 21. März 1991 nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht weiters hervor, daß der Vertreter des Beschwerdeführers am 4. April 1991 zwecks Akteneinsichtnahme vor der Strafbehörde erster Instanz erschienen ist und dabei Kopien der Akten übernommen hat. Die Verwaltungsverfahrensgesetze sehen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht vor, daß vor Erlassung des Berufungsbescheides der gesamte Akteninhalt einem Berufungswerber (noch einmal) zur Kenntnis gebracht werden müsse; es genügt vielmehr, daß die Vorschriften über die Gewährung des Parteiengehörs zu einzelnen Ermittlungsergebnissen eingehalten worden sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1990, Zl. 89/18/0166). Dies ist hinsichtlich der Zeugenaussage des A durchaus der Fall gewesen; jedoch ist der Beschwerdeführer der Ladung vom 25. Februar 1992 nicht nachgekommen. Dem Beschwerdeführer wäre es auch freigestanden, erneut Akteneinsicht zu nehmen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, daß der in der Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Da der Verwaltungsgerichtshof im Falle einer Bescheidbeschwerde nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, nicht aber eine Sachentscheidung zu treffen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu die bei DOLP, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 548 f, angeführte Judikatur). Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis vermag der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach die fünf im Spruch des Straferkenntnisses namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen am 7. Juni 1990 auf der näher bezeichneten Baustelle von der N Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. mit Fassadenrenovierungsarbeiten beschäftigt worden seien, nicht als bedenklich zu erkennen. Die belangte Behörde hat diese Feststellung - wie der obigen Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist - insbesondere auf die Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juni 1990 und auf die Aussage des A gestützt. Der Beschwerdeführer hat - nach Vorhalt der Anzeige - anläßlich seiner Einvernahme als Beschuldigter vor der Strafbehörde erster Instanz am 5. Dezember 1990 die Beschäftigung der fünf ausländischen Arbeitskräfte selbst nicht bestritten, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß vom Arbeitsamt Bau-Holz keine Arbeitskräfte vermittelt worden seien, sodaß seiner Firma nichts anderes übrig geblieben sei, als verfügbare polnische Arbeiter zu beschäftigen. Der Beschwerdeführer hat dazu noch ergänzend bemerkt, daß für A eine Arbeitsbewilligung bereits erteilt worden sei und für D seit 21. Juni 1990 ein Ansuchen für eine Arbeitsbewilligung beim Arbeitsamt Bau-Holz anhängig sei. ERSTMALS in seiner Stellungnahme vom 10. April 1991 hat dann der Beschwerdeführer - ohne dies jedoch näher auszuführen - behauptet, daß "die zur Last gelegten Tatbestände durch die ausländischen Personen bisher weder ausdrücklich noch schlüssig gegeben" seien und "die Tatbilder der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen daher durch den Beschuldigten nicht erfüllt worden" seien. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, daß sie ihren Feststellungen nicht die erst nachträglich aufgestellten Behauptungen des Beschwerdeführers, sondern vielmehr die vor der Strafbehörde erster Instanz abgegebene Beschuldigtenaussage zugrunde zu legen habe, dann hat sie damit eine durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Beweiswürdigung vorgenommen, deren weitere Kontrolle aus den oben genannten Gründen nicht dem Verwaltungsgerichtshof obliegt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0160).

Auf Grund dieses Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens war es auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dem Antrag auf Einvernahme des Meldungslegers als Zeuge nicht nachgekommen ist. Ein Zeuge braucht insbesondere dann nicht vernommen zu werden, wenn er nach der Aktenlage zu den entscheidungswesentlichen Fragen keine Aussage machen kann oder wenn auf Grund des Beweisthemas ersichtlich ist, daß die Aussage entbehrlich erscheint (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0091). Die im Berufungsschriftsatz beantragte Einvernahme des Meldungslegers war bei der gegebenen Sachlage - insbesondere im Hinblick auf die Beschuldigteneinvernahme vom 5. Dezember 1990 - zur Erforschung der materiellen Wahrheit nicht mehr erforderlich. Eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher auch insoweit nicht vor.

Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach aus dem Verwaltungsakt nicht hervorgehe, daß die fünf Ausländer unter Beiziehung eines Dolmetsch für die polnische Sprache vernommen worden seien, geht schon deshalb ins Leere, weil im Zuge des Berufungsverfahrens einer der fünf polnischen Staatsbürger, nämlich A (dieser ist laut Auskunft des Zentralmeldeamtes als einziger der fünf polnischen Staatsbürger noch in Wien gemeldet gewesen) als Zeuge einvernommen worden ist, wobei den Akten nicht zu entnehmen ist, daß dieser Zeuge etwa auf Grund fehlender Deutschkenntnisse der Amtshandlung nicht hätte folgen können. Abgesehen davon vermochte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nicht anzugeben, welche ihn entlastenden Sachverhaltselemente durch eine Vernehmung der (restlichen vier) polnischen Staatsbürger als Zeugen geklärt hätten werden sollen.

Wenn der Beschwerdeführer abschließend vorbringt, seine Behauptung, daß Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen eingebracht und positiv erledigt worden seien, sei von der belangten Behörde keiner "nachvollziehbaren Würdigung" unterzogen worden, so ist dem zu erwidern, daß nach § 3 Abs. 1 AuslBG Voraussetzung für die Beschäftigung eines Ausländers ist, daß für diesen eine Beschäftigungsbewilligung ERTEILT WORDEN IST (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1991, Zl. 91/09/0078). Daß dem Beschwerdeführer schon zum Tatzeitpunkt (am 7. Juni 1990) eine Beschäftigungsbewilligung für einen der fünf polnischen Staatsangehörigen erteilt worden wäre, ist von ihm weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in seiner Beschwerde behauptet worden. Aus der Stellungnahme des Landesarbeitsamtes vom 2. Jänner 1991 ergibt sich vielmehr das Gegenteil.

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels Akteneinsicht Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Zeugenbeweis Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992090186.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten