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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §36 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Z in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. April 1990, Zl. Ve-550-1387/3, betreffend einen baupolizeilichen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Kirchberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Jänner 1990, Zl. 131-9/90 A-1, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung der Abbruch der "nicht genehmigten Anbauten an den Altbestand" aufgetragen.
Diesem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ging nachstehende Beschreibung der ohne baubehördliche Bewilligung getätigten Baumaßnahmen an dem auf der GP nn1 KG K befindlichen Heustadel (Ausbau für Wohnzwecke) voran:
"An der Nordwestseite wurde vor dem Eingang ein Windfang im Ausmaße von 1,40 m mal 2,50 m und einer Höhe von 2,00 m angebaut. An der Südostseite wurde ein Anbau im Ausmaße von 4,50 m x 5,00 m und einer Traufenhöhe von 2,10 m errichtet. Beide Anbauten wurden mit Pultdächern, die mit Pappe eingedeckt wurden, abgeschlossen. Das Dach des Altbestandes wurde ebenfalls neu eingedeckt und ein neuer Kamin erstellt. Wasserversorgung und Abwasserbeseitigungsanlage wurden eingerichtet."
In der Begründung verwies die Behörde erster Instanz darauf, daß der ursprüngliche Abbruchbescheid aus formalen Gründen aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz verwiesen worden sei. Darüberhinaus führt die Behörde erster Instanz aus, daß der Grundeigentümer zweimal auf den Umstand hingewiesen worden sei, daß die von ihm eingereichte Bauanzeige hinsichtlich der vorgenommenen Baumaßnahmen nicht ausreiche und ein ordentliches Bauverfahren durchzuführen sei.
Die dagegen erhobene Berufung, in welcher der Beschwerdeführer im wesentlichen Verfahrensmängel geltend macht, wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 1990, Zl. 131-9/90 B4, als unbegründet abgewiesen: Der Abbruchauftrag sei zu Recht erfolgt, da es sich um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die Tiroler Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde und bringt darin vor, daß die Behörde zu einem Vorgehen gemäß § 40 Tiroler Bauordnung verpflichtet gewesen sei und die Bestimmung des § 44 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung nur dann zur Anwendung gelange, wenn die Behörde erst nach Fertigstellung eines Baues von diesem Kenntnis erlange und so eine Untersagung gar nicht möglich gewesen sei; darüberhinaus habe keine Zustellung einer Abbruchandrohung stattgefunden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage führt sie im wesentlichen aus, es sei bereits im Jahre 1986 anläßlich einer Baukontrolle festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer an dem in seinem Eigentum stehenden Heustadel Baumaßnahmen durchgeführt habe, welche zweifellos als bewilligungspflichtig anzusehen seien. Die Bestimmung des § 44 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung beinhalte für die Behörde keine Verpflichtung zur vorherigen Androhung eines Abbruchauftrages. Für ein Verfahren gemäß § 44 Abs. 3 Tiroler Bauordnung müßten die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen, nämlich das Vorhandensein einer baulichen Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist sowie des Nichvorhandensein einer Baubewilligung, vorliegen. Es sei in diesem Zusammenhang völlig unerheblich, ob vor Abschluß der Bauarbeiten ein Verfahren nach § 40 Tiroler Bauordnung durchgeführt worden sei. Abschließend stellt die belangte Behörde fest, daß sämtliche Voraussetzungen für die Erlassung des Abbruchauftrages gegeben seien, weshalb keine Verletzung der subjektiven Rechte des Beschwerdeführers durch den Bescheid der Berufungsbehörde vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung desselben wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Für den Beschwerdefall sind inbesondere folgende Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), von Bedeutung:
"§ 25
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
Einer Bewilligung der Behörde bedarf:
a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
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d) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann;"
"§ 3
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(6).... Anbau ist ein Zubau in waagrechter Richtung, Aufbau
ist ein Zubau in lotrechter Richtung."
"§ 44
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(3).... Die Behörde hat den Abbruch einer baulichen Anlage
innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen,
a) wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt,"
"§ 26
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(2).... Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit
schriftlichem Bescheid zu untersagen, wenn
a) das Vorhaben nach § 25 bewilligungspflichtig ist,"
"§ 36
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(2) Mit der Ausführung eines nach § 26 Abs. 1 anzeigepflichtigen Vorhabens darf erst begonnen werden, wenn die Behörde innerhalb von sechs Wochen ab der Erstattung der Anzeige das Vorhaben nicht untersagt oder vor dem Ablauf dieser Frist der Ausführung des Vorhabens schriftlich zugestimmt hat..."
"§ 40
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(2) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausgeführt, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung hiefür vorliegt, so hat die Behörde die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monates nach der Erlassung des Untersagungsbescheides nicht nachträglich um die Baubewilligung angesucht oder wird sie versagt, so hat die Behörde die Beseitigung des ohne Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens aufzutragen."
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, daß der Spruch des Bescheides vom 8. Jänner 1990 nicht ausreichend determiniert sei, da sich daraus nicht entnehmen ließe, was im einzelnen von dem baupolizeilichen Abbruchauftrag erfaßt werden sollte.
Ist dem Beschwerdeführer auch zuzugestehen, daß der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides durchaus präziser formuliert werden hätte können, so darf dabei doch nicht außer acht gelassen werden, daß die an die Bestimmtheit eines baupolizeilichen Auftrages zu richtenden Anforderungen in erster Linie sicherstellen sollen, daß im konkreten Einzelfall keine Verwechslungsgefahr und somit kein Zweifel daran besteht, welche Bauteile im Detail beseitigt werden sollen (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0046, und vom 6. Dezember 1990, Zl. 89/06/0026).
Da im vorliegenden Fall mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Befund (Vorspruch) des Bescheides entnommen werden kann, welche Anbauten in welchem Ausmaß als ohne Baubewilligung errichtet vom Bescheid erfaßt sind und der Spruch des Bescheides expressis verbis nur auf die "Anbauten an den Altbestand" Bezug nimmt, kann nach den Umständen des Einzelfalles keine Unklarheit über den Umfang des baupolizeilichen Auftrages bestehen. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, ist demnach insbesondere auch nicht anzunehmen, daß die keiner Bewilligungspflicht bedürftige Neueindeckung des Daches bzw. Einrichtung der Wasserversorgung dem Abbruch unterliegen sollte.
Der Auftrag ist daher als hinreichend bestimmt anzusehen.
Ebensowenig kann sich der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 36 Abs. 2 TBO stützen, wonach im Falle der Unterlassung der Untersagung des Bauvorhabens innerhalb der in § 36 Abs. 2 TBO genannten sechswöchigen Frist ab Erstattung der Anzeige nach Ablauf von sechs Wochen das Recht bestehe, im Rahmen der Bauanzeige zu bauen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1990, Zlen. 89/06/0065, AW 89/06/0025, dargelegt hat, setzt § 36 Abs. 2 TBO das Vorliegen eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens voraus und normiert nur, daß mit dem Baubeginn nicht länger als sechs Wochen ab Erstattung der Anzeige zugewartet werden müsse. Keinesfalls kann daraus geschlossen werden, daß durch den bloßen Ablauf dieser Frist ein genehmigungspflichtiges zu einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben würde und damit keiner Baubewilligung mehr bedarf.
Da es sich bei den vom Beschwerdeführer vorgenommenen Anbauten gemäß § 25 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 6 TBO nicht um bloß anzeige-, sondern um bewilligungspflichtige Baumaßnahmen handelt, - was in der Beschwerde im übrigen gar nicht bekämpft wurde -, findet die Bestimmung des § 36 Abs. 2 TBO in vorliegender Beschwerdesache keine Anwendung.
Da somit sämtliche Voraussetzungen für die Erlassung des Abbruchauftrages gegeben waren, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990060076.X00Im RIS seit
03.05.2001