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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §236 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. W in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 24. April 1992, Zl. 86/36-10/Zö-1992, betreffend Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde als Geschäftsführer einer GmbH gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Lohnsteuer in der Höhe von S 24.595,-- herangezogen. Seine diesbezügliche Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, 89/14/0185, auf welches zur weiteren Vorgeschichte des Beschwerdefalles verwiesen wird, als unbegründet abgewiesen.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer seine Entlassung aus der Gesamtschuld.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid entsprach die belangte Behörde diesem Antrag für den Haftungsbetrag von S 24.595,-- nicht. Sie bejahte zwar die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, bewilligte den Antrag des Beschwerdeführers aber in Ausübung des ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessens nicht. Eine Entlassung aus der Gesamtschuld ginge derzeit ausschließlich zu Lasten der Finanzverwaltung und zu Gunsten des anderen Gläubigers (Bank), an den der Beschwerdeführer nicht mit einem Ansuchen um Forderungsverzicht herangetreten sei. Eine Entlassung aus der Gesamtschuld mit einem Betrag von S 24.595,-- könne in Anbetracht der Bankschulden (S 135.901,16) für sich alleine die Existenzgefährdung weder beseitigen noch wesentlich mindern. Eine Bewilligung sei auch im Hinblick auf das steuerliche Verhalten des Beschwerdeführers nicht möglich. Er sei im Finanzstrafverfahren schuldig erkannt worden, vorsätzlich Lohnsteuer vom eigenen Lohn für den Zeitraum November 1985 bis Mai 1986 im Gesamtausmaß von S 24.595,-- nicht spätestens am Fälligkeitstag abgeführt und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben. Damit sei die Vernachlässigung der abgabenrechtlichen Anzeige- und Zahlungspflicht ausreichend dokumentiert.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht auf Entlassung aus der Gesamtschuld gemäß § 237 BAO verletzt. Er beantragt, die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 237 BAO kann ein Gesamtschuldner auf Antrag aus der Gesamtschuld ganz oder zum Teil entlassen werden, wenn die Einhebung der Abgabenschuld bei diesem nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die belangte Behörde hat die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung und damit die Voraussetzung für eine von ihr zu treffende Ermessensentscheidung bejaht.
Bei der Überprüfung dieser Ermessensentscheidung (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 1982, 89/14/0135) kann der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht finden, daß der belangten Behörde ein Ermessensfehler unterlaufen wäre, weil sie zu Recht das bisherige steuerliche Verhalten des Beschwerdeführers ins Treffen führen konnte (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, Seite 587). Der in Rede stehende Haftungsbetrag rührt daher, daß der Beschwerdeführer von November 1985 bis Mai 1986 Geschäftsführergehälter bezogen, die darauf entfallende Lohnsteuer aber nicht einbehalten hat, obwohl bei unzureichenden Mitteln nur ein entsprechend niedrigerer Betrag, der eine Lohnsteuerabfuhr erlaubte, hätte ausbezahlt werden dürfen (vgl. neuerlich das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, 89/14/0185). Dieses Verhalten des Beschwerdeführers zog auch eine Verurteilung wegen Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nach sich. Wenn die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung die Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige- und Zahlungspflichten des Beschwerdeführers berücksichtigte, so stellen sich ihre diesbezüglichen Erwägungen als durchaus sachlicher Art dar und lassen nicht erkennen, daß sie ihr Ermessen unrichtig gehandhabt hätte. Es trifft nicht zu, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bei der Würdigung seines steuerlichen Verhaltens die Ergreifung von Rechtsmitteln vorgeworfen hätte.
Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß der Beschwerdeführer dem Hinweis der belangten Behörde auf den mangelnden Sanierungseffekt einer Entlassung aus der Gesamtschuld mit einem Betrag von S 24.595,-- nicht entgegengetreten ist. Ob eine Bewilligung seines Antrages lediglich einen anderen Gläubiger begünstigt hätte, ist im Hinblick auf den eingangs behandelten Versagungsgrund nicht mehr entscheidend. Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, der Finanzverwaltung stehe bei der gegenständlichen Solidarschuld ohnehin ein weiterer Schuldner zur Verfügung, vernachlässigt er, daß gerade die Uneinbringlichkeit der Abgabenschulden bei der GmbH zu seiner Inanspruchnahme als Geschäftsführer führte (vgl. wiederum das Erkenntnis vom 26. Juni 1990, 89/14/0185).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen GeschäftsführergehaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992140159.X00Im RIS seit
01.12.1992