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86 VeterinärrechtNorm
B-VG Art18 Abs2 FleischuntersuchungsG §47 Nö FleischuntersuchungsgebührenV, idF der 2. Novelle (LGBl 6400/5-2) §2Leitsatz
Gesetzmäßigkeit von Inhalt und Verfahren zur Erlassung der Nö FleischuntersuchungsgebührenV; gesetzmäßige Festsetzung der Fleischuntersuchungsgebühren; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung oder VollzugsfehlerSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Landeshauptmann von Niederösterreich schrieb mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 10. August 1989 gemäß §2 Abs1 litb und §2 Abs2 der NÖ Fleischuntersuchungsgebührenverordnung, "LGBl. 6400/5" (richtig: LGBl. 6400/5-2) der beschwerdeführenden Gesellschaft für im Monat Jänner 1989 durchgeführte Kontrolluntersuchungen des in die Gemeinde Amstetten eingeführten Fleisches Gebühren von insgesamt
S 25.923,50 sowie Weggebühren von insgesamt S 1.100,-- vor.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der Landeshauptmann von Niederösterreich als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Er legte die auf den angefochtenen Bescheid bezughabenden Verwaltungsakten sowie die die NÖ FleischuntersuchungsgebührenV betreffenden Unterlagen vor.
II. Die beschwerdeführende Gesellschaft begründet ihre Beschwerdebehauptungen (s.o. I.2.) ausschließlich damit, daß die den angefochtenen Bescheid materiell tragende NÖ FleischuntersuchungsgebührenV, idF der 2. Novelle (LGBl. 6400/5-2) gesetzwidrig sei.
1. Die Verordnung stützt sich auf §47 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. 522/1982.
a) Diese Bestimmung lautet:
"§47. (1) Für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung ist vom Verfügungsberechtigten eine Gebühr zu entrichten. Diese Gebühr wird mit der Untersuchung fällig.
(2) Die Höhe dieser Gebühr ist vom Landeshauptmann durch Verordnung unter Bedachtnahme auf den damit verbundenen Sach- und Zeitaufwand und die Art der Tiere in einem solchen Ausmaß festzusetzen, daß die den Gemeinden und Fleischuntersuchungsorganen tatsächlich entstandenen Kosten voll ersetzt werden.
(3) Die Gebühr hat die Entlohnung der Fleischuntersuchungsorgane, einen Kostenersatz für die Gemeinden, einen Zuschlag als Beitrag für den Sachaufwand und einen Zuschlag als Beitrag für Reisekosten, nach diesem Gesetz durchzuführende Kontrollen, sonstige Untersuchungskosten (wie bakteriologische, chemische, physikalische, serologische und sonstige Untersuchungen) sowie Kosten der Fortbildung der Fleischuntersuchungsorgane zu umfassen.
(4) Für die Kontrolluntersuchung" (gemäß §40, 41 leg.cit.) "und die Auslandsfleischuntersuchung" (gemäß §§42, 43 leg.cit.) "hat der Landeshauptmann durch Verordnung Gebühren samt Zuschlägen gemäß den Abs1 bis 3 festzusetzen.
(5) Vor der Erlassung der Verordnungen gemäß Abs2 und 4 hat der Landeshauptmann die gesetzlichen Interessenvertretungen der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Arbeitnehmer und der Tierärzte anzuhören."
b) Die Erläuterungen zur - das nachmalige FleischuntersuchungsG betreffenden - Regierungsvorlage (1 BlgNR, 15. GP) besagen zu dieser Vorschrift lediglich:
"Durch diese Bestimmungen wird die gegenwärtige Rechtslage nicht geändert. Aus rechtssystematischen Gründen wurde jedoch die Kostenregelung, welche bisher im Tierseuchengesetz (§13) erfolgte, in das Fleischbeschaugesetz übernommen."
2. §2 der NÖ FleischuntersuchungsgebührenV, in der hier maßgebenden Fassung (nämlich in jener nach der 2. Novelle, also jener vor dem mit 1. August 1989 erfolgten Inkrafttreten der 3. Novelle) lautete auszugsweise:
"§2
(1) Die Gebühren, die sich in Fleischuntersuchungsorganaufwand sowie Kostenersatz und Zuschläge der Gemeinde aufteilen, werden wie folgt festgesetzt:
Fleischunter- Kostenersatz Gesamt-
suchungs- u.Zuschläge gebühren
organaufwand der Gemeinde
a) Schlachttier- und
Fleischuntersuchungen
(je Stück
Lebendgewicht)
. . . . . . . . . . . . .
b) für die Kontrollunter-
suchung in die Ge-
meinde eingeführten
Fleisches (gemäß §3
und §40 Abs1-4
des Fleischunter-
suchungsgesetzes)
für je angefangene
50 kg 8,-- 2,69 10,69
mindestens jedoch 70,30 23,65 93,95
c) für die Durchführung
der Trichinenschau,
je untersuchungs-
pflichtiges Tier . . . . . . . . . . . .
(2) Bei der Vornahme einer Untersuchung nach Abs1 ist eine Weggebühr von S 5,-- für jeden zurückgelegten Kilometer Wegstrecke, gerechnet vom Praxissitz des Fleischuntersuchungsorganes, zu verrechnen. Werden mehrere Untersuchungen durchgeführt, so ist die Weggebühr entsprechend der zurückgelegten Wegstrecke aufzuteilen.
(3) . . . ".
Die im Verordnungsakt erliegenden Erläuterungen zur Stammverordnung LGBl. 6400/5-0 lauten:
"Auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. Nr. 522/1982, ist eine Neuregelung der Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung erforderlich. In Angleichung an andere Rechtsnormen (z.B. Tierpaßvorschriften) wurde von der Altersabgrenzung abgegangen und diese durch eine Gewichtsabgrenzung der zu untersuchenden Schlachttiere ersetzt. Hinsichtlich des Ausmaßes der Gebühren wurde auf die seit 1982 angestiegenen Lebenshaltungskosten Bedacht genommen. Der Kostenersatz und die Zuschläge der Gemeinde (Gemeindeanteil) waren in jenem Ausmaß anzuheben, um die erhöhte Umsatzsteuer, welche sich aus der Erhöhung des Fleischuntersuchungsorganaufwandes (Anteil des Fleischuntersuchungstierarztes) ergibt und von der Gemeinde zu tragen ist, abzudecken. Eine weitere Erhöhung des Gemeindeanteiles erschien im Hinblick auf das im §47 Abs2 des Fleischuntersuchungsgesetzes verankerte 'Äquivalenzprinzips' nicht vertretbar. Nach den Untersuchungen der Veterinärabteilung beim Amt der NÖ Landesregierung deckt der Gemeindeanteil in der im gegenständlichen Entwurf vorgesehenen Höhe die den Gemeinden tatsächlich entstandenen Kosten. Die weiteren Vorschriften ergeben sich aus der Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes. Soweit es rechtlich möglich war, wurden in der Praxis bewährte Regelungen und Vorgangsweisen übernommen."
In den Erläuterungen zur (mit 1. Jänner 1989 in Kraft getretenen) 2. Novelle heißt es:
"Die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Trichinenschau und die Kontrolluntersuchung nach der NÖ Fleischuntersuchungsgebührenverordnung teilen sich in den 'Fleischuntersuchungsorganaufwand' sowie in den als 'Kostenersatz und Zuschläge der Gemeinde' bezeichneten Gemeindeanteil auf. Der Fleischuntersuchungsorganaufwand stellt das Honorar dar, auf das das Untersuchungsorgan Anspruch hat und das ihm die Gemeinde bei Rechnungslegung auszuzahlen hat. Aus dem Gemeindeanteil hat die Gemeinde die vom Untersuchungsorgan im Zusammenhang mit seinem Honorar in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zu entrichten. Durch das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988, BGBl. Nr. 410, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1972 und das Alkoholabgabegesetz 1973 geändert wurden (Abschnitt I Artikel I Z. 8), wurde die Umsatzsteuer für alle freiberuflich Tätigen, darunter fallen auch die gegenständlichen Untersuchungsorgane, einheitlich mit 20 % festgesetzt. Diese Regelung tritt mit 1. Jänner 1989 in Kraft. Da bisher die Fleischuntersuchungstierärzte berechtigt waren, nur eine Umsatzsteuer in der Höhe von 10 % in Rechnung zu stellen, erscheint es erforderlich - um eine defizitäre Belastung der Gemeinden zu vermeiden - bei den einzelnen Tarifposten den Gemeindeanteil um 10 % des Fleischuntersuchungsorganaufwandes mit Wirkung vom 1. Jänner 1989 anzuheben. Dadurch erhöht sich auch die Gesamtgebühr in diesem Ausmaß."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Zunächst ist festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des Art18 B-VG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die dem Verordnungsgeber durch §47 des FleischuntersuchungsG gesetzten Determinanten hat (vgl. zB VfSlg. 10296/1984; VfGH 7.10.1988 B1419-1440/87, B816-820/88).
2.a) Der Landeshauptmann hat der zitierten Gesetzesbestimmung zufolge die Untersuchungsgebühren nach den in den Absätzen 2 bis 4 beschriebenen Kriterien durch Verordnung derart festzusetzen, daß die volle Kostendeckung erreicht wird. Zwar sind diese Kriterien weitmaschig umschrieben, sodaß dem Landeshauptmann bei Bestimmung der Höhe der Gebühren ein relativ weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist; sie sind aber einer Auslegung zugänglich.
b) Der Landeshauptmann von NÖ hat - wie das Studium der vorgelegten Verordnungsakten ergibt - sowohl vor Erlassung der Stammverordnung LGBl. 6400/5-0, als auch vor Erlassung der 2. Novelle - wie im §47 Abs5 des FleischuntersuchungsG zwingend vorgeschrieben - die dort angeführten Institutionen (die divergierende Interessen zu vertreten haben) angehört und die in Betracht kommenden Abteilungen des Amtes der Landesregierung befaßt. Er hat solcherart ein ausreichendes Bild über den maßgebenden Sachverhalt und die Interessenslage gewonnen und all dies aktenmäßig dokumentiert.
Auf diese Entscheidungsgrundlagen gestützt, erließ er sodann die Verordnung.
c) Die Gebühren sind durch Verordnung (generell), sohin pauschalierend festzusetzen. Das Gesetz enthält bestimmte Vorgaben, welche Kriterien hiebei zu berücksichtigen sind.
Dem §47 Abs3 des FleischuntersuchungsG zufolge hat die Gebühr
die Entlohnung der Fleischuntersuchungsorgane,
einen Kostenersatz für die Gemeinden,
einen Zuschlag als Beitrag für den Sachaufwand,
einen Zuschlag als Beitrag für Reisekosten, nach diesem Gesetz durchzuführende Kontrollen und sonstige Untersuchungskosten (wie bakteriologische, chemische, physikalische, serologische Untersuchungen) sowie
Kosten der Fortbildung der Fleischuntersuchungsorgane
zu umfassen.
Die (pauschalierende) Festsetzung der Gebühren hat also anhand von Lebenssachverhalten zu erfolgen, deren Feststellung vielfach eine schätzende Durchschnittsbetrachtung erfordert.
Das durchgeführte Verordnungsprüfungsverfahren, insbesondere das Studium der vorgelegten Verordnungsakten (s. hiezu insbes. oben II.2.) ergab keine Anhaltspunkte dafür, daß die Verordnung deshalb inhaltlich dem Gesetz widerspräche, weil die Gebühren höher angesetzt seien, als für eine Kostendeckung erforderlich ist. Auch den Stellungnahmen der gemäß §47 Abs5 des FleischuntersuchungsG angehörten Institutionen ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.
Der in der Beschwerde angestellten isolierenden Betrachtungsweise kann aus den oben dargelegten Erwägungen nicht gefolgt werden.
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist auch - wie sich aus der soeben dargestellten Rechtslage ergibt - damit nicht im Recht, wenn sie offenkundig meint, für die Festsetzung der Gebühr sei nahezu ausschließlich der (unmittelbar der Untersuchung dienende) Sach- und Zeitaufwand des Untersuchungsorganes maßgebend.
Die Beschwerdebehauptung, §2 der NÖ FleischuntersuchungsgebührenV "differenziert nicht nach dem Gewicht der jeweils untersuchten Fleischmenge" ist - wie ein Blick auf den Verordnungstext (s.o. II.2.) erweist - unzutreffend.
Schließlich indiziert auch der Hinweis der beschwerdeführenden Gesellschaft, die gleichartige Gebühr sei in anderen Bundesländern niedriger festgelegt, keine Gesetzwidrigkeit der in Niederösterreich geltenden Regelung. §47 Abs2 des FleischuntersuchungsG ermächtigt nämlich die Landeshauptmänner, die Gebühren durch Verordnung festzusetzen, und zwar nach Maßgabe der länderweise verschiedenen Gegebenheiten, was verschieden hohe Gebühren in den einzelnen Ländern ergeben kann.
d) Der Verfassungsgerichtshof hegt also - wie zusammenfassend festzuhalten bleibt - unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerde gegen die erwähnten präjudiziellen Verordnungsbestimmungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
e) Da auch gegen die anderen, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften derartige Bedenken nicht bestehen, wurde die beschwerdeführende Gesellschaft nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
In der Beschwerde werden keine Vollzugsfehler geltend gemacht; sie haben sich auch sonst im Verfahren nicht ergeben. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte begründet die beschwerdeführende Gesellschaft nur mit der Behauptung, §2 der NÖ FleischuntersuchungsgebührenV LGBl. 6400-5/2 sei gesetzwidrig; diese Behauptung trifft - wie dargetan - nicht zu. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also auch in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt.
Die Beschwerde war infolgedessen abzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
Gesetz, Determinierungsgebot, Gesundheitswesen, Fleischbeschau, VerordnungserlassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B1240.1989Dokumentnummer
JFT_10099382_89B01240_00