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82/02 Gesundheitsrecht allgemein;Norm
KFG 1967 §66 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Februar 1992, Zl. VerkR-390.429/1-1992-II/Oe, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von 24 Monaten vom 1. Jänner 1992 (dem Tag der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides der Bundespolizeidirektion Linz) an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete die bekämpfte Entziehungsmaßnahme damit, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 vorliege, die seine Verkehrszuverlässigkeit ausschließe. Sie stützte sich dabei auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. April 1991, wonach er zwischen Jänner 1988 und September 1990 gegenüber 16 näher genannten Personen insgesamt ca. 142 g Kokain - teils durch Verkauf, teils durch Schenkung - in Verkehr gebracht habe. Daneben habe er auch Kokain in unbekannter Menge zum Eigenverbrauch besessen. Deswegen wurde er des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes für schuldig erkannt und zu einer bedingten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt (Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. August 1991 betreffend den Strafausspruch). Die belangte Behörde führte in der Begründung auch eine Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung aus dem Jahre 1987 sowie zwei vorübergehende Entziehungen der Lenkerberechtigung in den Jahren 1988 und 1989 an, die alle im Zusammenhang mit Übertretungen der StVO 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitungen und ein Alkoholdelikt) standen.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 vorliegt. Er vertritt aber die Auffassung, daß die Wertung dieser bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 zu dem Ergebnis hätte führen müssen, daß er nicht verkehrsunzuverlässig sei.
Er ist damit nicht im Recht. Im Rahmen der Beurteilung des Wertungskriteriums der Verwerflichkeit hat die belangte Behörde zu Recht auf die Länge des Tatzeitraumes hingewiesen. Daß die verschiedenen Tathandlungen, die sich über nahezu zwei Jahre erstreckten, strafrechtlich als eine strafbare Handlung zu beurteilen sind, vermag an der hohen Verwerflichkeit unter dem Gesichtspunkt der kraftfahrrechtlichen Verkehrszuverlässigkeit nichts zu ändern. Daß keine Verwendung eines Kraftfahrzeuges bei Begehung der Tat festgestellt wurde, ist nicht erheblich. Die Begehung von Suchtgiftdelikten nach § 12 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0055). Es besteht daher die Gefahr, daß sich der Täter in Zukunft diese erleichternden Umstände zunutze macht, auch wenn er dies bis dahin nicht getan hat. Daß ferner der Beschwerdeführer das Suchtgift nur an Personen weitergegeben hat, die bereits Suchtgift konsumiert hatten - somit keine Personen dem Suchtgiftkonsum erst zugeführt hat -, vermag die Verwerflichkeit der strafbaren Handlung des Beschwerdeführers nicht in einem entscheidenden Maß zu mildern; der Verwaltungsgerichtshof hat - vor allem im Hinblick auf die Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen - selbst der Weitergabe von Suchtgift lediglich an eine einzige Person hohe Verwerflichkeit zugemessen (vgl. das Erkenntnis vom 24. September 1986, Zl. 86/11/0042).
Hinsichtlich des Wertungskriteriums der zwischen der Begehung der strafbaren Handlung und der Entscheidung im Entziehungsverfahren verstrichenen Zeit sowie des Verhaltens des Beschwerdeführers während dieser Zeit ist davon auszugehen, daß der Tatzeitraum bis September 1990 andauerte, daß vom Oktober 1990 an das - aufgrund einer Selbstanzeige des Beschwerdeführers eingeleitete - gerichtliche Strafverfahren anhängig war (bis August 1991), daß der Beschwerdeführer seit 26. November 1991 von dem gegen ihn anhängigen Entziehungsverfahren wußte und daß die Entziehung der Lenkerberechtigung mit Erstbescheid der Bundespolizeidirektion Linz mit 13. Jänner 1992 wirksam wurde. Da die Zeiten, während derer ein gerichtliches Strafverfahren oder das Entziehungsverfahren anhängig ist, bei der Wertung nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 von untergeordneter Bedeutung sind, verbleibt als relevante Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers lediglich ein Zeitraum von drei Monaten. Dem steht ein Tatzeitraum von nahezu zwei Jahren gegenüber. Auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, hatte die belangte Behörde doch in Ausübung ihrer Kontrollfunktion als Berufungsbehörde die von der Erstbehörde verfügte Maßnahme bezogen auf den Zeitpunkt deren Entscheidung zu prüfen.
Im Rahmen der Wertung hat die Behörde ein vollständiges Persönlichkeitsbild der betreffenden Person zu entwerfen. Dazu gehören sämtliche strafbare Handlungen dieser Person, mögen sie sich auch gegen andere geschützte Rechtsgüter gerichtet haben, sowie sämtliche frühere Entziehungsmaßnahmen, auch wenn sie auf Verstöße gegen andere Strafbestimmungen gestützt worden sind.
Es kann somit keine Rede davon sein, daß die Wertung der bestimmten Tatsache zu dem Ergebnis hätte führen müssen, der Beschwerdeführer sei dessen ungeachtet verkehrszuverlässig. Auf das Wertungskriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse brauchte daher nicht mehr eingegangen zu werden.
Gegen die - vom Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bekämpfte, an Hand derselben Kriterien vorzunehmende - Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 bestehen ebenfalls keine Bedenken.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110099.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
16.11.2010