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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwGG §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in O, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. Februar 1992, Zl. 712.155/1-2.5/90, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des im Jahr 1969 geborenen Beschwerdeführers vom 13. August 1990 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 befristet bis 15. August 1991 stattgegeben; das "Mehrbegehren" auf gänzliche Befreiung wurde abgewiesen.
In seiner gegen den abweisenden Abspruch gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 sind Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes auf ihren Antrag zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Vorauszuschicken ist, daß entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Mitteilung vom 17. November 1992 vertretenen Auffassung der Beschwerdeführer durch den Bescheid des Militärkommandos OÖ vom 2. Oktober 1992 nicht materiell klaglosgestellt ist. Mit diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 bis 15. August 1993 von seiner Präsenzdienstpflicht befreit. Mit dem dem gegenständlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrundeliegenden Antrag vom 13. August 1990 hatte der Beschwerdeführer seine gänzliche Befreiung - ohne Befristung - begehrt. Mit dem Bescheid vom 2. Oktober 1992 wurde er zwar gegenüber dem angefochtenen Bescheid bessergestellt. Er erlangte dadurch aber nicht jene Rechtsstellung, die er mit dem Antrag vom 13. August 1990 angestrebt hatte. Er kann daher durch den angefochtenen Bescheid im Falle dessen Rechtswidrigkeit noch immer in seinen Rechten verletzt sein.
Vorauszuschicken ist ferner, daß bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides von der Sachlage bei seiner Erlassung auszugehen ist. Nachträglich eingetretene Änderungen des Sachverhaltes haben auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides keinen Einfluß.
Die belangte Behörde bejahte das Vorliegen wirtschaftlicher und familiärer Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht (der Beschwerdeführer hat der Aktenlage nach bisher lediglich Grundwehrdienst im Ausmaß von 13 Tagen geleistet). Sie verneinte aber die besondere Rücksichtswürdigkeit dieser Interessen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Interessen, die durch die Pachtung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern begründet wurden, argumentierte die belangte Behörde mit der Verletzung der Verpflichtung zur Harmonisierung seiner wirtschaftlichen und beruflichen Dispositionen mit seiner Wehrpflicht. Hinsichtlich der familiären Interessen erfolgte die Verneinung der besonderen Rücksichtswürdigkeit mit dem Hinweis darauf, daß die beiden im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer und seinen zu 50 v.H. bzw. 70 v.H. erwerbsunfähigen Eltern lebenden Geschwister während der präsenzdienstbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers im elterlichen Betrieb mithelfen könnten; eine vorübergehende Aufrechterhaltung des Betriebes sei dadurch sichergestellt.
Die Pachtung eines Betriebes ohne Notwendigkeit hiezu stellt zwar grundsätzlich eine Verletzung der Harmonisierungspflicht dar. Von einer Verletzung der Harmonisierungspflicht kann allerdings dann nicht gesprochen werden, wenn der Beschwerdeführer ohne die Pachtung des Betriebes seiner Eltern wegen besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 Wehrgesetz 1990 zu befreien gewesen wäre, weil der Beschwerdeführer in diesem Falle durch die Pachtung des Betriebes die für den Fall der Einberufung vorhersehbaren Schwierigkeiten keineswegs vergrößert oder gar erst geschaffen hätte, wären sie doch auch sonst ebenso unvermeidlich gewesen, auch wenn es sich dabei nicht - wie jetzt - um eigene wirtschaftliche Interessen des Beschwerdeführers gehandelt hätte. Dies gilt allerdings von vornherein dann nicht, wenn die (vorübergehende) Pachtung des Betriebes durch eine andere Person als den Beschwerdeführer in Frage gekommen wäre, weil dadurch den aus der Einberufung des Beschwerdeführers sich ergebenden Schwierigkeiten hinreichend hätte begegnet werden können (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/11/0183). Anhaltspunkte dafür, daß jemand anderer als der Beschwerdeführer als Pächter in Betracht käme, bestehen nicht.
Somit ist das Schicksal der Beschwerde davon abhängig, ob die Annahme der belangten Behörde, die im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderliche Arbeitsleistung des Beschwerdeführers könnte von seinen Geschwistern - allenfalls unter Mitwirkung der Eltern - erbracht werden, richtig ist. In diesem Zusammenhang ist vorauszuschicken, daß der Umstand, daß die Schwester des Beschwerdeführers den gemeinsamen Haushalt verlassen hat und in ungefähr 40 km Entfernung bei ihrem Lebensgefährten wohnt, eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt. Unter der Annahme, daß beide Geschwister täglich für Arbeitsleistungen zur Verfügung stehen, kann der Annahme der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Die Berufstätigkeit des Bruders in 25 km Entfernung macht eine solche Arbeitsleistung offenkundig nicht unmöglich. Wenn auch - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - auf die außerordentliche Dienstfreistellung nach § 55 Abs. 8 des Wehrgesetzes kein Rechtsanspruch besteht, so kann der Beschwerdeführer doch in seiner dienstfreien Zeit ebenfalls seinen Beitrag zum Fortbestand des Betriebes leisten.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110110.X00Im RIS seit
11.07.2001