Index
L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AgrVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Aumayr, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. März 1992, Zl. VI/3-AO-313/2, betreffend Zusammenlegungsverfahren XY; Ausscheidung von Grundstücken aus dem Zusammenlegungsgebiet, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Verordnung vom 22. Februar 1990 (kundgemacht in der am 15. März 1990 herausgegebenen Nummer 5 der Amtlichen Nachrichten der Niederösterreichischen Landesregierung, Jahrgang 1990) hatte die NÖ Agrarbezirksbehörde (ABB) das Zusammenlegungsverfahren XY eingeleitet. In dieses Verfahren waren u.a. auch die im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden, im Zusammenlegungsgebiet liegenden Grundstücke Nr. nn, nn/1 und nn/2, alle KG XY, einbezogen worden.
2. Mit Bescheid vom 25. Juli 1991 wies die ABB den Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. Mai 1991, die Grundstücke nn, nn/1 und nn/2 aus dem Zusammenlegungsverfahren XY auszuscheiden, gemäß § 4 Abs. 2 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl. 6650-3, ab.
Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Operationsleiters begründete die ABB die Unentbehrlichkeit der genannten Grundstücke für die Erreichung der Verfahrensziele wie folgt: Bei Ausscheidung der Grundstücke würden unregelmäßige Feldfiguren entstehen, weil die geplante Drehung der Ackerrichtung nicht vollständig durchgeführt werden könnte. Die Herausnahme der Grundstücke nn/1 und nn/2 würde aufgrund ihrer Lage mitten in der Feldflur eine erhebliche Erschwerung für die Neueinteilung bedeuten, verbunden mit Nachteilen für die übrigen Parteien. Außerdem seien die Grundstücke der Beschwerdeführerin für die Herstellung eines neuen Wegenetzes erforderlich. Eine endgültige Festlegung der Flureinteilung bzw. des Wegenetzes, wie dies der Beschwerdeführerin offenbar vorschwebe, könne beim derzeitigen Stand des Verfahrens, das sich noch im Planungsstadium befinde, klarerweise noch nicht erfolgen.
3. Mit Bescheid vom 10. März 1992 wies der Landesagrarsenat beim Amt der NÖ Landesregierung (die belangte Behörde) die gegen diesen Bescheid der ABB erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 und § 4 Abs. 2 FLG als unbegründet ab.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus:
Für ein Zusammenlegungsverfahren sei der stufenmäßige Aufbau des Verfahrensablaufes charakteristisch. Gewisse Bescheide der nächsthöheren Stufe könnten erst erlassen werden, wenn die Bescheide der vorhergehenden Stufe entweder in Rechtskraft erwachsen oder zumindest erlassen worden seien. So sei es z.B. erst dann denkbar, einen Plan über die gemeinsamen Anlagen oder einen Plan über die beabsichtigte Neueinteilung zu erlassen, wenn rechtskräftig festgestellt worden sei, welche Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen seien und daher für eine Neueinteilung und eine Neuplanung des Wegenetzes zur Verfügung stünden. Es müßten demnach die Fragen der nachträglichen Einbeziehung oder Ausscheidung von Grundstücken aus dem Zusammenlegungsverfahren rechtskräftig entschieden worden sein, um die von der Beschwerdeführerin vermißten Planungen überhaupt in Angriff nehmen zu können. Nicht zutreffend sei jedenfalls auch der Einwand der Beschwerdeführerin, daß mit dem bekämpften Bescheid der ABB das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin beseitigt worden sei; dieser Bescheid enthalte keinerlei Verfügungen über das Eigentumsrecht an den Grundstücken der Beschwerdeführerin. Für die Beurteilung, ob ein Grundstück nachträglich aus dem Zusammenlegungsverfahren ausgeschieden werden könne, sei einzig und allein die Frage von Entscheidung, ob das betreffende Grundstück zur Erreichung der Verfahrensziele gemäß § 1 FLG entbehrlich sei oder nicht.
Hinsichtlich des Grundstückes nn - welches in der Form keine besonderen Mängel aufweise - sei maßgeblich, daß der Operationsleiter die Absicht habe, eine - wenn auch nur geringfügige - Drehung der Ackerrichtung vorzunehmen. Eine Herausnahme dieses Grundstückes aus dem Zusammenlegungsverfahren würde bedeuten, daß nur die Nachbargrundstücke, nicht jedoch das Grundstück nn, gedreht werden könnten, sodaß unwirtschaftliche Zwickel entstehen würden. Ein wesentliches Ziel eines Zusammenlegungsverfahrens sei jedoch gerade die Vermeidung solcher Dreiecksfiguren. Die Grundstücke nn/1 und nn/2 seien ungünstig geformt; das erste weise ein ungünstiges Längen/Breiten-Verhältnis auf, beim zweiten seien einerseits die schrägen Kopfenden und anderseits die nichtvorhandene Parallelität der Längsgrenzen zu bemängeln. Abgesehen von einer möglichen Verbesserung dieser beiden Grundstücke selbst, sei zu beachten, daß deren Herausnahme eine Veränderung der benachbarten Grundstücke weitgehend unmöglich machen würde, sodaß ein wesentliches Hindernis für eine großzügige Neueinteilung gegeben wäre. Selbst wenn die Zufahrtsverhältnisse, insbesondere zum Grundstück nn/2, ausreichend sein sollten, zeige der Lageplan, daß dieses Grundstück keinen Anschluß an das öffentliche Wegenetz habe.
Zusammenfassend sei aus landwirtschaftlicher und agrartechnischer Sicht festzustellen, daß alle drei Grundstücke der Beschwerdeführerin im Verfahren verbleiben müßten, weil eine Herausnahme eine wesentliche Behinderung bei der Neueinteilung der Abfindungsgrundstücke und der Neuplanung des Wegenetzes bedeuten würde. Darüber hinaus sei auch eine Verbesserung bei den genannten drei Grundstücken direkt denkbar, da unter Umständen die Form verbessert sowie die Erschließung nach zeitgemäßen Gesichtspunkten gestaltet werden könne und sogar bei den Grundstücken nn/1 und nn/2 eine Arrondierung möglich sei, sodaß die Zahl der Besitzstücke insgesamt reduziert und eine wirtschaftlich sinnvolle Größenordnung geschaffen werden könne.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus diesen Gründen begehrt wird.
5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 4 Abs. 2 FLG können mit Bescheid Grundstücke, wenn diese für die Erreichung der Verfahrensziele (der Zusammenlegung) entbehrlich sind, bis zur Erlassung des Zusammenlegungsplanes bzw. im Falle der Anordnung der vorläufigen Übernahme bis zu diesem Zeitpunkt aus dem Zusammenlegungsgebiet ausgeschieden werden.
Der mit "Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung" überschriebene § 1 FLG lautet:
"§ 1. (1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft sind die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu verbessern oder neu zu gestalten.
(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch
1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeform, ungünstige Wasserverhältnisse) oder
2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie zum Beispiel Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten)."
2. Soweit die Beschwerde, und zwar sowohl unter dem Titel der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit, die Ansicht vertritt, es liege überhaupt kein Grund vor, ein Zusammenlegungsverfahren durchzuführen, da die von der Behörde für dessen Notwendigkeit herangezogenen Gründe nicht gegeben seien, behauptet sie das Fehlen der für die Einleitung eines Zusammenlegungsverfahrens gesetzlich normierten Voraussetzung, nämlich die Erreichbarkeit der Ziele gemäß § 1 FLG. Damit wendet sich die Beschwerdeführerin aber gegen die Einleitungs-Verordnung (vgl. oben I.1.) und verfehlt damit den Anfechtungsgegenstand. Dieser ist allein der Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1992, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. Mai 1991 auf Ausscheidung ihrer Grundstücke nn, nn/1 und nn/2 aus dem (rechtswirksam eingeleiteten) Zusammenlegungsverfahren XY gemäß § 4 Abs. 2 FLG abgewiesen worden ist.
3.1. In bezug auf diesen behauptet die Beschwerde zunächst insofern das Vorliegen eines Verfahrensmangels, als die Beschwerdeführerin zu den von einem "abgeordneten Senatsmitglied" vorgenommenen örtlichen Erhebungen nicht eingeladen bzw. sie davon nicht verständigt und ihr auch das Ergebnis dieser Ermittlungen nicht bekanntgegeben worden sei. Diese Rüge ist nicht berechtigt.
3.2. Weder das gemäß § 1 AgrVG 1950 in den Angelegenheiten der Bodenreform für die Agrarbehörden grundsätzlich Anwendung findende AVG noch die besonderen Bestimmungen des AgrVG 1950 für das Verfahren vor den Agrarsenaten (§§ 9 ff) sehen die Beiziehung von Parteien zu Ermittlungen von Sachverständigen an Ort und Stelle vor. Daß im vorliegenden Fall die Anwesenheit der Beschwerdeführerin bei den örtlichen Erhebungen des landwirtschaftlichen Sachverständigen am 8. September 1991 unabdingbar gewesen sei, weil ansonsten keine zielführenden Erhebungen hätten durchgeführt werden können, wird selbst von der Beschwerdeführerin nicht behauptet; auch die Aktenlage bietet hiefür keinen Anhaltspunkt.
Wenngleich nach Ausweis der Akten das Gutachten des genannten Sachverständigen (vom 12. September 1991) der bereits im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin persönlich zugestellt wurde, ist dieses anschließend ihrem Rechtsvertreter zugekommen, wie sich aus der von diesem unter Bezugnahme auf das Gutachten erstatteten Stellungnahme vom 3. Dezember 1991 an die belangte Behörde ergibt.
4. Die mehrfachen Beschwerdehinweise auf eine angeblich ca. 1,2 bis 1,5 km nördlich von den Grundstücken der Beschwerdeführerin geplante Straße, welches Vorhaben von der Behörde als Argument für die "Zweckmäßigkeit oder gar Notwendigkeit der Zusammenlegung" herangezogen worden sei, geht schon deshalb fehl, weil - wie bereits dargetan (oben II.2.) - Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides ausschließlich der (negative) Abspruch auf Ausscheidung von drei im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücken aus dem Zusammenlegungsverfahren XY ist.
5.1. Der Hinweis in der Beschwerde, daß das Grundstück nn von den nächst gelegenen Baulandgrundstücken nur etwa 50 m weit entfernt sei, und jede "auch nur einmalige Vergrößerung der Baulandgrundstücke bereits das Grundstück nn umfassen muß", zielt offenbar darauf ab darzutun, daß nach Ansicht der Beschwerdeführerin dieses Grundstück, da in Bälde mit einer Umwidmung in Bauland zu rechnen sei, nicht in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen werden dürfe bzw., wenn dies schon geschehen sei, allein aus diesem Grund aus dem Verfahren ausgeschieden werden müsse.
5.2. Soweit damit die Einbeziehung des Grundstückes nn in das Zusammenlegungsgebiet als unzulässig angesehen wird, so gilt auch hier das oben II.2. Gesagte: Anfechtungsgegenstand ist ausschließlich der die Ausscheidung u.a. dieses Grundstückes abweisende Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1992, nicht die Einleitungs-Verordnung vom 22. Februar 1990. Die Behauptung indes, daß eine Umwidmung in Bauland zu erwarten und deshalb dieses Grundstück auszuscheiden sei, erweist sich als rechtlich nicht haltbar. Der Umstand, daß ein einbezogenes Grundstück allenfalls als ein solches mit besonderem Wert zu qualifizieren ist (vgl. § 18 FLG), vermag keinesfalls das für eine Ausscheidung allein maßgebliche Kriterium der Entbehrlichkeit (§ 4 Abs. 2 FLG) zu konstituieren. In Ansehung dieses Gesichtspunktes ist ein Grundstück von besonderem Wert nicht anders als ein solches ohne diesen Wert zu behandeln.
6. Soweit die Beschwerdeführerin den stufenmäßigen Aufbau des Zusammenlegungsverfahrens als nicht gesetzlich gedeckt erachtet bzw. die Zulässigkeit eines solcherart abschnittweisen Voranschreitens im Zusammenlegungsverfahren in Zweifel zieht, so ist ihr entgegenzuhalten, daß die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Einklang mit der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes stehen (vgl. dazu jüngst das hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, Zl. 92/07/0131, und die dort zitierten Entscheidungen).
7. Was die Vorwürfe der Beschwerdeführerin anlangt, es gebe im Zusammenlegungsverfahren nicht - in totaler Abweichung vom AVG - die Möglichkeit, "Ladungen mit Säumnisfolgen und von Rechtsmittelbelehrungen - wie im gegenständlichen Verfahren - herauszugeben, ohne, daß die betreffende Partei überhaupt erfährt, worum es sich handelt", so ist dieses Vorbringen so wenig konkret, daß es - auch unter Heranziehung der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten - nicht zuordenbar ist.
8. Hinweise der Beschwerdeführerin auf ein früher durchgeführtes Zusammenlegungsverfahren, in dem sie als Partei mit schlechteren Böden als von ihr eingebracht abgefunden worden sei, ein Umstand, der sie veranlaßt habe, nunmehr einen Antrag auf Ausscheidung ihrer Grundstücke zu stellen, stehen mit dem angefochtenen Bescheid in keinem rechtlich relevanten Zusammenhang und sind deshalb unbeachtlich.
9. Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden:
9.1. Hinsichtlich des Grundstückes nn stellte die belangte Behörde ausdrücklich fest, daß dieses "keine besonderen Mängel" aufweise. Als maßgeblich für ihre Entscheidung, den Ausscheidungsantrag, soweit er sich auf dieses Grundstück bezieht, abzuweisen, hielt sie die Absicht des Operationsleiters, "eine - wenn auch nur geringfügige - Drehung der Ackerrichtung vorzunehmen", eine Maßnahme, die bei Herausnahme des Grundstückes nn nur mehr die Nachbargrundstücke umfassen könnte, mit der Folge, daß "unwirtschaftliche Zwickel" entstehen würden. Auch wenn man beachtet, daß der Operationsleiter in seiner Stellungnahme vom 13. Juni 1991 davon sprach, daß die Ackerrichtung "in diesem Bereich" etwas gedreht würde, hat es die Behörde verabsäumt darzutun, welche konkreten Agrarstrukturmängel in welchem näher bezeichneten Bereich als gegeben anzunehmen seien. Die Absicht, eine geringfügige Drehung der Ackerrichtung vorzunehmen, läßt nicht erkennen, welche Agrarstrukturmängel diese Maßnahme in bezug auf das Grundstück nn und darüber hinausgehend "diesen Bereich" zu beseitigen oder zu mildern geeignet sei. Der Hinweis auf im Fall der Ausscheidung dieses Grundstückes bei Drehung der Ackerrichtung der Nachbargrundstücke entstehende Zwickel vermag einen zu beseitigenden oder zu mildernden Agrarstukturmangel schon deshalb nicht darzutun, weil es sich bei der Zwickelbildung nicht um bei der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens schon vorhandene, sondern allenfalls erst später entstehende Mängel handelt. Solche aber sind mit den im § 1 Abs. 2 Z. 1 FLG umschriebenen Agrarstrukturmängeln nicht gemeint. Wenn die belangte Behörde schließlich - auch für das Grundstück nn - festhält, daß eine Ausscheidung eine wesentliche Behinderung bei der Neueinteilung der Abfindungsgrundstücke und der Neuplanung des Wegenetzes bedeuten würde, bringt dies für ihren Standpunkt ebensowenig wie die Bemerkungen, es sei auch bei diesem Grundstück selbst eine Verbesserung "denkbar", da "unter Umständen" eine Formverbesserung und die "Erschließung nach zeitgemäßen Gesichtspunkten" erreicht werden könne. Der erste Teil dieser Aussage ist solange unüberprüfbar, als die Behörde sie nicht in Beziehung setzt zu den von ihr ins Auge gefaßten wesentlichen Maßnahmen zur Erreichung der Verfahrensziele, was zur Voraussetzung hat, daß bei der Behörde bereits zu diesem Zeitpunkt ein erster (grober) Entwurf künftiger Gestaltung vorhanden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, Zl. 92/07/0131). Was indes den Hinweis auf "denkbare", "unter Umständen" erreichbare Verbesserungen in der Grundstücksform und der Erschließung anlangt, so handelt es sich hiebei um eine ganz allgemein gehaltene Behauptung, die - ohne einer Überprüfung zugänglich zu sein - in dieser Form für eine Vielzahl weiterer vom Zusammenlegungsverfahren erfaßter Grundstücke aufgestellt werden kann, damit aber hier ohne jeden konkreten Aussagewert bleibt. Solcherart ist die belangte Behörde - infolge Fehlens maßgeblicher sachverhaltsmäßiger Grundlagen - ihrer Begründungspflicht in bezug auf eine nach § 4 Abs. 2 FLG für ein bestimmtes Grundstück zu treffende Entscheidung nur unzureichend nachgekommen.
9.2. Soweit im bekämpften Bescheid die Unentbehrlichkeit der Grundstücke nn/1 und nn/2 für die Erreichung der Verfahrensziele gleichfalls mit der im vorhin dargestellten Sinn als möglich erachteten Verbesserung begründet wird, gilt auch hiefür das bereits Gesagte. Dies auch unter Berücksichtigung dessen, daß die belangte Behörde von näher bezeichneten ungünstigen Grundstücksformen ausging, mithin für diese beiden Grundstücke einen konkreten Agrarstrukturmangel anführte. Denn es wurde nicht dargetan, welche (geplanten) Maßnahmen eben diese Strukturmängel zu beseitigen oder zu mildern geeignet seien. Daß und weshalb die Ausscheidung der Grundstücke nn/1 und nn/2 eine "Veränderung der benachbarten Grundstücke weitgehend unmöglich machen (würde), sodaß dies ein wesentliches Hindernis für eine großzügige Neueinteilung bedeuten würde", ist mangels diese Schlußfolgerungen stützender Sachverhaltsfeststellungen (auf dem Boden der die Erreichung der Verfahrensziele betreffenden behördlichen Planungen) nicht nachvollziehbar. Schließlich vermag die Überlegung der belangten Behörde, daß "sogar bei den beiden Grundstücken Nr. nn/1 und nn/2 eine Arrondierung möglich ist", in keiner Weise schlüssig die Unentbehrlichkeit dieser Grundstücke im Sinne des § 4 Abs. 2 FLG aufzuzeigen.
10. Nach den vorstehenden Ausführungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
11. Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
12. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß an Stempelgebühren lediglich S 300,-- (Eingabengebühr S 240,--, Beilagengebühr S 60,--) zu entrichten waren.
Schlagworte
Gutachten Parteiengehör Teilnahme an Beweisaufnahme FragerechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992070142.X00Im RIS seit
01.12.1992Zuletzt aktualisiert am
17.10.2011