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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Jänner 1992, Zl. MA 64 - 8/10/92, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Jänner 1992 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Guppen B, C, D, F und G vorübergehend für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 26. September 1989, entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, daß der Beschwerdeführer wegen einer am 26. September 1989 begangenen Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden sei. Bei diesem Vorfall habe er einen Verkehrsunfall verschuldet, indem er aus einer Parklücke herausgefahren sei, ohne auf den fließenden Verkehr zu achten. Ein mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zusammenhang stehendes Alkoholdelikt sei als verwerflich und gefährlich zu werten, sodaß die gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festgesetzte Zeit von einem Jahr gerechtfertigt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte sich nicht auf das rechtskräftige Straferkenntnis betreffend die am 26. September 1989 begangene Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 stützen dürfen, weil in dem zugrundeliegenden Strafverfahren Verfahrensvorschriften verletzt worden seien.
Mit diesen Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer über die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinweg, nach der im Falle des Vorliegens einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 die Kraftfahrbehörde daran gebunden und ihr daher eine selbständige Beurteilung der Vorfrage, ob eine solche Übertretung vorliegt, verwehrt ist (siehe unter anderem die Erkenntnisse vom 12. Februar 1991, Zl. 90/11/0227, und vom 11. Februar 1992, Zl. 92/11/0038). Aus diesem Grunde waren die vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge, mit denen er unter Beweis stellen wollte, daß er die ihm angelastete Übertretung nicht begangen habe, unerheblich.
2. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid unter anderem deshalb für rechtswidrig, weil die Entziehungszeit nicht herabgesetzt worden sei, obwohl eine Verurteilung wegen Fahrerflucht, die die erstinstanzliche Behörde bei der Erlassung des Mandatsbescheides vom 23. November 1989 angenommen habe, nicht erfolgt sei.
Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß es sich bei der Entziehung der Lenkerberechtigung nicht um eine Strafe handelt, sondern um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1983, Zl. 82/11/0014). Die Tatsache, daß im Vorstellungsbescheid der Erstbehörde und im angefochtenen Bescheid die Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 nicht als erwiesen angenommen wurde, mußte nicht zu einer Reduzierung der gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festgesetzten Zeit führen. Bei der Erlassung des Vorstellungsbescheides und des angefochtenen Bescheides - bei denen die Erstbehörde und die belangte Behörde sich im Ergebnis auf ihre Kontrollfunktion (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/11/0092, mit weiteren Judikaturhinweisen) beschränkt haben, weil sie die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit bereits vor Ablauf von drei Monaten ab Erlassung ihres Bescheides angenommen haben - war allein maßgebend, ob auf Grund des von der Vorstellungsbehörde bzw. der Berufungsbehörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes die im Mandatsbescheid ausgesprochene Entziehungsmaßnahme berechtigt war. Dies ist im Hinblick auf die im Folgenden dargelegten Erwägungen zu bejahen.
3. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Festsetzung der Entziehungszeit mit zwölf Monaten sei verfehlt. Es hätte genügt, ihm die Entziehung der Lenkerberechtigung bloß anzudrohen oder ihm die Lenkerberechtigung nur für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten zu entziehen.
Der Beschwerdeführer wendet sich somit nicht gegen die Annahme seiner Verkehrsunzuverlässigkeit im Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides vom 23. November 1989, sondern gegen die Festsetzung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967. Dabei sind nach der ständigen Rechtsprechung die in § 66 Abs. 3 KFG 1967 genannten Wertungskriterien maßgebend (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 88/11/0104, mit weiterem Judikaturhinweis). Die besondere Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen hervorgehoben (siehe unter anderem das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, Zl. 88/11/0264, mit weiterem Judikaturhinweis). Stellt man im vorliegenden Fall dazu noch den hohen Alkoholisierungsgrad (die Atemluftalkoholuntersuchung ergab bei den rund eine dreiviertel Stunde nach dem Unfall durchgeführten Messungen 0,84 bzw. 0,87 mg/l) und die Tatsache, daß der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall verschuldet hat, in Rechnung, ist die Festsetzung der Zeit mit zwölf Monaten ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines nicht rechtswidrig, zumal die seit der Tat bis zur Erlassung des Mandatsbescheides verstrichene Zeit von rund zwei Monaten schon im Hinblick auf ihre Kürze nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht fällt.
4. Der Umstand, daß die erstinstanzliche Behörde erst mit Bescheid vom 4. Dezember 1991 über die am 11. Dezember 1989 eingelangte Vorstellung entschieden hat, hat keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
5. Auch die Tatsache, daß die erstinstanzliche Behörde auf Grund eines offenkundigen Schreibfehlers in der Anzeige vom 26. September 1989 in den Begründungen des Mandatsbescheides und des Vorstellungsbescheides als Tatzeit den 29. September 1989 angeführt und die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung die Tatzeit richtig mit 26. September 1989 bezeichnet hat, belastet den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit. Das Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheines, nach dem die Entziehungszeit gemäß § 73 Abs. 4 KFG 1967 zu berechnen war, wurde sowohl im Mandatsbescheid als auch im Vorstellungsbescheid richtig mit 26. September 1989 angegeben. Der Beschwerdeführer, der in der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid den Schreibfehler nicht bemerkt und selbst von einem Vorfall vom 29. September 1989 gesprochen hatte, hat zudem in der Berufung gegen den Vorstellungsbescheid darauf hingewiesen, daß mit dem Vorfall vom 29. September 1989 wohl jener vom 26. September 1989 gemeint sei, sodaß nicht zu erkennen ist, inwiefern er durch den genannten Schreibfehler in seinen Rechten beeinträchtigt worden sein soll.
6. Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110083.X00Im RIS seit
19.03.2001