TE Vfgh Beschluss 1990/6/18 B406/89

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Veröffentlicht am 18.06.1990
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

Stmk GdO 1967 §43 VfGG §17 Abs2 VfGG §19 Abs3 Z2 litc

Leitsatz

Zurückweisung der von einem Rechtsanwalt namens einer Gemeinde erhobenen Beschwerde aufgrund nicht behobenen Mangels hinsichtlich der Beschlußfassung des Gemeinderates über die Beschwerdeerhebung und die Bevollmächtigung des Anwalts

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der einschreitende Rechtsanwalt erhob namens der Stadtgemeinde Schladming unter Vorlage einer vom Bürgermeister gefertigten Vollmacht Beschwerde gegen einen an die Stadtgemeinde ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 15. Feber 1989. Im Vorverfahren forderte der Verfassungsgerichtshof den Einschreiter mit Bezugnahme auf §18 VerfGG unter Fristsetzung zur Verbesserung der Beschwerde anhaftender Mängel auf: Entgegen §63 Abs2 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. 115, sei in der urkundlichen Vollmacht vom 9. März 1989 die Genehmigung des Gemeinderates zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof nicht durch Mitfertigung zweier Mitglieder des Gemeinderates (neben dem Bürgermeister) ersichtlich gemacht; des weiteren sei eine Niederschrift über die seinerzeitige Beschlußfassung (des Gemeinderates) über die Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof und über die Vertretung durch den einschreitenden Rechtsanwalt vorzulegen.

2. Der einschreitende Rechtsanwalt begehrte daraufhin die Erstreckung der gesetzten Frist bis 30. September 1989 und begründete dies im wesentlichen damit, daß ein die Beschwerdeführung betreffender Gemeinderatsbeschluß nicht gefaßt worden sei und ein solcher anläßlich der nächsten Sitzung im September nachgeholt werden werde.

Am 29. September 1989 langten beim Verfassungsgerichtshof Ablichtungen auszugsweiser Protokollabschriften über die Sitzung des Gemeinderates vom 30. Juni 1989 sowie über die "erweiterte Stadtratsitzung" vom 18. August 1989 ein. Gemäß dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderates wurde folgender Antrag des Bürgermeisters angenommen: "Der Bürgermeister wünscht, daß die Einberufung des Gemeinderates über den Sommer bis zum September ausbleiben kann. Um anfallende wichtige Entscheidungen treffen zu können, soll der Gemeinderat den Stadtrat ergänzt durch die Fraktionsführer ermächtigen, diese Entscheidungen treffen zu können. Ist in diesem erweiterten Stadtratsgremium ein Vertreter verhindert, kann er von einem anderen Gemeinderatsmitglied ersetzt werden." Aus dem Protokoll über die Sitzung des "erweiterten Stadtrates" (an welcher der Bürgermeister, zwei Vizebürgermeister, die Finanzreferentin sowie zwei weitere Gemeinderatsmitglieder teilnahmen) geht hervor, daß die Zustimmung zur erhobenen Beschwerde gegeben und dem einschreitenden Rechtsanwalt Vollmacht erteilt wird.

II. 1. Die Beschwerde erweist sich, da der die Ermächtigung durch den Gemeinderat betreffende Mangel nicht behoben wurde, als nicht zulässig.

Nach §43 Abs1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 obliegt dem Gemeinderat die Beschlußfassung über alle zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörigen Angelegenheiten, soweit diese (- was im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht zutrifft -) nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. Abs2 dieses Paragraphen ermächtigt den Gemeinderat unter bestimmten Voraussetzungen, das ihm zustehende Beschlußrecht in sodann aufgezählten Angelegenheiten durch Verordnung dem Gemeindevorstand (der zufolge §14 Abs1 bei Stadtgemeinden die Bezeichnung Stadtrat führt) zu übertragen, darunter nach litd die Beschlußfassung betreffend das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört sowie die Bestellung von Rechtsvertretern. Ein (bloß interner) nicht als Verordnung kundgemachter Gemeinderatsbeschluß, mit dem Aufgaben des Gemeinderates auf ein aus den Mitgliedern des Stadtrates und den "Fraktionsführern" bestehendes Kollegium übertragen werden, vermag schon wegen der fehlenden Eigenschaft als Verordnung keine Delegierung von Gemeinderatsaufgaben zu bewirken. Daraus folgt, daß der die Beschlußfassung des Gemeinderates über die Erhebung der vorliegenden Beschwerde und die damit im Zusammenhang stehende Bevollmächtigung betreffende Mangel nicht behoben ist. Bei diesem Ergebnis ist es ohne Belang, daß über den Antrag auf Fristerstreckung im Vorverfahren nicht entschieden worden war.

Die Beschwerde war sohin zurückzuweisen.

2. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof war abzuweisen, weil die hiefür in Art144 Abs3 B-VG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren getroffen.

Schlagworte

VfGH / Prozeßvollmacht, VfGH / Mängelbehebung Gemeinderecht, Gemeinderat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B406.1989

Dokumentnummer

JFT_10099382_89B00406_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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