TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/1 92/14/0151

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Veröffentlicht am 01.12.1992
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1422;
ABGB §983;
BAO §167 Abs2;
BAO §21 Abs1;
BAO §22;
BAO §23;
BAO §25;
EStG 1972 §1 Abs1;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §5;
KStG 1966 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der T-G.m.b.H. & Co KG in O, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 29. Juni 1992, Zl. 30.802-3/91, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte und Gewerbesteuer, jeweils für 1979 bis 1982, sowie Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens jeweils zum 1. Jänner der Jahre 1980 bis 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine GmbH & Co KG, die vormals die Firma H-GmbH & Co KG führte und die ihren Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt, betrieb das Ausflugwagen-, Mietwagen- und Taxigewerbe und ein Reisebüro.

Auf Grund der Ergebnisse einer 1985 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt hinsichtlich der oben genannten Abgabenjahre und Feststellungszeitpunkte neue Bescheide (einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte, Gewerbesteuer, Einheitswerte des Betriebsvermögens). Dabei wich es von den Erklärungen insoweit ab, als es Darlehen der G-OHG an die Beschwerdeführerin in Millionenhöhe, die von der Gläubigerin auf Grund eines außergerichtlichen Ausgleichs zu 60 Prozent abgeschrieben worden waren, mangels Vorliegens typischer Darlehensmerkmale nicht als solche, sondern als Einlagen der sowohl an der H-GmbH & Co KG als auch an der G-OHG beteiligten Gesellschafter Dr. H und J qualifizierte (vgl. auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, 92/14/0149).

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung auf Grund der Ergebnisse eines ergänzten Ermittlungsverfahrens mit ausführlicher Begründung abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, daß die Darlehensgewährung auch steuerlich als solche anerkannt wird. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Personengesellschaften sind weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. Einkommensteuerpflichtig sind die natürlichen Personen (§ 1 EStG 1972, körperschaftsteuerpflichtig sind die im § 1 KStG 1966 genannten Gebilde, dazu gehören nicht Personengesellschaften). Steuersubjekt ist nicht die Personengesellschaft, sondern der einzelne Gesellschafter. Personengesellschaften werden einkommensteuerrechtlich nicht wie Kapitalgesellschaften als eigene Rechtsträger behandelt. Leistungsbeziehungen zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter können insoweit nicht wie Fremdgeschäfte behandelt werden, als der Gesellschafter selbst beteiligt ist. Denn insoweit liegt eine Leistungsbeziehung zwischen Gesellschafter und seiner Beteiligung vor. Insoweit muß daher die einkommensteuerliche Beurteilung der Leistungsbeziehung jener zwischen dem Einzelunternehmer und seinem Betrieb entsprechen (vgl. Margreiter, Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, SWK 1984, A I 255).

Die Wertung von Leistungsbeziehungen zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern bzw. deren Betrieben oder zwischen ineinander verflochtenen Personengesellschaften als betriebliche Vorgänge setzt voraus, daß die Leistungsverhältnisse dem allgemeinen Geschäftsverkehr entsprechend abgewickelt werden bzw. daß diese Leistungsbeziehungen unter auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen üblichen Bedingungen erfolgen. Andernfalls liegen Entnahme-Einlage-Vorgänge vor, auch wenn die Vorgänge in zivilrechtliche Geschäfte eingekleidet werden (vgl. VwGH 3. November 1981, 2919, 3154/80, ÖStZB 1982, 194).

Außerdem setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen voraus, daß sie

a) nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten,

b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und c) auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Diese Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. aus jüngster Zeit VwGH 27. August 1991, 91/14/0097, ÖStZB 1992, 255).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt.

Die Komplementär-GmbH der Beschwerdeführerin hatte drei Gesellschafter, die auch die drei Kommanditisten der Beschwerdeführerin waren. Zwei davon waren auch Gesellschafter der G-OHG, die ihrerseits in den Zeiträumen der Darlehensgewährungen an die Beschwerdeführerin aus drei Gesellschaftern bestand. 1978 traten die erwähnten beiden Gesellschafter der OHG (Dr. H und J) ihre Kommanditanteile an der Beschwerdeführerin ebenso wie ihre Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH an ihre Ehegattinnen ab. Der dritte Kommanditist und Gesellschafter der Komplementär-GmbH schied 1981 aus der Gesellschaft aus, wobei seine Anteile an die bereits genannten beiden Kommanditistinnen übergingen. Die dritte Gesellschafterin der OHG (Mutter von Dr. H und J) schied aus der OHG 1983 aus. Ihre Anteile wuchsen den beiden Söhnen zu. Die Geschäftsführungsbefugnis an der Komplementär-GmbH der beschwerdeführenden KG blieb auch nach ihrem Ausscheiden aus dieser bei den Gesellschaftern Dr. H und J der G-OHG.

Im Hinblick auf diese teilweise personelle Verflechtung der OHG und der KG sowie der erwähnten verwandtschaftlichen Beziehung zwischen den Gesellschaftern der OHG einerseits und der Mehrzahl der Gesellschafter der Beschwerdeführerin war es richtig, daß die belangte Behörde bei ihrer Beweiswürdigung auf die Angehörigeneigenschaft durch einen Fremdvergleich Rücksicht nahm.

Bei diesem gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß zwischen Fremden derartige Darlehensverträge üblicherweise nicht zu erwarten waren, weil keine entsprechende Verzinsung erfolgte, eine Besicherung fehlte, die beschwerdeführende KG nicht ausreichend kreditwürdig war, die OHG eine Kontokorrentschuld der beschwerdeführenden KG gegenüber einer Bank noch zu einem Zeitpunkt einlöste, in dem sich die Bank wegen der schlechten Wirtschaftslage der Beschwerdeführerin weigerte, weiter zu kreditieren, und auch die von der Beschwerdeführerin sowie der G-OHG ins Treffen geführten Beweggründe die Annahme einer Darlehensbeziehung nicht rechtfertigten. Die Zufuhr der Geldmittel erkläre sich aus der beherrschenden Doppelstellung der Gesellschafter Dr. H und J, welche die geschäftlichen Belange der Beschwerdeführerin auf Grund der ungeschmälerten Geschäftsführungsbefugnis auch nach Abtretung der Kommanditanteile an die Ehegattinnen uneingeschränkt wahrgenommen hätten.

Der Beschwerde gelingt es nicht, diese Argumente, die gegen die Glaubwürdigkeit eines betrieblichen Vorganges und für einen in der Privatsphäre liegenden Vorgang sprechen, zu widerlegen.

Das Rechtsgutachten über die zivilrechtliche Qualifikation des Geldflusses von der OHG zur KG als Darlehen oder als Gesellschaftereinlage ist schon von seinem Thema her ungeeignet, die Beweiswürdigung der belangten Behörde anzugreifen. Die zivilrechtliche Zulässigkeit eines derartigen Darlehensgeschäftes hat nämlich keineswegs die steuerliche Anerkennung als betrieblichen Vorgang zur notwendigen Folge. Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten abgabenrechtlichen Vorschriften stellen nicht auf die zivilrechtliche Gestaltung ab. Für die steuerrechtliche Beurteilung ist daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeblich (§ 21 BAO).

Die Beschwerdebehauptung, die Besicherung des Darlehens sei sehr wohl gegeben gewesen "und zwar in den Bussen, die die Beschwerdeführerin besessen hatte und die über eine Betriebsgesellschaft stets in der Einflußsphäre der Darlehensgeberin" gewesen seien, ist unschlüssig, weil nicht zu erkennen ist, was die Beschwerdeführerin mit "Einflußsphäre" meint. Eine übliche Sicherheit hätte, sofern die Fahrzeuge ihrem Wert nach überhaupt als Sicherheit ausgereicht hätten, wohl nur in einer Sicherungsübereignung bestehen können. Die Beschwerdeführerin hat zwar in der Vorhaltsbeantwortung vom 20. November 1991 vorgebracht: "Die Sicherstellung war durch den Eigentumsvorhalt an den gekauften Omnibussen gegeben", diese Behauptung jedoch nicht unter Beweis gestellt. Hingegen hat es die belangte Behörde auf Grund der von ihr zitierten Ermittlungsergebnisse (Schreiben der OHG vom 5. Dezember 1991, Punkt 10, sowie Aktenvermerk betreffend eine telefonische Auskunft des Steuerberaters vom 20. Mai 1992) als erwiesen angenommen, daß die Geldmittel vollkommen unbesichert gewesen seien. Mit dieser Beweiswürdigung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Es ist nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde zur genannten Feststellung nicht hätte gelangen dürfen.

Die unübliche Länge der Laufzeit des Darlehens hat die belangte Behörde für den Beschwerdefall nicht als erwiesen angenommen. Die betreffenden Ausführungen der Beschwerde gehen daher ins Leere.

Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die personelle Verflechtung der Gesellschaften und die erwähnten Angehörigkeitsverhältnisse der Erklärung über die Zinsenvereinbarung vom 21. März 1986 "keine rückwirkende Beweiskraft" beimaß. Sie durfte daher davon ausgehen, daß eine zeitnah nach außen zum Ausdruck gekommene präzise Vereinbarung über die Verzinsung des Darlehens, wie sie zwischen Fremden üblich wäre, anläßlich der Darlehensgewährungen (1973 bis 1978) nicht geschlossen wurde.

Wenn die Beschwerde nun von einem "wegen Anlaufschwierigkeit gewährten Zinsmoratorium" spricht, ist dem entgegenzuhalten, daß ein solches eine übliche Zinsenvereinbarung voraussetzte. Von einer solchen mußte die belangte Behörde aber nicht ausgehen.

Der geringe Darlehensstand "im Jahre 1982" ist für die Üblichkeit der Geschäftsbedingungen bei Darlehensgewährung ohne Bedeutung.

Die Ausführungen in der Beschwerde über den betrieblichen Anlaß der Darlehensgewährung stellen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige und daher gemäß § 41 VwGG unbeachtliche Neuerungen dar.

Die verwandtschaftlichen Bindungen der Gesellschafter mögen für die zivilrechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung sein. Für die Anerkennung zivilrechtlicher Verträge im Steuerrecht sind sie jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung von Relevanz.

Den Grundsatz von Treu und Glauben sieht die Beschwerdeführerin verletzt, weil bei der Prüfung früherer Abgabenjahre eine Beanstandung der Bilanzierung der Darlehensschuld gegenüber der OHG nicht erfolgte. Der Vorwurf ist schon deshalb unberechtigt, weil die Beschwerdeführerin nicht darlegt, daß den Abgabenbehörden bereits damals der Sachverhalt in allen nun festgestellten Einzelheiten bekannt war.

Ob die Gesellschafter der OHG Dr. H und J die von der Abgabenbehörde als Einlage in die beschwerdeführende KG eingestuften Zahlungen auf Grund eines "entsprechenden Gesellschafterbeschlusses" oder ohne solchen der OHG entnahmen, ist für die Beurteilung als Einlage nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Der belangten Behörde kann aber auch darin nicht entgegengetreten werden, daß sie mit Rücksicht auf die familiären Nahebeziehungen von einer stillschweigenden Zustimmung durch die dritte Gesellschafterin der OHG ausgegangen ist.

Der negative Kapitalkontenstand von Dr. H und J in der OHG bildet keinen Umstand, der die belangte Behörde zu einer anderen Würdigung der Beweise hätte veranlassen müssen. Der Stand des Kapitalkontos des Gesellschafters einer Personengesellschaft ist kein entscheidendes Kriterium für die Unterscheidung, ob Leistungen aus Mitteln der Gesellschaft deren betrieblichem Bereich oder dem privaten Bereich der Gesellschafter zuzuordnen sind.

Die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin bis 1981 einen dritten Kommanditisten hatte, der in keinem Angehörigkeitsverhältnis zu Gesellschaftern der OHG stand und seinerseits auch nicht Gesellschafter der OHG war, steht der Entscheidung der belangten Behörde weder im Zusammenhang mit deren Beweiswürdigung noch mit der von ihr vorgenommenen rechtlichen Beurteilung im Wege. Der "fremde" Gesellschafter hinderte Dr. H und J nicht, im Hinblick auf ihre Nahebeziehungen zur Beschwerdeführerin deren Geldbedarf auf zwischen Fremden unübliche Weise Rechnung zu tragen.

Ob die OHG durch die Einlösung der Kreditverbindlichkeit der Beschwerdeführerin gegenüber der Bank Abtretung der Bankforderung gemäß § 1422 ABGB erreicht hat, ist für die Beantwortung der steuerlichen Frage, ob dieser Vorgang der Einlösung bei der OHG betrieblich veranlaßt war oder ob er einen gesellschafsrechtlichen Vorgang darstellte, der bei der OHG als Entnahme durch die erwähnten beiden Gesellschafter, bei der beschwerdeführenden KG aber als deren oder ihrer Ehegattinnen Einlage zu bewerten ist, ohne Bedeutung.

Da die belangte Behörde der Erklärung vom 21. März 1986 keinen Glauben schenken mußte, durfte sie auch davon ausgehen, daß die Mittel der Beschwerdeführerin als Kapital mit Dauerwidmung zur Verfügung standen.

Die genaue Prüfung von Vereinbarungen und Urkunden im Rahmen der Beweiswürdigung steht nicht in Widerspruch damit, daß für die steuerrechtliche Beurteilung zivilrechtliche Gestaltungen nicht ausschlaggebend sind.

Die Verfahrensrüge, die Behörde hätte zur Vermeidung "von falschen Mutmaßungen" die "betroffenen Gesellschafter zu befragen" gehabt, geht schon mangels Bezeichnung eines relevanten Beweisthemas ins Leere. Sie kann der Beschwerde daher ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Da dem angefochtenen Bescheid somit keine Rechtswidrigkeit anhaftet, die die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992140151.X00

Im RIS seit

04.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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