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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ForstG 1975 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 17. März 1992, Zl. 1/2-3/1992, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S-Gesellschaft m.b.H. & Co KG und somit als deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ in deren Eigenschaft als Vertreterin der Österreichischen Bundesforste in der Zeit zwischen 27. Oktober 1991 und 3. November 1991 auf einer Teilfläche der Gp. nn1 in EZ 51 der KG G im Ausmaß von rund 4500 m2 Planierungs- und Aufschüttungsmaßnahmen zur Errichtung eines Parkplatzes durchgeführt, den Parkplatz fertiggestellt und damit dem Rodungsverbot gemäß § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 zuwider gehandelt, obwohl der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Oktober 1991, Zl. AW 91/10/0066-3, dem Beschwerdeführer am 25. Oktober 1991 zur Kenntnis gelangt, der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den die Rodungsbewilligung bestätigenden Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. August 1991 die aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zuerkannt habe, weshalb die durch den angefochtenen Bescheid berechtigten Österreichischen Bundesforste die Berechtigung nicht hätten ausüben dürfen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 i.V.m. § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 i.V.m.
§ 30 Abs. 3 VwGG und § 9 Abs. 1 VStG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) in der Höhe von S 70.000,-- verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer verneint unter Berufung auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die nachmalige VwGG-Novelle 1982 (BGBl. Nr. 203) die Strafbarkeit seines Verhaltens.
Nach § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
Nach § 17 Abs. 2 leg. cit. kann unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 des Forstgesetzes 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt.
Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG darf im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte die Berechtigung nicht ausüben.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die nachmalige VwGG-Novelle 1982 (894 Blg NR XV. GP, S. 5), auf die sich der Beschwerdeführer beruft, führen zu § 30 Abs. 3 VwGG aus:
"Vielfach stellt sich die Frage, wie die Rechtslage zu beurteilen ist, wenn in einem Mehrparteienverfahren Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Erteilung einer Berechtigung ergriffen und dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, der Inhaber der Berechtigung entgegen der Vorschrift des § 30 Abs. 2 VwGG dennoch von dieser Berechtigung Gebrauch macht. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß die Regelung des VwGG in der Weise zu verstehen ist, daß dadurch, daß einer gegen eine rechtskräftig erteilte Berechtigung erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, die Rechtskraft der Berechtigung insofern eingeschränkt wird, als von dieser Berechtigung nicht Gebrauch gemacht werden darf. Da in diesem Umfang daher keine rechtskräftig verliehene Berechtigung vorliegt, sind für den Fall, daß der Berechtigte dennoch von seiner Berechtigung Gebrauch macht, von der Behörde jene rechtlichen Maßnahmen zu treffen, die ihr auf Grund der Verwaltungsvorschriften zur Vermeidung von Tätigkeiten, für die keine Berechtigung vorliegt, zur Verfügung stehen (z.B. Baueinstellungsbescheid). Jedoch werden Strafen, die für den Fall angedroht sind, daß Tätigkeiten ohne die notwendige rechtskräftige Bewilligung vorgenommen werden, in diesem Fall nicht zulässig sein, weil das Tatbild nicht gegeben ist."
Aus dem Hinweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil im Beschwerdefall keine Tatbestandskonstellation vorliegt, die von den zitierten Erläuterungen erfaßt ist. Die §§ 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 und 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 stellen nicht auf das Fehlen einer rechtskräftigen Bewilligung ab, sondern bedrohen die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als zu solchen der Waldkultur mit Verwaltungsstrafe, ohne auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Rodungsbewilligung abzustellen. Der Mangel einer rechtskräftigen Rodungsbewilligung gehört daher nicht zum Tatbestandsbild der Übertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 des Forstgesetzes 1975 i.V.m. § 17 Abs. 1 leg. cit. Das Vorliegen einer Rodungsbewilligung stellt einen Rechtfertigungsgrund dar; dies jedoch nur dann, wenn von dieser Rodungsbewilligung auch Gebrauch gemacht werden darf, was aber im Beschwerdefall eben nicht zutraf. Überdies sind die Erläuterungen in sich widersprüchlich, wenn sie einerseits davon sprechen, daß durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtskraft der Berechtigung eingeschränkt wird, und in diesem Umfang keine rechtskräftig verliehene Berechtigung vorliegt und die Behörde daher - bei einem Zuwiderhandeln des durch den angefochtenen Bescheid Berechtigten - jene rechtlichen Maßnahmen zu treffen hat, die ihr zur Vermeidung von Tätigkeiten, für die keine Berechtigung vorliegt, zur Verfügung stehen, andererseits aber die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens mit der Begründung verneinen, das Tatbild der Vornahme einer Tätigkeit ohne die notwendige rechtskräftige Bewilligung sei nicht erfüllt. Die Auffassung der Erläuterungen ist daher nicht haltbar (vgl. auch Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 125).
Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter vor der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz angegeben, es sei richtig, daß er namens der S-Ges.m.b.H. & Co KG nach Vorliegen des Rodungsbescheides des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft den Auftrag erteilt habe, mit den Arbeiten zur Errichtung des Parkplatzes zu beginnen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde noch nicht bekannt gewesen. Dieser Beschluß sei ihm am 25. Oktober 1991 zugestellt worden. Mit den Arbeiten zur Errichtung des Parkplatzes sei schon vorher begonnen worden. Richtig sei jedoch, daß die Arbeiten auch am
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und 27. Oktober 1991, am 30. und 31. Oktober 1991 sowie am
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und 3. November 1991 fortgesetzt worden seien, obwohl zwischenzeitlich der Gendarmerieposten Z die Rodungsarbeiten auf Weisung der Bezirkshauptmannschaft eingestellt habe. Richtig sei auch, daß bewußt die Maßnahmen zur Errichtung eines Parkplatzes gesetzt worden seien.
Aus diesen Angaben, die mit den Erhebungen der Gendarmerie übereinstimmen, hat die belangte Behörde zu Recht den Schluß gezogen, daß auch nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an den Beschwerdeführer auf seine Veranlassung hin die Rodung weiter vorangetrieben wurde. Der Beschwerdeführer wirft daher der belangten Behörde zu Unrecht vor, sie habe nicht geprüft, ob die Rodungsarbeiten bereits vor der Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgeschlossen gewesen seien.
Weder § 174 Abs. 1 noch eine andere Regelung des Forstgesetzes 1975 enthält Bestimmungen über das bei einer Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 i.V.m.
§ 17 Abs. 1 erforderliche Verschulden. Nach § 5 Abs. 1 erster Satz VStG genügt daher zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Angesichts der vom Beschwerdeführer vor der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz gemachten Angaben kann aber - entgegen der in der Beschwerde vorgetragenen Auffassung - der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Beschwerdeführer vorsätzliches Handeln zur Last legt.
Daß die Rodungsarbeiten zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bereits im Gange waren und bei einem Abbruch dem Beschwerdeführer unter Umständen wirtschaftlicher Schaden entstanden wäre, vermag an der Strafbarkeit seines Verhaltens nichts zu ändern.
Für die Verwirklichung des Tatbildes des § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 i.V.m. § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ist es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch ohne Belang, ob die nach der Zustellung des Verwaltungsgerichtshofbeschlusses durchgeführten Rodungsarbeiten für jene Einforstungsberechtigten, die gegen den Rodungsbescheid Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben haben, einen unverhältnismäßigen Nachteil darstellen.
Die Wirksamkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begann mit der Zustellung dieses Beschlusses und dauerte bis zur Erledigung der Beschwerde bzw. bis zu einer früheren Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Puck, Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, ZfV 5/1982, S. 471). Zur Zeit der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung gehörte dieser Beschluß der Rechtsordnung an und entfaltete seine im VwGG vorgezeichneten Wirkungen. Die vom Beschwerdeführer angestellten Überlegungen, daß der Verwaltungsgerichtshof, hätte er von den bereits begonnenen Arbeiten Kenntnis gehabt, die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt hätte, gehen daher schon aus diesem Grund ins Leere.
Schließlich bringt der Beschwerdeführer auch noch vor, der objektive Tatbestand sei nicht entsprechend konkretisiert worden. Da nach Ansicht der belangten Behörde die Arbeiten vor dem 25. Oktober 1991 rechtmäßig gewesen seien, jene nach diesem Zeitpunkt jedoch strafwürdig, hätte im Straferkenntnis konkretisiert werden müssen, welche Arbeiten die angebliche Überschreitung des Rodungsverbotes verwirklicht hätten.
Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Demnach muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die hg. Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A). Diesen Anforderungen genügt der Spruch des angefochtenen Bescheides, in welchem dem Beschwerdeführer konkrete, als Rodungsarbeiten einzustufende Maßnahmen (Planierungs- und Aufschüttungsmaßnahmen zur Errichtung eines Parkplatzes und Fertigstellung desselben) in der Zeit zwischen 27. Oktober 1991 und 3. November 1991 - also nach der Zustellung des hg. Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - vorgeworfen werden.
Aus den angeführten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992100109.X00Im RIS seit
02.12.1992