TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/3 92/18/0474

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.1992
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
StGB §12;
StGB §127;
StGB §128 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. Oktober 1992, Zl. Fr 314/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Oktober 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ungarischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ein bis zum 30. April 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 16. März 1992 nach den §§ 12, 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, wobei diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Entgegen den Ausführungen in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid handle es sich nicht um eine einmalige Verfehlung, sondern habe der Beschwerdeführer mit Oktober 1991 beginnend aus dem Lager seines Arbeitgebers durch tägliche Zugriffe Waren aller Art gestohlen, wobei der Gesamtwert über S 53.000,-- betragen habe. Durch diese Verurteilung sei der Tatbestand nach § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Die Eltern und die geschiedene Gattin des Beschwerdeführers sowie sein Kind lebten in Ungarn. Der Beschwerdeführer habe in Österreich geheiratet und lebe seine (nunmehrige) Gattin und deren Kind ebenfalls im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer habe hier "Hilfstätigkeiten" ausgeübt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle zwar einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar. Dennoch würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Sein berufliches Fortkommen sei auch außerhalb des Bundesgebietes möglich. Für die finanzielle Unterstützung seiner Gattin sei nicht seine Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 FPG lauten wie folgt:

§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; einer solchen Verurteilung ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2.

die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;

3.

die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

Die belangte Behörde hat mit Recht auf Grund der oben erwähnten rechtskräftigen Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG als erfüllt angesehen. Damit war auch die im § 3 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0022, mit weiteren Judikaturhinweisen). Dies unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer entsprechend seinen Behauptungen vor dieser Verurteilung unbescholten gewesen sei, es sich um eine "einmalige" Verfehlung gehandelt habe - was allerdings nach den oben angeführten unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde nicht zutrifft - und er durch andere zur Begehung von strafbaren Taten verleitet worden sei.

Aber auch die im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zunächst ist klarzustellen, daß das Kind der Gattin des Beschwerdeführers nicht zu den Familienangehörigen im Sinne des § 3 Abs. 3 Z. 1 und 3 FPG gehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0152). Damit gehen sämtliche diesbezügliche Ausführungen in der Beschwerde ins Leere. Selbst wenn - so der Beschwerdeführer - er in keinen anderen Staat als nach Ungarn ausreisen und dort nur ein geringfügiges Einkommen erzielen könnte, was zur Folge hätte, daß er seine Ehefrau in Österreich finanziell nicht unterstützen könnte, so fiele dies nicht entscheidend ins Gewicht. Zu Recht hat die belangte Behörde im übrigen darauf verwiesen, daß ein Zusammentreffen des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau auch in Ungarn stattfinden könne.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180474.X00

Im RIS seit

03.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten