TE Vfgh Erkenntnis 1990/6/19 B586/89, B1470/89

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Veröffentlicht am 19.06.1990
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Rechtsverletzung Anlaßfallwirkung der Aufhebung des 3., 4. und 5. Satzes im §9 Abs3 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes 1969, BGBl. 31/1969, mit Ev 19.06.90, G1/90, G70/90.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdevertreters die mit S 30.000,- bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der V G Anstalt & Co, die die Tageszeitung "V N" herausgibt. In den Ausgaben dieser Zeitung vom 15., 22., 23. und 30. April 1988 sowie vom 7. und 8. Mai 1988 wurde jeweils ein Inserat eines ausländischen Unternehmers mit Stellenangeboten veröffentlicht, ohne daß vorher die Zustimmung des Landesarbeitsamtes eingeholt worden wäre.

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Landeshauptmanns von Vorarlberg vom 17. März 1989 und vom 13. Oktober 1989 wurden über den Beschwerdeführer Verwaltungsstrafen verhängt, weil er es als gemäß §9 Abs1 VStG vertretungsbefugtes Organ der "V N" unterlassen habe, dafür Sorge zu tragen, daß für die Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung im Ausland die Zustimmung des Landesarbeitsamtes in Bregenz eingeholt wurde und er dadurch Verwaltungsübertretungen gemäß §9 Abs3 und 5 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes 1969, BGBl. 31/1969, begangen habe.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die auf Art144 Abs1 B-VG gegründeten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt wird.

3. Der Landeshauptmann von Vorarlberg als belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, in denen er die Abweisung der Beschwerden begehrt.

II. Aus Anlaß dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des 3., 4. und 5. Satzes im §9 Abs3 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes 1969, BGBl. 31/1969, ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G1/90, G70/90, hob er diese Gesetzesbestimmung wegen Widerspruchs zu dem durch den Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918, StGBl. 3/1918, (der gemäß Art149 Abs1 B-VG als Verfassungsgesetz gilt) verfügten Zensurverbot als verfassungswidrig auf.

III. Die Beschwerden sind zulässig (vgl. das eben genannte Erkenntnis G1 und 70/90) und wie sich aus der folgenden Erwägung ergibt auch begründet:

Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide ein verfassungswidriges Gesetz angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß die Anwendung des verfassungswidrigen Gesetzes für den Beschwerdeführer nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Die Bescheide sind daher aufzuheben.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

V. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von

S 5.000,- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B586.1989

Dokumentnummer

JFT_10099381_89B00586_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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