TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/11 91/17/0024

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Veröffentlicht am 11.12.1992
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauO Stmk 1968 §6a Abs1 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §6a Abs2 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §6a Abs2 idF 1989/130;
BauO Stmk 1968 §6a Abs5 idF 1989/014;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. November 1990, Zl. A 8-K-111/1990-1, betreffend Aufschließungsbeitrag nach der Steiermärkischen Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 23. August 1989 wurde der Beschwerdeführerin im Spruchteil I die Bewilligung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit Geschäftslokalen samt Tiefgarage, eines Nebengebäudes und von 17 Pkw-Abstellplätzen auf näher bezeichneten Grundparzellen der EZ 90 KG A erteilt. Im Spruchteil II dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin auf Grund der im Spruchteil I erteilten Baubewilligung ein Aufschließungsbeitrag "gemäß § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 idF LGBl. 1989/14 in Verbindung mit der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 17.4.1989 über die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages, LGBl. 1989/25," in Höhe von S 850.588,-- (Bemessungsgrundlagen: Summe der Geschoßflächen von 8.505,88 m2, Einheitssatz von S 100,--) zur Zahlung vorgeschrieben.

Die gegen den Spruchteil II von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde zunächst mittels Berufungsvorentscheidung und nach einem dagegen fristgerecht erhobenen, als "Berufung" bezeichneten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, mit der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung im Spruchteil I des vorgenannten Bescheides vom 23. August 1989 sei der abgabenrechtliche Tatbestand des § 6a (Abs. 1) Stmk BauO Nr. 14/1989 erfüllt. Da im Zeitpunkt der erstmaligen Widmung des Bauplatzes mit Bescheid vom 26. September 1967 noch keine Aufschließungsbeitragspflicht bestanden habe und auch im zeitlichen Anwendungsbereich der Bauordnungsnovelle 1974, LGBl. Nr. 130, für den Bauplatz keine Baubewilligung erteilt worden sei, stehe der Aufschließungsbeitragsfestsetzung auch § 6a Abs. 2 Stmk BauO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, wonach für dasselbe Gebäude ein Aufschließungsbeitrag nur einmal vorgeschrieben werden dürfe, nicht entgegen. Mangels früherer Festsetzung bzw. Entrichtung eines Aufschließungsbeitrages komme auch die im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle vorgesehene Anrechnung eines vor Inkrafttreten dieser Novelle entrichteten Aufschließungsbeitrages nicht in Betracht. Daß sich seit dem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung vom 18. August 1988 bis zur Erteilung der Baubewilligung mit Bescheid vom 23. August 1989 die Rechtslage zu Lasten der Beschwerdeführerin geändert habe, begründe keine Rechtswidrigkeit der Abgabenfestsetzung, weil "in der Bauordnungsnovelle 1988 für diese Fälle keine Möglichkeit geschaffen wurde, den abgabenrechtlichen Tatbestand auf den Zeitpunkt des Einbringens des Ansuchens um Baubewilligung vorzuverlegen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Aufschließungsbeitragsfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 6a Stmk BauO in der am 1. März 1989 in Kraft getretenen Fassung der Bauordnungsnovelle 1988 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 6a

Aufschließungsbeitrag

(1) Die Baubehörde hat gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung einen Aufschließungsbeitrag für die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgeetzes 1974, LGBl. Nr. 127) gelegenen Grundstücke vorzuschreiben. Dieser Beitrag, der für die Errichtung der Fahrbahn und der Straßenbeleuchtung sowie für die Oberflächenentwässerung zu verwenden ist, wird zur Hälfte mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig. Die zweite Hälfte des Beitrages wird mit Rechtskraft der Benützungsbewilligung oder einer Teilbenützungsbewilligung fällig. Der Aufschließungsbeitrag wird jedoch zur Gänze mit Rechtskraft der Baubewilligung fällig, wenn die Aufschließung des Grundstückes zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist.

(2) Der Aufschließungsbeitrag darf für dasselbe Gebäude nur einmal vorgeschrieben werden. Im Falle von Um- und Zubauten oder bei Vorliegen mehrerer Baubewilligungen ist ein Ergänzungsbeitrag entsprechend der Vergrößerung der Geschoßfläche (Abs. 3) vorzuschreiben. Ein vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entrichteter Aufschließungsbeitrag ist bei Aufschließungsbeitragsvorschreibung nach diesem Gesetz anzurechnen.

(3) Der Aufschließungsbeitrag errechnet sich aus dem Produkt von Einheitssatz je m2 und der ermittelten Geschoßfläche. Bei der Ermittlung der Geschoßfläche ist die verbaute Fläche heranzuziehen. Dabei wird das Erdgeschoß zur Gänze, die übrigen Geschosse sowie der Keller und bewohnbare Dachgeschosse zur Hälfte berechnet. Für Nebengebäude (Garagen, Ställe, Scheunen und dergleichen) ist ebenfalls nur die Hälfte der Geschoßfläche heranzuziehen.

(4) Die Höhe des Einheitssatzes je m2 hat die Landesregierung durch Verordnung festzulegen und der laufenden Kostenentwicklung anzupassen. Dieser Festsetzung sind die Kosten einer regelprofilmäßigen Straßenaufschließung des Baulandes mit einer mittelschwer befestigten, dauernd staubfreien und maximal 6 m breiten Fahrbahn einschließlich der Entwässerungs- und Beleuchtungsanlagen zugrunde zu legen.

..."

Art. II der Bauordnungsnovelle 1988 sieht vor, daß dieses Gesetz mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme mit dem seiner Kundmachung folgenden Monatsersten - das war im Hinblick auf die Ausgabe und Versendung im Landesgesetzblatt für die Steiermark am 27. Februar 1989 wie erwähnt am 1. März 1989 - in Kraft tritt.

Gemäß Abs. 2 dieses Artikels ist für Berufungen gegen Bescheide, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes - das war gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle mit einer hier nicht bedeutsamen Ausnahme der der Kundmachung folgende Monatserste, also der 1. März 1989 - erlassen worden sind, jedoch die bisherige Rechtslage maßgeblich.

Vor der Bauordnungsnovelle 1988 knüpfte § 6a Stmk BauO in der diese Bestimmung einfügenden Fassung der Bauordnungsnovelle 1974 die Abgabenpflicht primär an die Erteilung der erstmaligen Widmungsbewilligung und nur hilfsweise "für die im Bauland gelegenen Grundstücke, für die eine Widmungsbewilligung, jedoch keine Baubewilligung vorliegt," an die Erteilung der Baubewilligung. Der Aufschließungsbeitrag war damals aus dem Produkt von Berechnungslänge, Anrechnungsfaktor und Einheitssatz zu errechnen. Die Berechnungslänge war die Seite eines mit dem durch die Widmungsbewilligung geschaffenen Bauplatz flächengleichen Quadrates. Der Anrechnungsfaktor betrug jeweils das Doppelte der im Widmungsbescheid festgelegten höchstzulässigen Bebauungsdichte. Der Einheitssatz war die Summe der Herstellungskosten einer 3 m breiten Fahrbahn und die Hälfte der Herstellungskosten der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung der Straße pro Meter; dabei war für die Fahrbahn eine mittelschwere Befestigung einschließlich Unterbau und eine dauernd staubfreie Ausstattung vorzusehen. Der Einheitssatz war durch Verordnung des Gemeinderates einheitlich festzulegen.

Die Beschwerdeführerin erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde die im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung und nicht die im Zeitpunkt der Stellung des Bauaunsuchens bzw. im Zeitpunkt des Ablaufes der sechsmonatigen Entscheidungsfrist (knapp vor dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1988) für Aufschließungsbeiträge geltende Rechtslage angewendet hat; die vor der eben genannten Novelle in Geltung gestandene Fassung des Gesetzes sei nämlich für sie erheblich günstiger gewesen als die durch die in Rede stehende Novelle geschaffene. Der Rechtsnachteil sei darauf zurückzuführen, daß die Behörde erster Rechtsstufe nicht innerhalb der ihr gemäß § 73 Abs. 1 AVG zur Entscheidung zur Verfügung stehenden Sechsmonatsfrist die Baubewilligung erteilt, sondern diese Entscheidung hinausgezögert habe. Art. II Abs. 2 der Bauordnungsnovelle 1988 sei auch nicht eindeutig zu entnehmen, "daß für Bescheide, denen ein Antrag zugrunde liegt, der bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gestellt wurde, ausschließlich die neue Rechtslage anzuwenden ist."

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß § 6a Abs. 1 Stmk BauO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1988 (ebenso wie § 6a Abs. 2 leg. cit. in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1974) in bezug auf das Entstehen der Abgabenschuld an die ERTEILUNG DER BAUBEWILLIGUNG, nicht aber an das ANSUCHEN UM ERTEILUNG EINER SOLCHEN BEWILLIGUNG ODER AN DAS VERSTREICHEN DER SECHSMONATIGEN ENTSCHEIDUNGSFRIST und in bezug auf die Fälligkeit der Abgabe an die Rechtskraft der Baubewilligung sowie an die Rechtskraft der Benützungsbewilligung oder Teilbenützungsbewilligung anknüpft. Dies erscheint auch im Hinblick darauf sachlich, daß vor der baubehördlichen Entscheidung nicht mit Sicherheit feststeht, ob die baubehördliche Bewilligung erteilt werden wird, es aber schwerlich vertretbar erscheint, die Aufschließungsbeitragspflicht lediglich wegen eines beabsichtigten, noch nicht bewilligten Bauvorhabens zu begründen. Im Baubewilligungsverfahren geht es nicht um abgabenrechtliche Gesichtspunkte, weswegen in der Einflußmöglichkeit auf die Dauer desselben auch kein Instrument der Abgabenbehörde zur willkürlichen Verschiebung des für die Entstehung der Aufschließungsbeitragsschuld maßgebenden Zeitpunktes erblickt werden kann. Infolgedessen hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Sachlichkeit der im Beschwerdefall präjudiziellen Rechtsvorschriften aus Anlaß dieses Falles keine Bedenken, sodaß die (von der Beschwerdeführerin im übrigen auch nicht angeregte) Stellung eines Antrages an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung dieser Bestimmungen unterbleiben kann.

Da schon der erstinstanzliche Aufschließungsbeitragsbescheid nach dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1988 erlassen worden ist, ist der belangten Behörde auch darin beizupflichten, daß kein Anwendungsfall des Art. II Abs. 2 der Bauordnungsnovelle 1988 vorliegt.

Weiters entbehrt die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, der von ihr schon im Verwaltungsverfahren behauptete Umstand, auf dem Bauplatz seien bereits drei Gebäude vorhanden gewesen, habe zur Folge, daß die Entrichtung eines anrechenbaren Aufschließungsbeitrages fingiert werden müsse, einer gesetzlichen Grundlage. Entscheidend ist vielmehr, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, daß abgesehen von erbrachten Eigenleistungen (siehe § 6a Abs. 5 Stmk BauO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1988) im Grunde des § 6a Abs. 2 dritter Satz leg. cit. in der Fassung der eben zitierten Novelle nur dann eine Anrechnung erfolgen darf, wenn Aufschließungsbeiträge seinerzeit tatsächlich entrichtet worden sind; daß dies im Beschwerdefall zuträfe, hat die Beschwerdeführerin niemals behauptet. Auch der auf dem Bauplatz im Zeitpunkt der Baubewilligung vorhanden gewesenen Gebäude wegen haftet daher dem angefochtenen Bescheid weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch auch ein Verfahrensmangel an.

Aus diesen Erwägungen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991170024.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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