TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/11 89/17/0240

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
B-VG Art103 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art18;
MindestpreisV BMHGI Einspeisungen elektrischer Energie 1978 §1 Abs1;
PrG 1976 §2 Abs1;
PrG 1976 §2 Abs8;
PrG 1976 §2 idF 1980/288;
PrG 1976 §4;
PrG 1976 §5;
PrG 1976 §7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der prot. Fa. R in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Mai 1988, Zl. 2-533 Eu 32-77/16, betreffend Preisbestimmung für Lieferungen elektrischer Energie, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schriftsatz vom 16. März 1987 die Festsetzung der (näher bezeichneten) "Stromrücklieferungsentgelte, welche die Grazer Stadtwerke AG. an die prot. Fa. R zu bezahlen haben". Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei liefere seit Jahren den gesamten Strom an die Grazer Stadtwerke AG. Diesen Stromrücklieferungen lägen vereinbarungsgemäß "als Vergütung 110 % der gültigen Arbeitspreise des Verbundtarifes zugrunde". In Auswirkung des "Bescheides des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1986" (gemeint offenbar: "Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 24. März 1986 betreffend Regelung der Preise für bestimmte Einspeisungen elektrischer Energie in das öffentliche Netz") habe der Strompreis für Rücklieferungen aus bestehenden Wasserkraftanlagen mit Wirksamkeit vom 1. April 1986 eine Erhöhung erfahren. Diese Erhöhung sei jedoch vom Landeshauptmann von Steiermark nicht "nachvollzogen" worden, sodaß in der Steiermark die Preise entsprechend der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. März 1985 als Mindestpreise in Geltung stünden. Ein Gleichbleiben des Rücklieferungsentgeltes über einen Zeitraum von zwei Jahren sei volkswirtschaftlich nicht tragbar und nehme keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation der beschwerdeführenden Partei.

Im Schreiben vom 17. März 1988 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei u.a. mit, daß durch die Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. Oktober 1987 dem Wunsch der beschwerdeführenden Partei auf Angleichung der Preise an die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 24. März 1986 im wesentlichen entsprochen worden sei.

In der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 24. März 1988 wurde ausgeführt, "daß zwar mit der Verordnung lediglich die Mindestpreise festgelegt werden, jedoch auf Grund der Bestimmungen des Preisgesetzes auch der Einzelpreis zwischen der Antragstellerin und den Grazer Stadtwerken bescheidmäßig festzusetzen" sei. Es werde daher nochmals der Antrag auf bescheidmäßige Entscheidung über den Preisfestsetzungsantrag vom 16. März gestellt.

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Mai 1988 wurde dem Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 16. März 1987 "keine Folge gegeben und von der Bestimmung von Fest- oder Höchstpreisen für den vom Antragsteller an die Grazer Stadtwerke AG gelieferten Einspeisungsstrom Abstand genommen". Zur Begründung wurde ausgeführt, daß mit Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 15. April 1978 die Landeshauptmänner beauftragt worden seien, im Bereiche ihres Landes für die sogenannten kleinen und mittleren Elektrizitätsversorgungsunternehmen die dem Bundesminister gemäß den §§ 2 und 5 des Preisgesetzes, BGBl. Nr. 260/1976, in der Fassung vor der Preisgesetznovelle 1988, BGBl. Nr. 337, (im folgenden: PreisG 1976) zustehenden Befugnisse hinsichtlich der Lieferung elektrischer Energie und der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen im Namen des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie auszuüben. Auf Grund dieser Delegierung könnten die Landeshauptmänner volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte für bestimmte Lieferungen elektrischer Energie und damit zusammenhängender Nebenleistungen bestimmen; sie könnten aber auch von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch machen. Ein Rechtsanspruch auf Preisbestimmung bestehe nicht. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten habe aus volkswirtschaftlichen bzw. energiepolitischen Gründen zur Steigerung der Energieaufbringung aus den heimischen Kleinkraftwerken immer nur die Mindestpreise für den Einspeisungsstrom festgesetzt. Um die Kleinkraftwerke in ihrer Preisgestaltung nicht einzuengen, sei von einer Fest- oder Höchstpreisregelung abgesehen worden. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen seien lediglich verpflichtet, keine geringeren Preise als die in der Mindestpreisverordnung angeführten Sätze zu verlangen. In sachlicher Hinsicht unterschieden sich die Voraussetzungen für die Preisbestimmung durch die delegierten Landeshauptmänner nicht von den Gründen, die für die Erlassung der für grenzüberschreitende Elektrizitätsversorgungsunternehmen geltenden Verordnung maßgebend seien. Fest- oder Höchstpreise würden die beschwerdeführende Partei daran hindern, höhere als die behördlich bestimmten Preise zu verlangen und der Mindestpreisregelung widersprechen. Da somit bisher aus volkswirtschaftlichen Gründen von einer die kleinen und mittleren Elektrizitätsversorgungsunternehmen bindenden Fest- oder Höchstpreisregelung abgesehen worden sei, könne dem vorliegenden Antrag nicht Folge gegeben werden. Der Umstand, daß die mit der Grazer Stadtwerke AG geführten privatrechtlichen Verhandlungen derzeit zu keinem für die beschwerdeführende Partei günstigeren Ergebnis geführt hätten, rechtfertige keine Ausnahme von der für alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen in der Steiermark geltenden Rechtslage.

Diesen Bescheid bekämpfte die beschwerdeführende Partei zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 26. September 1989, B 1251/88-6, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und die Beschwerde mit Beschluß vom 29. November 1989, B 1251/88-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht, "auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes mit ihrem Preisantrag durchzudringen", verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Steiermark zur Erlassung des angefochtenen Bescheides geht auf die durch § 7 Abs. 1 PreisG 1976 getroffene Zuständigkeitsregelung zurück.

Diese Bestimmung lautet:

"Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie kann, soweit § 4 Abs. 9 nicht anderes bestimmt, die Landeshauptmänner durch Verordnung oder für den Einzelfall durch Bescheid beauftragen, die ihm nach diesem Bundesgesetz zustehenden Befugnisse in seinem Namen auszuüben, sofern die bei der Preisbestimmung zu berücksichtigenden Umstände in den einzelnen Bundesländern verschieden sind oder dies sonst im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist. Die Landeshauptmänner haben bei der Ausübung dieser Befugnis anstelle der im § 2 Abs. 3 lit. b genannten Körperschaften sinngemäß die entsprechenden Körperschaften ihres örtlichen Bereiches zu hören".

Auf Grund dieser Vorschrift erging die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 15. April 1978 betreffend die Beauftragung der Landeshauptmänner zur Bestimmung der Preise für bestimmte Lieferungen elektrischer Energie und damit zusammenhängender Nebenleistungen, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 93 vom 21. April 1978, in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 1981, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 301 vom 31. Dezember 1981.

Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung werden die Landeshauptmänner beauftragt, für den Bereich ihres Landes die dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gemäß den §§ 2 und 5 des Preisgesetzes zustehenden Befugnisse hinsichtlich der Lieferung elektrischer Energie und der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen im Namen des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie auszuüben. Hievon sind nach § 1 Abs. 2 bestimmte - für den Beschwerdefall nicht relevante - Lieferungen elektrischer Energie ausgenommen.

Der Landeshauptmann wird bei der Besorgung der hier in Rede stehenden Art von Angelegenheiten als Behörde, die die dem Bundesminister zustehenden Befugnisse in seinem Namen auszuüben hat, tätig. Dies gilt sowohl für die Erlassung von Verordnungen als auch von Bescheiden. In den letztgenannten Fällen richtet sich der Instanzenzug nach den für die an sich nach dem Gesetz zuständigen Behörde maßgebenden Vorschriften. Derart ist gegen den angefochtenen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschlossen, weil ihm der Charakter eines letztinstanzlichen Bescheides zukommt (vgl. insbesondere VfSlg. 5184/1965).

Der angefochtene Bescheid unterliegt mithin keinem Instanzenzug. Ausgehend davon, daß die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Erzeugerin der preisgeregelten Ware durch die Preisfestsetzung als einer zivilrechtsgestaltenden Verwaltungsnorm in ihrer Rechtsposition berührt wird, konnte sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt werden. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

Gemäß § 1a Abs. 1 erster Satz PreisG 1976 können für Sachgüter und Leistungen, die in der Anlage zu diesem Bundesgesetz bezeichnet sind, nach Maßgabe des § 2 volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte bestimmt werden. Zu diesen Sachgütern gehören gemäß Abschnitt I Z. 7 der Anlage zum PreisG 1976 Energielieferungen jeder Art, wie elektrische Energie, Gas und Fernwärme und damit zusammenhängende Nebenleistungen.

Nach § 2 Abs. 1 PreisG 1976 kann der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie auf Antrag oder von Amts wegen volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preise und Entgelte für die im § 1a Abs. 1 genannten Sachgüter und Leistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften bestimmen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Preise und Entgelte im Sinne dieses Bundesgesetzes volkswirtschaftlich gerechtfertigt, wenn sie sowohl den bei der Erzeugung und im Vertrieb oder bei der Erbringung der Leistung jeweils bestehenden volkswirtschaftlichen Verhältnissen als auch der jeweiligen wirtschaftlichen Lage der Verbraucher oder Leistungsempfänger bestmöglich entsprechen. Die Preise können als Höchst-, Fest- oder Mindestpreise bestimmt werden; für Entgelte gilt dies sinngemäß.

Nach § 5 Abs. 1 PreisG 1976 können Preisbestimmungen nach § 2 Abs. 1 sowie nach den §§ 3 und 4 auch unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erfolgen. Insbesondere können Mehrerlöse, die sich dadurch ergeben, daß die tatsächlichen Einstandskosten unter den der behördlichen Preisbestimmung zugrundegelegten Einstandskosten liegen, zugunsten des Bundes eingezogen werden. Bei der Bemessung des Abschöpfungsbetrages ist auf die Belastung durch zu erwartende höhere Wiederbeschaffungspreise im Umfang der üblicherweise getätigten Umsätze und der dadurch bedingten Vorratshaltung Rücksicht zu nehmen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle wird die Verpflichtung zur Abführung der Abschöpfungsbeträge (Abs. 1) durch Verordnung oder Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie ausgesprochen.

Auf der Grundlage der bereits oben genannten Verordnung des Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie erging die "Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom 30. Oktober 1987 betreffend Regelungen der Preise für bestimmte Einspeisungen elektrischer Energie in das öffentliche Netz der Steiermark", verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 252 vom 31. Oktober 1987.

Der § 1 dieser Verordnung hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"1) Bei Lieferung hydraulisch und in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kupplung erzeugter elektrischer Energie durch ein nicht in den §§ 3, 4, 5 und 6 des 2. Verstaatlichtengesetzes, BGBl. Nr. 81/1947 in der geltenden Fassung, genanntes Unternehmen in der Steiermark an eines dieser Unternehmen sowie an die Steiermärkische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft und die Grazer

Stadtwerke Aktiengesellschaft hat der Preis mindestens zu betragen:

    1. Bei Einspeisung der gesamten Jahreserzeugung der

    jeweiligen Anlage (ausgenommen Kraftwerkseigenbedarf) auf

    Grund mehrjähriger vertraglicher Bindung in den

       Wintermonaten (Oktober bis einschließlich März)

       a) Hochtarifzeit ................... 61,1 g/kWh

       b) Niedertarifzeit ................. 52,9 g/kWh

       Übergangsmonaten (April und September)

       a) Hochtarifzeit ................... 57,1 g/kWh

       b) Niedertarifzeit ................. 51,4 g/kWh

       Sommermonaten (Mai bis einschließlich August)

       a) Hochtarifzeit ................... 43,3 g/kWh

       b) Niedertarifzeit ................. 38,2 g/kWh

    2. Bei sonstigen Einspeisungen in den

       Wintermonaten (Oktober bis einschließlich März)

       a) Hochtarifzeit .................... 55,0 g/kWh

       b) Niedertarifzeit .................. 47,6 g/kWh

       Übergangsmonaten (April und September)

       a) Hochtarifzeit .................... 45,7 g/kWh

       b) Niedertarifzeit .................. 41,1 g/kWh

       Sommermonaten (Mai bis einschließlich August)

       a) Hochtarifzeit .................... 34,6 g/kWh

       b) Niedertarifzeit .................. 30,6 g/kWh

Kraftwerkseigenbedarf ist der für den Betrieb des jeweiligen Kraftwerks erforderliche Bedarf an elektrischer Energie.

2) ....."

Nach deren § 3 Abs. 1 trat diese Verordnung mit 1. November 1987 in Kraft. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen trat gleichzeitig die Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. Jänner 1982 betreffend Regelung der Preise für bestimmte Einspeisungen elektrischer Energie in das öffentliche Netz der Steiermark, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 24 vom 30. Jänner 1982, in der Fassung der Verordnung vom 28. März 1985, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" Nr. 76 vom 30. März 1985, außer Kraft.

Es ist zunächst festzuhalten, daß der § 2 PreisG 1976 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung für die in ihm vorgesehene verwaltungsbehördliche Bestimmung von Preisen und Entgelten eine Festlegung der von der Behörde zu wählende Rechtssatzform - nämlich Verordnung oder Bescheid - nicht (mehr) enthält. Mit der Preisgesetznovelle 1980, BGBl. Nr. 288, entfiel nämlich der Abs. 8 des § 2 PreisG 1976, in dem angeordnet war, daß die Preise und Entgelte durch Bescheid oder Verordnung zu bestimmen sind.

Dessenungeachtet ist aber hinsichtlich der Rechtslage auch nach der Preisgesetznovelle 1980 davon auszugehen, daß § 2 Abs. 1 PreisG 1976 die Behörde ermächtigt, Preise und Entgelte nicht nur individuell durch Bescheid festzusetzen, sondern auch generell durch Verordnung zu bestimmen. Der Gesetzgeber hätte sonst, als er dem § 2 PreisG 1976 durch die Preisgesetznovelle 1980 die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung gab, zum Ausdruck bringen müssen, daß er die Ermächtigung zur Vollziehung des Gesetzes in einer der beiden Rechtssatzformen ausschließen wollte (vgl. sinngemäß VfSlg. 5184/1965). Der Wortlaut der Regelung erlaubt es nicht, ihr eine andere Deutung als die oben umschriebene zu geben.

Dafür, daß der Gesetzgeber nach wie vor beide Fälle der Preisbestimmung kennt, spricht auch die Ermächtigungsnorm des § 7 Abs. 1 PreisG 1976, wonach die Beauftragung des Landeshauptmannes "durch Verordnung oder für den Einzelfall durch Bescheid" zu erfolgen hat. Das Gesetz setzt somit den (durch Bescheid zu erledigenden) Einzelfall (auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 4 - vgl. dessen Abs. 5) voraus.

Dafür spricht auch die Regelung des § 5 PreisG 1976, wonach - und zwar auch in der Fassung der Preisgesetznovelle 1980 - Preisbestimmungen "nach § 2 Abs. 1" auch unter der Verpflichtung zur Abführung von Abschöpfungsbeträgen erfolgen können und diese "durch Verordnung oder Bescheid" ausgesprochen werden (vgl. auch Wenger-Raschauer, Wirtschaftslenkung, in:

Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts II, 1990, 4. Kapitel, Rz. 101).

Insbesondere aus der vorgenannten Regelung läßt sich aber auch weiters ableiten, daß nach dem Willen des Gesetzgebers Verordnung und Bescheid ALTERNATIV als GLEICHWERTIGE Rechtssetzungsform bei der Bestimmung von Preisen vorgesehen sind. Dahingehende Bedenken, daß im gegebenen Regelungszusammenhang die Verordnung keine zulässige Rechtsform sei - etwa aus der Sicht eines Grundrechtseingriffes (vgl. dazu sowie zu einem "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, 1987, S 133 ff mwH) -, sind beim Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles nicht entstanden und auch von der beschwerdeführenden Partei nicht geltend gemacht worden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die im Antrag der beschwerdeführenden Partei bezogenen Stromlieferungen der (Mindest-)Strompreisfestsetzung durch die Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom 30. Oktober 1987 unterliegen (bzw. der durch diese Verordnung außer Kraft getretene Strompreisfestsetzung unterlegen waren).

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, daß Fest- oder Höchstpreise den Antragsteller daran hindern würden, höhere als die behördlich durch Verordnung bestimmten Preise zu verlangen, und dieser Mindestpreisregelung widersprechen würden. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei zielt derart auf eine (bescheidmäßige) von der bestehenden Mindestpreisverordnung abweichende Regelung. Eine Ermächtigung, von den Bestimmungen einer Preisfestsetzungsverordnung abweichende bescheidmäßige Regelung zu treffen, enthält das Gesetz aber nicht. Auch die in Frage stehende Mindestpreisverordnung ist eine geschlossene Regel und läßt nicht erkennen, daß sie in einem bestimmten sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Bereich nicht oder gegenüber bescheidförmigen Regelungen nur subsidiär gelten solle. Dies vor dem Hintergrund der Gesetzeslage.

Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn Rill (Grundfragen des österreichischen Preisrechts III, ÖZW 1975, S 105) die Meinung vertritt, der Einwand, ein Bescheid dürfe keine von einer Verordnung abweichende Regelung treffen, sei verfehlt, weil er auf einem falschen Verständnis des Stufenbaues der Rechtsordnung beruhe. Wenn Rill zur Stützung dieser Rechtsmeinung darauf hinweist, von Bundesverfassungs wegen sei es nicht ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber die Vollziehung ermächtige, eine von einer bestehenden Verordnung abweichende bescheidmäßige Anordnung zu treffen, auch wenn dies nicht dem typischen Erzeugungs- und Derogationszusammenhang zwischen genereller und individueller Rechtssetzung entspreche, so teilt der Verwaltungsgerichtshof diese Sicht. Allein das PreisG 1976 sieht eine derartige Ermächtigung nicht vor (anders etwa § 82 Abs. 3 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, wonach von den Bestimmungen einer Verordnung über die Bauart, die Betriebsweise, die Ausstattung oder das zulässige Ausmaß der Emissionen von Anlagen oder Anlagenteilen unter bestimmten Voraussetzungen abweichende Maßnahmen von Amts wegen mit Bescheid aufgetragen oder auf Antrag mit Bescheid zugelassen werden dürfen). In diese Richtung weist auch Oberndorfer (Strompreisbestimmung aus rechtlicher Sicht, 1979, S. 80), wenn unter dem Gesichtspunkt der Antragslegitimation eines von einer Preisverordnung betroffenen

Elektrizitätsversorgungsunternehmens zu einem Verordnungsprüfungsverfahren nach Art. 139 Abs. 1 B-VG die Ansicht vertreten wird, daß Elektrizitätsversorgungsunternehmen keine Möglichkeit hätten, "ein individuelles Bescheidverfahren auf Grund einer Strompreisverordnung zu erwirken" (zur Legitimation eines Individualantrages nach Art. 139 Abs. 1 B-VG bei Preisverordnungen vgl. VfSlg. 9221/1981 und VfSlg. 10.820/1986 sowie auch den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1991, V 51/91-3).

Ausgehend davon, daß der auf eine (für den Einzelfall) von einer Preisfestsetzungsverordnung abweichende, bescheidmäßige Preisfestsetzung abzielende Antrag der beschwerdeführenden Partei einer Rechtsgrundlage entbehrt, wurde die beschwerdeführende Partei im Rahmen des nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend gemachten Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt, wenn dem gegenständlichen Antrag mit dem angefochtenen Bescheid "keine Folge gegeben und von der Bestimmung von Fest- oder Höchstpreisen für den vom Antragsteller an die Grazer Stadtwerke AG gelieferten Einspeisungsstrom Abstand genommen" wurde.

Auf Grund dieses Ergebnisses der verwaltungsgerichtlichen Prüfung mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Abgrenzung zur Verordnung Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Instanzenzug Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989170240.X00

Im RIS seit

11.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten