Index
33 Bewertungsrecht;Norm
BewG 1955 §64 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/15/0192 92/15/0193 92/15/0194 92/15/0195Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. der P KG und der P-GmbH in W, 2. der XY-KG in K, 3. der A-OHG in Z und
4. der S-KG in Z, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) 1. vom 4. Dezember 1991, Zl. B 20-5/89 und
B 167-5/89, 2. vom 5. Mai 1992, Zl. 6/4-4197/89-06, 3. vom 1. Juli 1992, Zl. B 55-5/92, und 4. vom 1. Juli 1992, Zl. B 56-5/92 (B 57-5/92), alle betreffend Einheitswerte des Betriebsvermögens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen, jeweils die Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der beschwerdeführenden Elektrizitätsversorungsunternehmen (EVU) betreffenden Bescheiden verneinte die belangte Behörde die Abzugsfähigkeit von Rückstellungen, die die Beschwerdeführer auf Grund der von ihren Abnehmern gezahlten "Baukostenzuschüsse" gebildet hatten. Nach Darlegung der Rechtslage § 64 Abs 1 BewG sowie die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Oktober 1986, betreffend die vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Tarifabnehmern verrechenbaren Anschlußpreise (Baukostenzuschüsse), veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr 236 vom 9. Oktober 1986 vertrat die belangte Behörde in der Begründung der angefochtenen Bescheide im wesentlichen folgende Auffassung: Nach den (im einzelnen wiedergegebenen) Vorschriften der oben zitierten Verordnung handle es sich bei den Baukostenzuschüssen um Kostenersätze für die Errichtung oder Ausgestaltung von Anlagen, wofür als Gegenleistung ein Strombezugsrecht eingeräumt werde. Erst nach der Begründung des Rechtsverhältnisses (Strombezugsrecht, Versorgungsübereinkommen) komme es zur Lieferung von Energie, wofür ein Tarifpreis zu entrichten sei, der sich grundsätzlich aus einem Bereitstellungspreis (Grundpreis, Leistungspreis), Meßpreis und Arbeitspreis für gelieferte elektrische Arbeiten zusammensetze. Aus dieser Gegenüberstellung erhelle, daß die Rechtsbeziehungen zwischen dem liefernden EVU und seinen Stromabnehmern in zwei rechtlich und wirtschaftlich abgegrenzten Phasen abliefen, nämlich 1. dem Anschluß an das Leitungsnetz (oder der Erhöhung des Versorgungsumfanges), wofür - einmalig - ein anteiliger Kostenersatz für Anlagen des EVU zu leisten sei, und 2. dem Bezug von Strom, wofür - laufend - ein Preis zu entrichten sei, mit dem die Bereitstellungen der Leistungen und Meßeinrichtungen und die gelieferte Arbeit abgegolten werde. Der Baukostenzuschuß enthalte somit keine Elemente eines Entgeltes für den unmittelbaren Strombezug, sondern eine Refundierung von Baukosten für Anlagen zur Ermöglichung des Strombezuges, wofür ein Strombezugsrecht eingeräumt werde. Wenn daher der Stromanschluß hergestellt und der Anschlußpreis zur Gänze entrichtet worden sei, sei das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung (derselbe Ausdruck werde in § 2 Abs. 1 der Verordnung 1986 gebraucht, um die Relation zwischen Anschlußpreis und Strombezugsrecht quantitativ darzustellen) hergestellt. Den Darlegungen der Beschwerdeführer, daß das Strombezugsrecht beim EVU eine unbedingte Verpflichtung zur Stromlieferung und der damit verbundenen Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft darstelle, sei entgegenzuhalten, daß damit zwei funktionell getrennte Geschäftsabläufe zu einem unmittelbar zusammenhängenden Geschäftsverhältnis verknüpft würden. Wenn nämlich durch die Leistung eines Baukostenzuschusses die technische (Anschluß) und rechtliche (Strombezugsrecht) Voraussetzung für die Versorgung der Abnehmeranlage geschaffen worden sei, liege wohl eine Lieferverpflichtung, aber noch keine Lieferschuld des Versorgungsunternehmens vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1991, Zl. 89/15/0054), denn die wechselseitigen Rechte und Pflichten (Anschlußpreis/Bezugsrecht = Lieferpflicht) seien bisher ausgeglichen und der Abnehmer habe noch keine Anzahlung für einen künftigen Strombezug geleistet.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom 29. September 1992 die Behandlung der Beschwerden ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Anerkennung der Baukostenzuschüsse als Schuldpost im Sinne des § 64 Abs. 1 BewG sowie im Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, insbesondere im Recht auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren über die Beschwerden wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die Beschwerden erwogen:
In dem dem Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 89/15/0054, zugrundeliegenden Beschwerdefall hatte das beschwerdeführende EVU den Standpunkt vertreten, bei den Baukostenzuschüsen handle es sich zivilrechtlich und wirtschaftlich um einen Teil der von den Stromabnehmern im Rahmen der abgeschlossenen Strombezugsverträge zu leistenden Gesamtentgelte und daher um Vorleistungen (Anzahlungen) für die von dem EVU zu erbringenden Stromlieferungen; diesen Vorleistungen der Stromabnehmer stünden am Bewertungsstichtag jeweils die noch nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen des EVU gegenüber. Dieser Auffassung hatte der Gerichtshof im genannten Erkenntnis folgendes erwidert:
"Der Begriff des Baukostenzuschusses (Anschlußpreises) ergibt sich aus § 2 der auf Grund der §§ 2 und 5 des Preisgesetzes erlassenen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 236 vom 9. Oktober 1986 kundgemachten Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Oktober 1986, betreffend die vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Tarifabnehmern verrechenbaren Anschlußpreise (Baukostenzuschüsse). Danach ist Anschlußpreis im Sinne dieser Verordnung ein unverzinslicher und, soweit gesetzlich oder vertraglich nicht anders vorgesehen, nicht rückzahlbarer Baukostenzuschuß, den ein Anschlußwerber oder Stromabnehmer als Kostenersatz für die Errichtung oder Ausgestaltung von Umspann- und Übertragungsanlagen, die unmittelbar oder mittelbar Voraussetzung für die Versorgung der betreffenden Abnehmeranlage sind, zu leisten hat. Gegenleistung des beliefernden EVU ist die Einräumung eines örtlich gebundenen, in seinem Umfang feststehenden und zusammen mit der Abnehmeranlage übertragbaren Strombezugsrechtes.
Aus der zitierten Vorschrift ergibt sich bereits die dem EVU im Zusammenhang mit der Leistung des Baukostenzuschusses durch den Abnehmer bzw. Anschlußwerber obliegende Gegenleistung: Diese besteht - abgesehen von der Errichtung oder Ausgestaltung der Umspann- und Übertragungsanlagen, die unmittelbar oder mittelbar Voraussetzung für die Versorgung der betreffenden Abnehmeranlage sind - in der Einräumung eines örtlich gebundenen, in seinem Umfang feststehenden und zusammen mit der Abnehmeranlage übertragbaren Strombezugsrechtes.
Beim Baukostenzuschuß handelt es sich nach der zitierten Vorschrift somit um das beim Abschluß des Strombezugsvertrages (Zuleitungsvertrages) vom Abnehmer geleistete Entgelt; diesem stehen die aus dem Bezugsrecht des Abnehmers resultierenden Verbindlichkeiten des EVU gegenüber.
Die herrschende Ansicht (vgl. z.B. Bydlinski in Klang, Kommentar zum ABGB2 IV/2 193 ff; derselbe, Energielieferung und Kaufrecht in FS Hämmerle 31 ff, 45) faßt das Bezugsrecht als das Gestaltungsrecht auf, durch eigene reale Bezugsakte oder solche vom Bezugsberechtigten faktisch zugelassener Dritter die gekaufte Energiemenge zu bestimmen und diese Bestimmung laufend zu ergänzen. Dem Bezugsrecht des Stromabnehmers steht auf seiten des EVU (lediglich) die Verpflichtung, sich zur Leistung bereitzuhalten, gegenüber. Dabei handelt es sich aber am Bewertungsstichtag um eine abstrakte, einer Berücksichtigung als Schuld im Sinne des § 64 BewG nicht zugängliche Verpflichtung. Die Konkretisierung der Stromlieferverpflichtung erfolgt erst durch die jeweilige Ausübung des Gestaltungsrechtes durch die laufenden Bezugsentschlüsse und Bezugsakte des Abnehmers und der von diesem zugelassenen Dritten (vgl. Bydlinski, Allgemeine Versorgungsbedingungen und Energielieferungsverträge, in: Aicher, Rechtsfragen der öffentlichen Energieversorgung 137 ff, 139).
Der Baukostenzuschuß stellt das Entgelt für die Einräumung des Bezugsrechtes an sich dar; der Preis für die bezogene Energiequantität ist der eigentliche Kaufpreis (Bydlinski in FS Hämmerle 45). Mit der Empfangnahme des Baukostenzuschusses ist auf seiten des EVU somit die Verbindlichkeit zur Errichtung der Umspann- und Anschlußanlagen und zur Einräumung des Strombezugsrechtes, aus dem die lediglich abstrakte Verbindlichkeit zur Leistungsbereitschaft folgt, verbunden, nicht aber eine am Bewertungsstichtag bereits inhaltlich konkretisierte Lieferverpflichtung.
Eine Schuld im Sinne des § 64 BewG als bereits inhaltlich konkretisierte, bewertbare Verpflichtung liegt im maßgeblichen Bewertungszeitpunkt (vgl. § 65 Abs. 1 BewG) somit nicht vor."
Diese Auffassung hält der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bedachtnahme auf die in den Beschwerdefällen maßgeblichen Gesichtspunkte aufrecht. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen diese Auffassung (auf einfachgesetzlicher Ebene) im wesentlichen unter zwei Gesichtspunkten:
Einerseits liege eine - der Vollziehung anzulastende - unsachliche Differenzierung darin, daß die strittigen, von Stromabnehmern an EVU geleisteten Baukostenzuschüsse nicht, Baukostenzuschüsse, mit denen sich EVU an der Errichtung von Kraftwerken beteiligten, hingegen schon als rückstellungsfähig angesehen würden. Damit übersehen die Beschwerdeführer, daß der zuletzt genannte Fall nach ihren eigenen Darlegungen anders gelagert ist: Während nach der aus der Verordnung 1986 sich ergebenden Rechtslage der Leistung von Baukostenzuschüssen durch Stromabnehmer keine (quantitativ) konkretisierte Stromlieferverpflichtung gegenübersteht, wird - den Darlegungen der Beschwerdeführer zufolge - dem EVU, das einen Baukostenzuschuß in Höhe eines vertraglich vereinbarten Hundertsatzes der Gesamtbaukosten eines Kraftwerkes leistet, im gleichen Ausmaß von dem das Kraftwerk errichtenden EVU ein Recht auf Stromlieferung aus diesem Kraftwerk gegen Ersatz der Selbstkosten der Stromerzeugung eingeräumt. Anders als im erstgenannten Fall steht der Leistung des Baukostenzuschusses im zuletzt genannten Fall somit ein umfänglich bereits konkretisierter Anspruch auf Stromlieferung gegenüber.
Andererseits halten die Beschwerdeführer der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß mit der Empfangnahme des Baukostenzuschusses die Verbindlichkeit zur Errichtung der Umspann- und Anschlußanlagen und zur Einräumung des Strombezugsrechtes, aus dem die lediglich abstrakte Verbindlichkeit zur Leistungsbereitschaft folge, verbunden sei, nicht aber eine am Bewertungsstichtag bereits inhaltlich konkretisierte Lieferverpflichtung, entgegen, dies gehe von der unrichtigen Vorstellung aus, das dem Kunden durch Entgegennahme der Baukostenzuschüsse eingeräumte Stromlieferungsrecht bestehe lediglich darin, sozusagen "Gewehr bei Fuß zu stehen", ohne daß damit eine meßbare, bewertbare Verpflichtung zum Aufwand von Kosten für die laufende Erweiterung und Adaptierung der Anlagen verbunden wäre. Diese Vorstellung aber sei technisch, wirtschaftlich und rechtlich unhaltbar, was jeder Sachverständige auf dem Gebiet des Elektrizitätswesens bestätigen könne. Auch diese Darlegungen sind im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend. Soweit damit darauf Bezug genommen werden soll, daß aus dem Stromlieferungsrecht die Verpflichtung der EVU folge, laufend für eine (mit Kosten verbundene) "Erweiterung und Adaptierung der Anlagen" zu sorgen, ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführer auch mit diesen Darlegungen nicht aufzeigen, daß am maßgeblichen Stichtag bereits qualitativ und quantitativ konkretisierte Ansprüche der Stromabnehmer auf "Erweiterung und Adaptierung der Anlagen" entstanden wären.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992150191.X00Im RIS seit
14.01.2002