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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §56;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/14/0181Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. des JK, 2. der WK, beide in D, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den "Bescheid" jeweils des Bundesministers für Finanzen vom 6. Oktober 1992, zu 1. Zl. K 3148/1/3-IV/4/92, zu
2. Zl. K 3148/1/4-IV/4/92, jeweils betreffend Zuzugsbegünstigung (§ 103 EStG 1988), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
An die Beschwerdeführer ergingen jeweils Erledigungen des Bundesministers für Finanzen mit folgendem Inhalt:
"Betr: Zuzugsbegünstigung gem. § 103 EStG 1988 - Ablehnung
Unter Bezugnahme auf Ihren Antrag vom 22. Jänner 1992 teilt Ihnen das Bundesministerium für Finanzen höflich folgendes mit:
Es zählt zu den entscheidungswesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer steuerlichen Zuzugsbegünstigung, daß innerhalb der letzten 10 Jahre vor Zuzug im Inland kein Wohnsitz bestanden hat. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch die inländische Wohnung beibehalten und anläßlich von Inlandsaufenthalten auch benutzt. In Ermangelung einer Wohnsitzbegründung im Inland kann demnach nicht von einem echten Zuzug im Sinne des § 103 EStG 1988 gesprochen werden, da der wesentliche Sinn der Bestimmung darin besteht, einen Zuzug herbeizuführen."
Die Beschwerdeführer betrachten diese Erledigungen als Bescheide und erheben jeweils gegen die an sie gerichtete Erledigung Beschwerde.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch eines Bescheides gewertet werden (vgl. etwa den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, 91/07/0146, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1992, 92/17/0127, 0149). Stellt sich eine behördliche Erledigung ihrem Inhalte nach lediglich als eine Mitteilung dar, dann kommt ihr Bescheidcharakter nicht zu (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1948, 1220/47, VwSlg. 386 A/1948). Dies gilt auch für eine Erklärung, die lediglich eine Aufklärung über einen behördlichen Rechtsstandpunkt beinhaltet (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1951, 1083/49).
Die im vorliegenden Fall als "Bescheide" bekämpften Erledigungen sind nicht als Bescheide bezeichnet. Sie sind in
die äußere Form einer Mitteilung gekleidet ("... teilt Ihnen das Bundesministerium für Finanzen höflich ... mit ...").
Selbst das Wort "Ablehnung", das sich lediglich im "Betreff" der Erledigungen neben der inhaltlichen Bezeichnung des Gegenstandes findet, läßt nicht erkennen, daß die Behörde über den Antrag in einer der Rechtskraft fähigen Weise (rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend) entscheiden wollte. Dieses Wort muß nämlich im Zusammenhang mit der Mitteilung verstanden werden. Es kann daher auch bedeuten, daß die Folge der mitgeteilten Rechtsansicht die Ablehnung des Antrages wäre. Der Inhalt der Erledigung geht daher über einen Vorhalt eines Sachverhaltes und die Mitteilung einer behördlichen Rechtsansicht nicht hinaus. Das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung der Erledigung als Bescheid ist also erheblich, weil deren Inhalt sie nicht unzweifelhaft als Bescheid erkennen läßt (vgl. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, 934, 1223/73, VwSlg. 9458 A/1977).
Den Erledigungen kommt daher Bescheidcharakter nicht zu. Es fehlt daher an einer Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde.
Die Beschwerden mußten deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidcharakter Bescheidbegriff Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und Rechtsbelehrungen Rechtswidrigkeit von BescheidenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992140180.X00Im RIS seit
03.04.2001